MuseScore – Notenedition unter Linux

Ich habe ja lange auf einen WYSIWYG-Noteneditor für Linux gewartet. Bisher waren die gängigen Notensatzprogramme für dieses Betriebssystem Liliypond und MusicTex. Beides sind textbasierte Editoren, d.h. man schaut direkt in den Quellcode, der mit Musiknoten nicht viel gemein hat. Was ich beim Erstellen von .html- oder .pdf-Dateien praktischer fand, hat mir beim Erstellen von Partituren immer Probleme bereitet. Der Zugang zu deren Grammatiken ist enorm schwierig und wenn du dich irgendwo vertippt hast, suchst du im Quellcode ewig, bis du den Fehler findest. Denn was dir auf einem Notenblatt sofort auffallen würde (falsches Vorzeichen, Note zu tief, etc.), springt dir als Buchstaben- und Zeichensalat nicht sofort ins Auge. Zugegebenermaßen, hast du den Dreh erst einmal raus, sieht dein Notenblatt hinterher geschmeidiger aus, als bei jedem WYSIWYG-Editor, aber der Weg dorthin ist rauh und steinig. Bisher hatte ich also im Notfall ein geklautes Windows in einer VM-Ware mit geklautem Finale Allegro verwendet, was natürlich auch keine Lösung ist.

Aber seit ungefähr Weihnachten letzten Jahres habe ich ein neues Notensatz-Programm installiert, MuseScore, das es auch als Paket für das Ubuntu-Softwarecenter gibt (sowie auch für Suse, Debian, Fedora, Windows und Mac). Es handelt sich um ein OpenSource-Projekt und die Software ist sogar kostenlos, daher wollte ich das Programm schon lange mal hier vorstellen. Man kann die Noten ganz wunderbar über Tastaturkürzel eingeben, sie sogar dabei erklingen lassen, so dass man hörend die Korrektheit der Melodie überprüfen kann. (Auch die Eingabe über Midi-Tastatur und Maus ist möglich.) Man kann sich die Tastaturkürzel so belegen, wie man das für richtig hält, dann geht die Eingabe auch ohne Midi-Keyboard sehr fix.

Viele Features sind hier besser gelöst, als das damals bei meiner uralt Version von Finale der Fall war. Man kann bspw. direkt auf die Balkeneigenschaften der Noten zugreifen und Ketten von syllabischen Achtelnoten mit Fähnchen anstelle von Balken darstellen. Bei taktübergreifenden Bindungen gibt man einfach die Gesamtlänge der gebundenen Note an und sie wird automatisch in den nächsten Takt übergebunden, usw. Womit ich noch nicht so recht klarkomme, ist die Anordnung von Systemen auf dem Blatt und Takten im System. Man kann zwar sehr leicht Systemumbrüche erzwingen, aber zusätzliche Takte in ein System oder zusätzliche Systeme auf ein Blatt zu zwingen gestaltet sich schwierig. Man muß Zahlenkolonnen unbekannter Wirkung in die Format-Stilvorgaben eingeben und rumprobieren, bis das Ergebnis der Vorstellung halbwegs nahe kommt. Dieser Bereich ist bisher auch erstaunlich schlecht dokumentiert, so dass man hier eher im Trüben fischt, als dass man wüßte, was man tut.

Damit eignet sich das Programm m.E. auch noch nicht, um damit wirklich Partituren zu erstellen, mit denen man als praktischer Musiker gut arbeiten kann. (Oder ich eigne mich noch nicht dafür, das Programm für ein solches Vorhaben gut genug zu beherrschen.) Ich habe inzwischen Einiges probiert und bisher kein wirklich dankbares Ergebnis bekommen, das ich hier zum Wohle der Menschheit einstellen könnte. Daher muß der Screenshot genügen. Aber das Projekt steckt auch noch fast in den Kinderschuhen. Das offizielle Ubuntu-Paket ist bei Version 1.0, da ist also noch von Weiterentwicklung auszugehen. Von Vorteil ist schon jetzt die Möglichkeit, die MuseScore-Dateien in verschiedenen Formaten abzuspeichern, u.a. .midi, .wav und .ogg. Dadurch ist es möglich, mit dem Programm Sounddateien zu erstellen, mit deren Hilfe Sänger oder Instrumentalisten ihre Stimmen üben können. (Was leider auch dazu führt, dass ich mein Klavier noch seltener bespiele.) Auch als .pdf und .ps-Datei, als .png und Verktorgrafik sowie als Lilipond-Datei .ly sind die Partituren zu speichern, was für mich als Musikwissenschaftler, der ich öfter mal einzelne Beispieltakte in ein LaTex-Dokument einfügen muß, natürlich unheimlich praktisch ist.

Einziges Manko: MuseScore kann (wie die meisten anderen Notations-Programme) keine Mensuralnotation schreiben. Dafür fängt die Community schon an, fleißig Plug-Ins zu programmieren. Falls ein Programmierer Lust hat, mit mir gemeinsam ein MuseScore-Plugin für schwarze Mensuralnotation zu schreiben, ich wäre sofort bereit zu diesem Projekt.

2 Kommentare zu “MuseScore – Notenedition unter Linux”

  1. Mathilda
    Dezember 27th, 2011 21:37
    1

    Hi LeV,

    mir fiel beim Lesen dieses Beitrags ein, dass in der letzten c’t Linux auch ein Notensatzprogramm vorgestellt wurde.

    Ich weiß zwar nicht, ob das Mensuralnotation kann – die du vermutlich desöfteren mal brauchst – aber vielleicht magste dir das ja mal anschauen (falls du das noch nicht kennst).

    http://vsr.informatik.tu-chemnitz.de/staff/jan/nted/nted.xhtml

    Viele Grüße
    Mathilda ~ erklärter Linuxfreak (-;

  2. Felixx
    August 23rd, 2012 23:07
    2

    Schade, dass es keine *.mus Dateien von Fimale konvertieren kann, die von dort erzeugten Midi-files stellt es nur in einer Zeile als unspiel/-singbaren Notenwust dar.., wenn auch die Voice-Aaahs schon fast surreal klingen.

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