Die Eifersucht des Dichters

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Die Eifersucht des Dichters

Ach, Prinzessin, Engelchen, mitnichten
   war ich abgeschreckt – im Gegenteil.
   Als ich dich erblickte traf dein Pfeil,
wild gesandt, direkt in meine Schichten.
Pure Schönheit wollte ich bedichten.
   Du warst ebenbürtig – ich war geil
   deine ros’gen Brüstchen noch derweil
mit den Fingerspitzen zu gewichten.
Und im Wallen deiner Jugend Hitze,
   um mir zu gefallen, färbtest du
   deine weißen Flügelchen im Nu
schwarz und machtest kindlich süße Witze.
   Geistreich führtest du, recht wortgewandt,
   mich hinein ins unentdeckte Land.

Wir belächelten die dummen Grillen
   anderer, die meinten, wir sei’n dreist
   und an unsrer Schönheit, unserm Geist
wollten wir des Herzens Sehnsucht stillen.
Doch im Rausch des Nektars schwand dein Willen.
   Von Erfüllung deiner Lust ganz feist,
   giertest du nach leichtem Glück zumeist,
um an dessen Herrlichkeit zu schwillen.
Nach dir griffen hundert geile Böcke –
   Schönheit sank dahin in Häßlichkeit –
   eilig machtest du die Beine breit
und sie tauchten unter deine Röcke
   als du, von der Dummheit angepißt,
   trotzig sagtest, du seist Egoist.

Ignoranten hast du dich gegeben,
   hast zu ihrer Hure dich gemacht.
   Die erkennen niemals deine Pracht.
Anspruchslos wirst du bei ihnen leben.
   Ihn, der deinem einst’gen Schönheitsstreben
   würdig wäre, ihn hast du verlacht.
   Er verbringt alleine seine Nacht
und muß qualvoll vor Verlangen beben.
Nein! ich will dein Treiben gar nicht zügeln.
   Doch der Dichter ist nicht länger still,
   törichte Gespielin. Nein, er will
dich mit seiner steifen Rute prügeln
   bis sein Gram an dir entladen ist.
   Denn auch er war immer Egoist.

XVIII | Okt. 2004

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