Den Frühling überwinden

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Den Frühling überwinden

Ich lag im frühlingsbunten Grase,
   Vöglein sangen,
   Knospen sprangen,
füllten duftend die Oase
meiner Sinne schön.
Ein Gänseblümchen konnt ich pflücken.
   Das mir sachte
   Grüße brachte.
Denn es nickte zum Entzücken
mit dem Köpfchen schön.
      So schön wie seine sanften Augen
         auf mir ruhen, wenn er bei mir weilt,
            da Abschied ihn nicht eilt,    fort zu geh’n und wir uns
         innig, weil es jeden Kummer heilt,
      die Liebe von den Lippen saugen.

Die Augen vor dem Tag verschlossen,
   ihn zu sehen,
   Kopf bis Zehen –
diese kindlich süßen Possen
spiele ich so oft.
So sitz‘ ich in der stillen Kammer,
   Zeit versäumend
   von ihm träumend.
Ach, nur träumend, welch ein Jammer!
Klage ich so oft.
      So oft wie meine eignen Hände
         mich dann fassen, kosen im Gesicht.
            Und dort im Tageslicht    küsse ich die Finger,
         weil Ihn-Küssen Linderung verspricht,
      auch wenn es nur im Traum sich fände.

Es sollte doch die Zeit mit frohen
   Liebesdingen
   der verbringen,
der da liebt. Denn Winter drohen,
eisig kalt und weiß.
Und grausam sind mir diese Tage,
   da ich wissend,
   Frühling missend
ferne Grüße bei mir trage,
von dem Liebsten weiß –
      So weiß, die Lilien, die sich finden,
         mich zu grüßen, einzig zum Verdruß!
            Noch liegt der Abschiedskuß    mir auf meinen Lippen.
         Wie soll ich – bei Gott, da ich nun muß –
      den Frühling jemals überwinden?

XIX | Nov. 2004

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