Tipps zum Urheberrecht

Wer von uns Online-Poeten, kennt das nicht? Auf einer fremden Seite, vielleicht gar unter einem fremdem Namen prangt unser eigenes Gedicht, das da offenbar ganz ohne unser Wissen veröffentlicht wurde. Wenn dann das Gefühl der Verwunderung von dem der Wut abgelöst wird, fragt sich der eine oder andere: „Ja, dürfen die das denn, kann man da nicht was tun?“ Ja, man kann. Hier stelle ich einige Tipps für Online-Poeten zum Thema Urheberrecht zusammen. Wer Fragen oder Ergänzungen hat, fühle sich frei, diese hier anzubringen.

Das Urhebergesetz (UrhG)

Das Urhebergesetz (UrhG) ist ein Gesetz zum Schutz der Rechte von Urhebern kreativer Werke, wozu auch Gedichte und Essays, nicht aber Briefe gehören. Jeder, der ein kreatives Werk geschaffen und dieses irgendwo im Netz veröffentlicht hat, ist demnach Urheber und genießt den Rechtsschutz, den das Urhebergesetz für ihn bereitstellt.

Das Gesetz besagt unter anderem, dass der Urheber bestimmt, ob und in welcher Form sein kreatives Werk veröffentlicht werden darf [12(1)] und dass er ein Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft hat [13(1)]. Das heißt zu Deutsch, dass sich jeder, der euer Gedicht irgendwo veröffentlicht hat, selbst wenn er euren und nicht seinen Namen darunter schreibt, erst einmal strafbar macht, wenn er euch nicht vorher um Erlaubnis gebeten hat und ihr diese erteilt habt. Schreibt er dann auch noch seinen eigenen Namen drunter, plagiiert er also euer Werk, macht er sich doppelt strafbar, ganz davon abgesehen, dass das auch höchst unmoralisch ist. Einen Rechtsverstoß dieser Art könnt ihr also zur Anzeige bringen.

Nicht, dass ihr das jetzt falsch versteht. Jeder, der euer Gedicht privat kopiert, einem Freund per E-Mail schickt oder zu hause auf sein Klopapier druckt, darf das natürlich sowieso schon tun und macht sich auch nicht strafbar, wenn er euch vorher nicht um Erlaubnis bittet. Der rechtliche Schutz beläuft sich auf die öffentliche Nutzung. Wenn ihr euer Gedicht also unveröffentlicht in der Schublade bewahrt habt, ist das Ganze eh hinfällig.

Zitate und Quellenangaben

Ein weit verbreiteter Irrglaube besagt, es sei okay, fremde Werke zu veröffentlichten, wenn man nur gescheite Quellenangaben macht. Dass dem nicht so ohne weiteres so ist, sollte aus dem vorhergehenden Absatz deutlich geworden sein. Für Verwirrung sorgt vermutlich Artikel 63 UrhG, der die Nutzungsbeschränkung unter der Prämisse, dass Quellenangaben gemacht werden, aufzuheben scheint. Das tut er auch, jedoch gilt das nur für ganz bestimmte Sonderfälle, die man genau kennen sollte, z.B. für Zitate.

Zitate [§51] dürfen in einem „durch den Zweck gebotenen Umfang“ veröffentlicht werden, z.B. in eigenständigen wissenschaftlichen oder kreativen Sprachwerken. Wenn ihr z.B. eine längere Interpretation schreibt oder eine Buchbesprechung oder aber ein eigenes Gedicht, in dem ihr auf ein geschütztes Werk anspielt, so dürft ihr das, wenn [!] ihr gescheite Quellenangaben macht. Ohne Quellenangabe kein Zitat und ohne Zweck schon gar nicht.

Dauer und Schutz

Jedes kreative Werk eines Zeitgenossen, egal ob es in einem Printmedium oder im Internet, ob es von einem namhaften Autoren oder von Mausi und Pinki auf ihrer Knuddelshomepage veröffentlicht wurde, ist durch das Urhebergesetz geschütz, steht also unter dem „Copyright“ seines Urhebers. Wann das Copyright verlischt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich, normalerweise gilt es bis zu 70 Jahre nach dem Tod seines Verfassers [§64]. Wurde ein Werk pseudonym veröffentlicht, gilt das Copyright bis zu 70 Jahre nach der Veröffentlichung [§66].

Maßnahmen bei Verstoß

Jeder Inhaber, Administrator oder Anbieter einer deutschen Website hat die Pflicht, ein Impressum (oder gleichwertige Kontaktmöglichkeiten) auf seiner Seite anzubringen, so dass er im Falle von Rechtsverstößen erreichbar ist. Sucht also zunächst einmal nach Kontaktdaten. Habt ihr welche gefunden, wendet euch an die Verantwortlichen. Weist sie auf den Rechtsverstoß hin, gebt die Stelle an und am besten auch die Referenz auf das UrhG und bittet sie, den Text entweder von der Seite zu nehmen oder in eine Form zu überführen, die euch angemessen erscheint, z.B. mit eurem Copyright-Symbol darunter. (Was genau getan werden soll, entscheidet ihr.) Setzt am besten auch eine Frist, bis zu der das Ganze geschehen sein soll. Reagiert der Verantwortlich nicht, wendet euch an die nächst höhere Instanz oder laßt von einem Anwalt eine Abmahnung schicken. (An der Abmahnung verdient übrigens nur euer Anwalt und nicht ihr.)

Falls es zu Streitigkeiten kommen sollte, kann es von Vorteil sein, wenn ihr von der rechtswidrigen Veröffentlichung einen Screenshot habt. Dazu installiert ihr entweder ein kostenloses Programm oder nutzt die Print-Taste auf eurem Rechner. Falls ihr dann eine E-Mail schickt, laßt euch den Empfang bestätigen, bei einem Fax hebt das Protokoll auf.

Solltet ihr auf einer Seite tatsächlich kein Impressum finden, was ebenfalls rechtswidrig wäre, könnt ihr über einen Unix-Rechner eine Whois-Abfrage machen. Wenn euch kein Unix-Rechner zur Verfügung steht, könnt ihr eine solche Abfrage auch über folgenden Web-Client machen: http://www.gulli.com/tools/whois/. Dort gebt ihr einfach die Domain z.B. „gedichte.com“ ein und klickt auf go.

Urheberschaft beweisen

Es kann unter Umständen dazu kommen, dass ihr eure Urheberschaft beweisen müßt. Das könnt ihr auf verschiedene Wege tun. Am einfachsten ist es, wenn ihr beweist, dass ihr der/die Erste ward, der/die das Gedicht veröffentlicht hat. Dabei hilft euch jede Veröffentlichung mit Zeitstempel, z.B. ein Eintrag in einem öffentlichen, nicht von euch administrierten Forum, ein Cache oder ein Screenshot mit Datum. Falls ihr mit einem Text öfter im Netz vertreten seid, kann auch Gewicht haben, dass ihr als Urheber öfter genannt seid, als bpsw. der Plagiator. (Deshalb ist es vielleicht überhaupt sinnvoll, auch dafür zu sorgen, dass das so bleibt.) Außerdem könnt ihr Zeugen bereitstellen, die für euch aussagen. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, schickt sein Gedicht in einem versiegelten Umschlag per Einschreiben an sich selbst. Der Brief bekommt dann einen amtlichen Zeitstempel bei der Post. Zuhause öffnet ihr ihn nicht. Erst wenn es um die Wurst geht, also ihr in echter Bedrängnis seid, eure Urheberschaft beweisen zu müssen, öffnet ihr den Brief unter Zeugen.

Lizenzen

Wenn ihr z.B. wie ich, den Open Access Gedanken unterstützt, und die kostenlose, öffentliche Zugänglichkeit eurer kreativen Werke sicher stellen wollt, könnt ihr nach §31 UrhG allgemeine oder spezielle Nutzungsrechte, sogenannte Lizenzen oder Commons aussprechen. Auf Creative Commons könnt ihr euch rechtlich wasserdichte Lizenzen zusammenbasteln oder ihr denkt euch selbst was aus, nur juristisch wasserdicht muß es eben sein. Ich erlaube z.B. generell die Veröffentlichung meiner Gedichte, sofern einige Bedingungen eingehalten werden, wie z.B. die Nennung meines Namens. Ihr könnt über Lizenzen aber auch eure Vergütung bei Print-Veröffentlichungen regeln, denn auch darauf habt ihr laut UrhG ein Recht [§32(1)].

Wie finde ich Rechtsverstöße?

Den einen macht nicht heißt, was er nicht weiß, den anderen schon. Falls ihr euch sicher seid, dass es euch egal ist, was mit euren Texten im Netz passiert, könnt ihr diesen Abschnitt außer Acht lassen. Für alle anderen hat sich folgende Methode bewährt:

Da man davon ausgehen kann, dass die poetischen Verse eines Gedichtes relativ einmalig sind, nehmt ihr einfach eine charakteristische Zeile aus eurem Gedicht (nicht den Titel) und gebt ihn in Gänsefüßchen, „ein Vers aus meinem Gedicht“, bei Google oder MSN oder einer anderen Suchmaschine ein. Die Suche liefert euch dann alle von der Maschine indizierten Seiten, auf der sich diese Zeile in genau der Form befindet. Die Ergebnisse könnt ihr euch dann genauer angucken.

und sonst?

Die Erfahrung hat gezeigt, dass Privatleute ganz unterschiedlich reagieren, wenn sie auf Rechtsverstöße angesprochen werden. Die einen argumentieren unsinnig oder beschimpfen euch, die anderen erzählen, sie hätten nichts davon gewußt. Wie dem auch sei, ich halte es für wichtig, sie trotzdem über das Urhebergesetz aufzuklären und darauf hinzuweisen, dass es auch für Veröffentlichungen im Internet gilt. Provider oder sonstige Anbieter kennen sich mit den rechtlichen Grundlagen eigentlich genug aus und reagieren meist sehr schnell.

Letztlich bleibt zu sagen, dass es in den wenigsten Fällen ein Zeichen von erhabener Kunst ist, wenn ein Gedicht rechtswidrig veröffentlicht wird. Es zeugt meist nur von der Ahnungslosigkeit der Verantwortlichen. Also keine falschen Hoffnungen, ihr Sprachgenies! 😉

© Claude LeVampyre
http://abgedichtet.org

Dieser Text darf gerne, auch in gekennzeichneten Auszügen, kopiert und veröffentlicht werden, vorausgesetzt er bleibt weiterhin kostenlos zugänglich und sein Verfasser und die Quelle bleiben weiterhin genannt.

9 Kommentare zu “Tipps zum Urheberrecht”

  1. LeV
    Oktober 6th, 2006 15:43
    1

    Seit gestern gibt es auf spreeblick.com den Artikel Darf ich das Bloggen?, der sich relativ ausführlich, aber leicht verständlich mit dem Thema Urheberrecht für Blogger auseinandersetzt. Der ist aber auch für Betreiber von HPs, Nutzer von Foren oder anderen Angeboten, die einem das Einstellen von Inhalten ins Internet ermöglichen, interessant.

  2. sigerics
    Dezember 28th, 2008 13:37
    2

    Hi, LeV!

    Da Du in Deinem Text den Copyright-Vermerk erwähnst, erlaube ich mir den Hinweis auf einen Text über dieses Thema, den ich speziell im Hinblick die Situation von Online-Poeten geschrieben habe:

    http://www.dielyriker.de/zudenlyrikern/dielyriker/showthread.php?t=426

    Zu Deinem Abschnitt „Wie finde ich Rechtsverstöße?“ hatte ich den Einfall, daß man zur Arbeitsvereinfachung eine Textdatei mit solchen charakteristischen Versen anlegt, in welchem man solche aus seinem online publizierten Gesamtwerk sammelt. Der Suchvorgang kann dadurch wesentlich schneller durchgeführt werden, als wenn man seine Verse erst, sagen wir, aus seinem bevorzugten Dichterforum heraussuchen und kopieren muß.

    Was die erbetenen Korrekturen angeht: nimmst Du eigentlich auch Korinthen? Dein Rechtschreibprogramm hat konsequent aus „UrhG“ „UhrG“ gemacht, und wir reden hier ja nicht von einem Uhrenvergleichsgesetz oder sowas.

    Viele Grüße,
    Sigmar

  3. LeV
    Januar 5th, 2009 13:44
    3

    Am einfachsten funktioniert die Suche wohl, wenn man sich ein Skript schreibt, das als Chron-Job regelmäßig die Suchmaschinen befragt und unbekannte Seiten speichert. Ansonsten sei dir der Typo gegeben (und ja, der andere Kommentar stand unter dem falschen Faden).

  4. sigerics
    Januar 5th, 2009 20:42
    4

    Guten Abend, LeV!

    Wie schreibst Du so ein Skript? Hast Du dazu auch einen Faden? Das wäre sicher von großem praktischen Nutzen.

    Und: Wer ist dieser Typo, der mir gegeben sei? Da kratze ich mich leicht verwirrt an meiner hohen Stirn…

    Viele Grüße,
    Sigmar

  5. Wolf, R
    Juni 11th, 2011 20:19
    5

    Sehr geehrte Damen und Herren, man kann über viele Dinge anderer Meinung sein, nur wenn die höchsten Vertreter das eigene Volk „bescheissen“, mit einer Doktorarbeit, wo liegt da ein so größes Problem? Das Skipt ließt sicher nicht Jedermann, aber das TV bringt allen nahe, das er nicht ein Einzelfall im politischen Wesen sei, schauen wir doch nur mal über den Zaun! Abgedichtet ist nicht so schlimm, wie Ausverkauf.
    Frohe Pfingsten R.W.

  6. LeV
    Juni 12th, 2011 11:21
    6

    Hallo Wolf, ich muß gestehen, dass ich nur den ersten Satz deines Kommentars verstehe. Worauf der Rest hinauslaufen soll, ist mir unklar. Was schlimm daran ist, dass unsere höchsten, sogenannten Volksvertreter bescheißen? Das fragst du jetzt nicht wirklich, oder? Oder geht es dir darum zu sagen, wenn auch die es tun, dann wird es schon in Ordnung sein?

    Es ist nicht in Ordnung, weil es unfair ist, weil es Lug und Trug ist, weil es unglaubwürdig macht (was aber bei unseren Volksvertretern inzwischen auch kein Novum mehr ist). Ich kenne inzwischen einige Menschen, die sich ein Bein ausgerissen haben, um eine gute Doktorarbeit zu schreiben, die ihren Titel tatsächlich aufgrund herausragender, forscherischer Tätigkeit erlangt haben. Ebenso kenne ich Dichter, die besondere Fähigkeiten im Umgang mit Sprache habe, die sie vor anderen Sprechern auszeichnen, für deren Kultivierung ihnen künstlerische Ehre gebührt. Wer solche Dinge nimmt und behauptet, es wäre seines Ruhms und seiner Ehre, der ist ein Lügner und Betrüger. Wenn solche Betrüger auch noch aus Reihen kommen, die seit Jahren eine Neuregelung des UrhG zu Ungunsten der Rezipienten und unter weitestgehender Ignoranz der Urheber (sondern nur unter Berücksichtigung der Lobbyvertreter großer Verlage) verlangen, dann ist das sowas von nicht in Ordnung, dass mir schon kein passendes Schimpfwort mehr dafür einfällt. Ich muß quasi davon ausgehen, dass ich von diesen „Volksvertretern“ verarscht werde, wenn ich nicht als Dummkopf dastehen möchte.

    Es mag sein, dass unser Stolz, unser Selbstwert als Urheber (und ich meine damit jetzt wirklich Leute, die Kraft ihrer Wassersuppe selbst kreative oder wissenschaftliche Werke in die Existenz bringen) heutzutage etwas höher liegt als bspw. vor 1500. Als Liebhaber künstlerischer und wissenschaftlicher Werke bin ich aber nach wie vor davon überzeugt, dass ihren Schöpfern Anerkennung gebührt – nicht ihren Plagiatoren, die sich nur mit fremden Federn schmücken, um den Schein zu wahren und uns zu täuschen.

    ps.: Habe deinen Link entfernt, weil du eine unvollständige URL eingegeben hast.

  7. Marisa
    September 16th, 2012 23:07
    7

    Falls ich es überlesen habe sry, aber mir stellt sich da noch eine Frage:

    Wie kann ich als Urheber im Zweifelsfall beweisen, dass das Gedicht mein Gedankengut ist?

    Wie dem auch sei, danke schonmal für die oben aufgeführten Infos, aber es wäre echt super, wenn da noch jemand eine Antwort zu hätte….

    LG, Marisa

  8. LeV
    September 20th, 2012 12:41
    8

    Marisa, der gesamte Absatz „Urheberschaft beweisen“ behandelt diese Frage. Du hast es also überlesen.

  9. Marisa
    September 21st, 2012 07:51
    9

    Wie gut, wenn man immer mit seiner eigenen Dummheit rechnet 😉

    Danke LeV, dann hat sich das schon erledigt….

    LG, Marisa

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