Kindesmißbrauch in der katholischen Kirche
Folgende Mail habe ich heute unter an Herrn Bosbach geschickt:
Werter Herr Bosbach,
ich habe heute morgen einen Artikel im Onlinemagazin DER SPIEGEL gelesen (zum Artikel). Darin finden sich Informationen darüber, dass sie und andere CDU/CSU-Parteikollegen das Vorgehen unserer Justizministerin im Falle „Kindesmißbrauch in der katholischen Kirche“ kritisieren. Sie behaupten, Frau Leutheusser-Schnarrenberger dürfe keine Kritik an der katholischen Kirche üben oder den Eindruck erwecken, die Kirche würde die Aufklärung der Mißbrauchsfälle verhindern.
Vor ca. einem Jahr habe ich die Dokumentation „Sex, Crimes and the Vatican“ der BBC gesehen (zur Doku). Darin geht es um die systematische Vertuschung von Mißbrauchsfällen in der katholischen Kirche. Bereits 1962 soll der Vatican (unter Papst Johannes XXIII) ein Dokument herausgegeben haben, in dem er von Bischöfen verlangt, die Opfer von sexuellem Mißbrauch durch Priester und Bischöfe zu Schweigegelübten zu bewegen (zum Dokument). 2001 hat der Präfekt der Glaubenskongregation, einer gewisser Herr Ratzinger (heute auch als Papst Benedikt bekannt), darauf hingewiesen, dass diese Instruktionen nach wie vor Gültigkeit haben (zum Artikel).
Ich finde, dass der Mut unserer Justizministerin, diese durch den investigativen Journalismus belegten Vertuschungs- und Verschleierungs-Taktiken der katholischen Kirche öffentlich anzuprangern, nicht nur ein großes Lob, sondern auch ihre Unterstützung verdient hat. Die Kirchenführung sollte sich ihrer Vorbildfunktion bewußt sein und offen und transparent mit den jüngsten Anschuldigungen umgehen. Das jahrelange Versagen der katholischen Kirche, den sexuellen Mißbrauch an Kindern durch katholische Würdenträger zu verhindern, und die systematische Behinderung der Aufklärung von Mißbrauchsfällen durch die katholische Kirchen, dürfen wir nicht länger stillschweigend hinnehmen.
mit freundlichen Grüßen,
XXX
Update #1
Und eine weitere Quelle für die arrogante Taktik der katholischen Kirche: Frankfurter Rundschau
Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke war zu Gast bei der Sendung „Hart aber fair“ des WDR und wurde zum Fall des Mißbrauchsopfers Norbert Denef befragt. Dem Mann wurden vom Bistum Magdeburg 25.000 Euro Schweigegeld angeboten, damit er nicht darüber redet, dass er als Jugendlicher jahrelang von zwei Klerikern mißbraucht wurde. Dies hatte er wohl auch Herrn Ratzinger mitgeteilt, der meinte, der Papst würde jeden Tag dafür beten, dass Denef vergeben könne.
Februar 26th, 2010 13:45
Und eine weitere Quelle für die arrogante Taktik der katholischen Kirche: Frankfurter Rundschau
Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke war zu Gast bei der Sendung „Hart aber fair“ des WDR und wurde zum Fall des Mißbrauchsopfers Norbert Denef befragt. Dem Mann wurden vom Bistum Magdeburg 25.000 Euro Schweigegeld angeboten, damit er nicht darüber redet, dass er als Jugendlicher jahrelang von zwei Klerikern mißbraucht wurde. Dies hatte er wohl auch Herrn Ratzinger mitgeteilt, der meinte, der Papst würde jeden Tag dafür beten, dass Denef vergeben könne.
September 13th, 2010 21:05
In der Diskussion wird viel zu wenig Betroffenheit erzeugt, persönliche Anrührung. Videos wie dieses könnten aufrühren: http://www.youtube.com/user/coraleeberlin
September 18th, 2010 13:21
Hm, schwarz-weiß, gebrochene Akkorde am Klavier – das ist mir jetzt wiederum zu theatralisch. Ich würde es befürworten, wenn man über Aspekte wie Kindesmißbrauch und Pädophilie mal zur Abwechslung sachlich sprechen könnte.
September 20th, 2010 09:50
Sicher ist eine sachliche Diskussion die Grundlage. Dennoch ist es nicht ganz falsch, überhaupt erst einmal Diskussionspartner zu suchen bzw. in die Diskussion (und Prävention!) zu ziehen. Das versuchen wir eben mit künstlerischen Mitteln.
Übrigens ist das Video nicht schwarzweiß; und es enthält einige erschreckende Fakten. Einen statistisch fundierten Diskussionbeitrag ersetzt es freilich nicht. Es thematisiert auch nicht direkt die Vertuschungsarbeit der katholischen Kirche, die Sie dankenswerter Weise auch mit diesem Blog in die Öffentlichkeit bringen.
September 20th, 2010 18:24
Gewiß ist Kunst ein sehr geeignetes Mittel, Aspekte des gesellschaftlichen Miteinanders ins Blickfeld zu rücken. Ich weiß dieses Mittel auch durchaus zu schätzen, verstehen sie mich da nicht falsch. Aber Kindsmißbrauch ist gerade in letzter Zeit durchaus ein viel diskutiertes Thema gewesen. Es gab gerade durch die Mißbrauchsfälle in der Kirche eine gesteigerte mediale Aufmerksamkeit. Dennoch ist mir innerhalb dieser Debatte der Punkt, Pädophilie sachlich zu diskutieren, zu kurz gekommen. Immer wieder wird die Debatte hochemotional geführt, was verständlich, aber m.E. nicht unbedingt zielführend ist. Ebenso falsch, wie ich es finde, sexuelle Handlungen an Kindern zu vollführen, finde ich es, Pädophile so zu stigmatisieren, dass sie kaum noch eine Möglichkeit haben, sich selbst zu helfen. Überlegen sie, was es in manchen Gegenden noch heute für ein Akt ist, sich zur Homosexualität zu bekennen. Wie ungleich größer ist der Schritt, sich zu Pädophilie zu bekennen, wenn selbst jene, die sich trotz ihrer pädophilen Neigung nie haben etwas zu Schulden kommen lassen, schlimmste gesellschaftliche Ächtungen zu befürchten haben. Ich denke, man darf das Thema Kindsmißbrauch keinesfalls eindimensional betrachten. Dazu gehört für mich aber auch, der Täterseite eine gewisse Akzeptanz, wenn auch nicht Toleranz entgegenzubringen, d.h. Phädophilie als solche erst einmal als Neigung anzuerkennen und nicht bereits als Straftat zu verurteilen.
September 23rd, 2010 08:57
Mit einer Akzeptanz der Pädophilie habe ein ich enormes Problem. Zumindest darf das Ausleben dieser Neigung wirklich nicht toleriert werden. Den Schaden, den Kinder besonders auch psychisch dabei nehmen, dürfte unermesslich sein. Da kann ich dann nicht nur nüchtern diskutieren. Da werde ich auch sehr emotional! Mehr diskutiert werden muss auf jeden Fall auch, wie Kinder schon oft auch rohe Gewalt erfahren. Das sind Traumata, die ein ganzes Leben halten.
September 23rd, 2010 10:49
Pädophilie als Neigung zu akzeptieren, heißt noch lange nicht, dass man toleriert, wenn sie ausgelebt wird. Natürlich darf Pädophilie nicht ausgelebt werden und es darf nicht toleriert werden, wenn sie ausgelebt wird – und zwar weil es eine Neigung ist, die die sexuelle Freiheit Dritter einschränkt und gefährdet. Man kann nicht davon ausgehen, dass ein Kind sich freiwillig solchem Treiben hingibt, Sex mit Kinder muß Tabu bleiben, völlig d’accord. Aber zu akzeptieren, dass Pädophilie eine Neigung und diese Neigung nicht schon als solche ein Verbrechen ist, ist m.E. notwendig, um hier eine sachliche Debatte führen zu können. Nicht jeder Pädophile wird auch straffällig, d.h. gibt sich seiner Neigung auch praktisch hin. Nicht umsonst gab es Präventions-Ansätze der Charité. Solche Ansätze müssen gefördert werden.
September 29th, 2010 15:00
Warum wird immer wieder der Begriff Pädophilie verwendet? Die liebliche Übersetzung „Liebe zu Kindern“ hat nichts mit Vergewaltigung von Kindern zu tun.
Es ist weder Pädophilie noch Missbrauch, Kinder sexuell zu nötigen oder zu vergewaltigen.
Wenn jemand Francophil ist, vergewaltigt er auch keine Franzosen. Wenn jemand Anglophil ist, fährt er nicht nach GB um dort Frauen zu vergewaltigen, oder?
Ach je, und das Theater mit Homosexualität. meint ihr Schwule? Wann wird hier jemand erkennen wollen, dass Vergewaltigung von Kindern was mit Macht, nichts mit Sexualität zu tun hat.
November 1st, 2010 12:29
Ja, die Wirren der Sprache. Dennoch würde ich mich nicht als pädophil bezeichnen, nur weil ich meine Kinder liebe. Bei Pädophilie geht es eben darum, dass man sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlt. Diese Bedeutung des Wortes ist eine Überkunft unserer Sprachgemeinschaft. Man muß ihr einerseits zugute halten, dass sie „philos“ eben nicht nur eindimensional mit „Liebe“ übersetzt, sondern den Aspekt der Leidenschaft, des sexuellen Begehrens mit einbringt. Kritisieren kann man natürlich trotzdem, dass der „böse“ Begriff Sex mal wieder mit dem „guten“ Begriff Liebe euphemisiert wird. Das ist natürlich der größte Quatsch und zeugt von maximaler Verklemmung im Genitalbereich.
Freilich heißt pädophil noch lange nicht, dass man auch Kinder vergewaltigt. Aber wer pädophil ist, der liebt nicht nur einfach Kinder, sondern der spürt sexuelle Erregung. Und das kann natürlich zu einem Problem werden, wenn man diesem Begehren nachgibt. Dass Vergewaltigung tatsächlich auch etwas mit Macht zu tun hat, ist wiederum kein Phänomen, das nur auf die Vergewaltigung von Kindern zuträfe.
Oktober 3rd, 2011 15:01
Super Artikel!
Mit keine Kritik etc. wird also weitergemacht. Als „böser“ Künstler habe ich das Thema Kindesmisshandlung in der katholischen Kirche auf Leinwand gebannt. 100 x 100 cm. Schon kurz nach der Veröffentlichung Kindesmissbrauch in der Kirche Anfang 2010 bin ich auf zahlreiche Art angefeindet worden. Ärgerlich zwar, aber wie mag es da erst den Opfern gehen, wenn noch immer so viel Hass in der Sache liegt.
Euer Christian.