Bundestrojaner Adé!
Andreas beim BVerfG in Karlsruhe (und im Anzug! *grins*)
Gestern gab es, wie viele deutsche Zeitungen und Blogs berichten, eine Anhörung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zum Thema „Online-Durchsuchung“. Dabei wurde ein Gesetz der nordrheinwestfälischen Landesregierung diskutiert, das die Durchsuchung privater Festplatten (und aller anderen informationstechnischen Systeme, wie Handies, Navigationssysteme und intelligente Kühlschränke) erlaubt. Dieses Gesetz gilt als Muster für das von Herrn Innenminister Schäuble angestrebte gesamtdeutsche BKA-Ermächtigungsgesetz, das dem Bundeskriminalamt geheimdienstliche Befugnisse geben würde, die nicht einmal unser landeseigener Geheimdienst, der Verfassungsschutz genießt.
Die Richter vom BVerfG sind skeptisch, zum Glück. Denn der Zugriff auf die Festplatte stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte der deutschen Bürger dar. Um zu verstehen, wie ein solcher Eingriff technisch funktionieren könnte und welche Bereiche er beträfe, haben sich die Richter zur Anhörung eine Reihe technisch versierter Gutachter eingeladen, u.a. den Andreas Bogk vom Chaos Computer Club Berlin, der erklärte, dass es technisch gar nicht möglich sei, ausschließlich geheimdienstlich relevante Inhalte auszugespähen, weil es dafür schlichtweg keine Filtermöglichkeiten gäbe.
Im Vorfeld hatte Andreas unter gemeinschaftlicher Beratschlagung einiger anderer CCC-Mitglieder ein schriftliches Gutachten verfaßt (s. Link unten), in dem er auf Fragen des Bundesverfassungsgerichtes einging. Die Anhörung selbst, so berichtet er, soll eine herzerfrischende Veranstaltung auf hohem intellektuellen Niveau gewesen sein. Viele Vertreter der Bundesregierung von Rang und Namen waren da, denn es ging nicht nur um das NRW-Gesetz, sondern vor allem auch darum, ein paar prinzipielle, grundlegende Dinge zu klären: nämlich, wie staatliche Ausspähung technisch funktionieren könnte und ob die staatliche Sicherheit es wert ist, ihr die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger zu opfern.
In einem Blogartikel faßt Fefe, der auch CCC-Mitglied ist, mal einige Quellen (auch Aussagen Anwesender) zum gestrigen Tag zusammen, berichtet vom begrüßenswerten Umfaller der FAZ und verlinkt u.a. auf das lesenswerte Gutachten Pfitzmanns. Der Artikel wird vermutlich auch jetzt noch upgedated, sobald neues Material zur Verfügung steht, deshalb lohnt es sich unbedingt, dort reinzuschauen. Ich möchte an dieser Stelle noch einige Links anfügen, die noch nicht bei Fefe zu finden sind.
Berichte der Gutachter
- Stellungnahme: Andreas Bogk (PDF)
- Rede: Andreas Pfitzmann (PDF)
Fernsehberichte
- Tagesthemen: Die ARD berichtet von der Anhörung und interviewt auch den Andreas (Youtube)
- Phoenix: berichtet von der Anhörung (Youtube)
Zeitungsberichte
- Per Hauseinbruch schneller zum Ziel: Die Berliner Zeitung berichtet (endlich auch einmal) über die technische Seite
- Zweifel am Staats-Trojaner: Die Berliner Zeitung berichtet von der Anhörung
Und wieder sage ich den Leuten, die sich mit dem Argument „Das bringt doch alles nichts“ davor drücken öffentlichkeitswirksam politisch Stellung zu beziehen, ihr habt Unrecht. Es war und ist immer so, dass es wenige, motivierte Leute sind, die Dinge bewegen und dadurch die Welt, wenn auch nur in kleinen Schritten, verändern. Ich bin stolz auf den Andreas und auf unsere politische Arbeit und froh, dass im Bundesverfassungsgericht kompetente Leute sitzen, die nicht so gänzlich realitätsfern sind, wie unsere Regierung. Der war nämlich, wie sich in Gesprächen nach der Anhörung herausstellte, noch gar nicht bewußt, dass sich durch das neue Gesetzt eventuell nicht nur Terroristen, sondern auch brave Bürger mit ihren kleinen, aber menschlichen Geheimnissen vor der totalen Überwachung fürchten.