I’m shocked, i tell, ya!
Welch Erkenntnisreicher Donnerstag-Vormittag: Auch Geistesgrößen haben Sex! Ja, sie besitzen sogar Pornos, unglaublich, aber wahr. Auch Leute, die viel Zeit auf das Erdenken und Schreiben von Kurzgeschichten verwenden, die ein wenig nach Ficken auf LSD klingen, sind nicht befreit davon, ihrem Sexualtrieb zu fröhnen. Der Spiegel – auch genannt die Bildzeitung für Akademiker – hält das für einen Skandal.
Denn ein Forscher entdeckte Kafkas Pornosammlung, die dieser wohl im Haus seiner Eltern versteckt hielt und, nein, es handelt sich nicht um Blümchenszenen mit schwedischen Hippies. Kafka war ein knallhart versaut Perverser. In den Heftchen finden sich sodomistische und lesbische Szenen. Wer hätte das gedacht! Der arme Britische Kafka-Forscher wird nie wieder ruhig schlafen können. Nachdem Kafkas Kurzgeschichten doch so geistesruhig und märchenhaft sind, wurde ihm durch diesen Fund seine heile Welt zerstört. Legen wir eine Schweigeminute für die verstorbene Naivität ein, dass ein Autor, der kafkaeske Kurzgeschichten schreibt, nicht auch eine Vorliebe für Kafkaesken Porno hätte.
Nun, liebe Leser läßt sich angesichts dieser Gesellschaftlichen Scham und Empörung nur hoffen, dass ich entweder nie so ein angehimmelter Autor werde, wie Kafka. (Die braven Forscher würden mit Sicherheit an einem Herzinfarkt sterben, wenn sie meine Pornosammlung entdecken.) Oder wird hoffen einfach mal, dass die Menschheit in Sachen Sex endlich mal ein bisschen Entspannter wird.
August 12th, 2008 04:08
Derselbe Spiegel (als ich noch verklemmt hineingeschaut habe) hat mich einst überzeugt, Kafka sei ein ganz Großer, das war aber ein Zweiseitenformat. Nun aber, nach dieser neuen Zweizeilenbotschaft:
Sensation, Sensation!
Kafka nun doch verunglimpft!
komme ich nicht umhin ihn auf eine Stufe mit äh mit … äh … mit meinem kleinen Bruder! zu stellen.
He, das war ein amüsanter Rückblick! Wohl besser, wenn man nie Namensgeber eines Adjektivs wird (kafkaesk), sonst ist man in Zeiten von studi-etc-vz rascher demontiert als buchstabiert.
greets,
fatcat
August 12th, 2008 17:38
Hm, also für mich verliert ein Künstler nicht an Größe, wenn er Lesbenpornos geil findet. Das macht ihn menschlich. Natürlich darf ein Künstler im völlig romantisierten Künstlerverständnis unserer Gesellschaft kein Mensch sein. Das wäre ja Frevel. Aber hey, unsere Gesellschaft glaubt auch, man könne ein Kunstwerk durch Analyse entzaubern. Also was soll man vom Künstlerverständnis unserer Gesellschaft schon groß halten!? Ab in den Elfenbeinturm, husch, husch!
August 17th, 2008 13:03
Mmmmh inzwischen gibt es ja hundertausend Gegenkommentare und Beschwichtigungen. So ein Quatsch alles, zumal die Zeitschriften, um die es ging eigentlich hochliterarisch waren und entsprechende Darstellungen eigentlich eher als humoresque anzusehen wären und sowieso im textlichen Zusammenhang. Ob Kafka sich nun eher mit Bild oder mit Text beschäftigt hat, kann man sowieso nicht schließen. Das er das entsprechende Schließfach abschloss: Nun ja, im gleichen Schrank lag sein Sparbuch, es ist wohl eher wahrscheinlich, dass er das vor fremden Blicken schützen wollte. Der Autor dieses Skandalbuchs wollte wohl letztlich nur seinen Leumund als der große Enthüller polieren. Wie armseelig. Zumal seit Jahren bekannt ist, dass Kafka pornographische Darstellungen besaß. So What?
Quellen dazu:
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,571812,00.html
http://www.sueddeutsche.de/kultur/313/305282/text/
http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~E859A052A469B4AA8B7963F7E9AF9056C~ATpl~Ecommon~Scontent.html
September 23rd, 2008 14:34
Na ja, so ist das eben immer, wenn es in unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft um Sexualität geht. Aber dass unsere Kinder da ein gestörtes Verhältnis entwickeln (tun sie das überhaupt?), liegt ganz gewiß an den bösen Pornos!
Mich erschreckt nur immer wieder, was für ein unglaubliches Schundblatt der Spiegel geworden ist – die „Bildzeitung für Akademiker“. Und solche „Skandalartikel“ unterstreichen das dann immer sehr plastisch.