Veredelungsprozesse

Veredelungsprozesse

Um meinen Hals trag unbeschwert
ein Schmuckstück ich, von größtem Wert,
das unschätzbar mein Herz begehrt,
   mit sinnverliebter Miene.
Ein Schatz ist dieses edle Band,
von Gold und Silber zart gewandt
und eingefaßt von Meisterhand:
   zwei blaue Turmaline.

Trag ich den Zierrat stolz zur Schau
(sein blondes Haar, die Augen blau),
so macht er mich zur schönsten Frau
   von allen edlen Weiben.
Sanft ruht auf meinem Dekolleté
dies Glück und fort spinnt die Idee:
Es kann solch kostbares Kollier
   uns Adel einverleiben.

XXXI | Feb 2008

Zur Entstehung

Ich sehe ein, es gibt keine unkitschigen Liebesgedichte. Die Liebe ist einfach etwas total Kitschiges, wie ein Kollier von Tiffany oder Swarowsky. Aber dennoch ist sie es irgendwie wert, bedichtet zu werden. Ich hatte schon lange die Idee, dass sie etwas ist, das Menschen veredelt und wollte das irgendwie lyrisch veranschaulichen. Wenn der Mensch, den ich liebe und den ich darob für das beste und wertvollste halte, was diese Welt je gesehen hat, wenn dieser Mensch mich für seiner Liebe wert erachtet, dann adelt mich das, es verziert mich und macht mich schön. Die Metapher eines kleidsamen Schmuckstücks lag eigentlich auf der Hand, aber manchmal braucht es eben doch diesen zündenden Gedanken und der kam mir heute morgen beim Kuscheln. Ich dachte mir, ich würde mir meinen Schatz einfach umhängen und zur Schau tragen, damit ihn jeder sehen und bewundern kann, wie eine wertvolle Kette. Na ja, und Verse basteln ist ja kein Problem mehr, wenn erst mal eine gute Idee parat ist. Voilà.

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2 Kommentare zu “Veredelungsprozesse”

  1. fatcat
    April 24th, 2009 18:49
    1

    Das wollte ich schon vor einiger Zeit abschicken, hat aber nicht geklappt. Ich reiche nach:

    Liebe, LeV!

    Ach, wie undankbar ist Liebeslyrik!

    Und die Kommentare erst …
    hier ist so einer:

    In diesem Gedicht läuft für mich ab der Zeile
    „(sein blondes Haar, die Augen blau)“
    alles schief. Selbst wenn ich diesen Vers gnädig als subtiles Plädoyer für oder gegen Kitsch auffassen könnte, bliebe immer noch die Frage der Gesamtkonzeption. Hier wird in einer Weise konkretisiert, die m. E. dem Gesamtbild schadet
    (ich räume ein, dass ich meine Ansicht nicht kategorisch über abweichende stellen werde):

    Hier wird es allzu drastisch notwendig für den Rezipienten, sich visuell eine Figur, ein Abbild vorzustellen, ja, gar einen Anhänger an einer Kette, einen unterworfenen Götzen.
    Problematisch finde ich das, weil das Streben, Geliebtes materiell zu verewigen, um forthin das Material bequemer lieben zu können, die genauere thematische Betrachtung in einem Gedicht per se verdient. Es einzuflechten, lenkt meine Aufmerksamkeit d a r a u f. Es aber nicht auszuarbeiten (wie auch immer), sondern lautlos unter der naiven Oberfläche schlummern zu lassen, macht dieses Gedicht zu einem deiner weniger lesenswerten in meinem Empfinden, denn es hebt sich in einem wichtigen Punkt (besondere Aussage) nicht entscheidend von so vielen unnötigen Ergüssen ab. Der Titel verspricht mir nicht genug für ein lustvolles zweites Lesen (ich tat es dennoch vor dem Kommentieren). Dass es jedoch eine formale Solidität aufweist, die den genannten Ergüssen selten mitgegeben wird, weiß ich doch wieder zu schätzen.

    Ich denke, du kannst mit meiner Einschätzung umgehen, daher war ich ganz unverhohlen. Da fällt mir ein, es gäbe noch einiges nachzuholen.
    🙂

    LG,
    fatcat

    Leider stehe ich nicht zur diskutierenden Verfügung, denn ich verabschiede mich dauerhaft aus dem Internet.
    Füll Spaß!

  2. LeV
    August 8th, 2009 19:00
    2

    Hallo fatcat, das ist aber schade, dass du dich dauerhaft aus dem Internet verabschiedest. Ziehst du etwa in den Jungel, um Eremit zu werden?

    Ich kann deine Skepsis an diesem Text durchaus nachvollziehen. Im Grunde genommen ist er furchtar und nicht mehr als eine egomane Laune der Dichterin. Denn dass ich den Leser zwinge, sich eine blonde, blauäugige Figur vorzustellen, liegt nicht an einem neuen Hang zum Kitsch, sondern an meiner persönlichen und ganz individuellen Lebensrealität. Eigentlich tue ich hier, was ich bei den Gelegenheitsdichtern immer verurteilt habe – der Öffentlichkeit mein Schicksal aufdrängen.

    Dennoch ist das ganze nicht gänzlich oberflächlich, denn immerhin geben Gold + Turmalin ja die Assoziation blond und blauäugig her. Dennoch gebe ich dir Recht damit, dass dieser Text im Vergleich zu anderen Kinderkram ist.

    Aber so ist das mit der Liebe und dem Leben: Entweder man leidet selbst oder die Kunst leidet. Momentan geht es mir besser damit, dass die Kunst leidet.

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