Archiv für die Kategorie 'Netzkultur'

Die Geographie der Musik

Dienstag, 11. Dezember 2007

Auf dem Gymnasium habe ich in meiner Musikklasse einmal eine coole Sprechfuge gelernt. Da hieß es: „Der Popokateptl liegt nicht in Kanada, sondern in Mexiko“, und so weiter. Nun war Geographie nie meine Stärke und darum soll es in diesem Post eigentlich auch gar nicht gehen. Vielmehr möchte ich zwei wunderbare Musiklinks unter meinen Lesern verbreiten. Beide führen zu etwas, das man vielleicht am besten als Landkarte der Musik bezeichnen könnte.

Der erste Link, music-map.de, nennt sich auch so. Es ist ein Graph, der Musikgeschmäcker darstellt. Nach dem Motto, wenn sie gerne Johann Sebastian Bach hören, dann hören sie auch gerne mal Mozart (ja, ich weiß, xi, du nicht!), was ja an sich keine große Überraschung ist. Es ist aber sehr praktisch in Musikgebieten, in denen man weniger firm ist. Gestern lernte ich z.B. die mir zuvor unbekannte Band „Irie Révoltés“ kennen, deren Musik ich gleich mal youtubete und die mir spontan zusagte. Und zwar, weil mir auch die „Ohrbooten“ gefallen, eine Dub-Band, die ich mal vor x Jahren auf einer Lesung in X-Berg hörte. Natürlich habe ich mir auch den Spaß erlaubt, nach Guillaume de Machaut zu suchen, aber ich glaube, ich bin mit meinem Mega-Retro-Musikinteresse meiner Zeit mal wieder weit voraus.

Der zweite Link führt zum Electronic Music Guide, einem Stemma der Elektronischen Musik. Zu jedem Stil gibt es dort mehrere Soundsamples, in die man sich einhören und zu denen man sich ein Geschmacksurteil bilden kann. Außerdem werden „Verwandtschaften“ der Stile angezeigt, an denen man sich dann entlanghangeln kann, wenn man etwas gefunden hat, das dem Geschmack zusagt. So weiß man später, ob man tatsächlich auf einer Party erscheinen möchte, auf der „Hard Acid Trance“ als musikalische Untermalung angekündigt wird. Früher dachte ich ja immer, elektronische Musik wäre etwas für Torfköppe. Aber inzwischen weiß ich da zu differenzieren. Ebenso wie es in der Mittelaltermusik mehr als Gregorianik gibt, gibt es eben beim Techno auch mehr als Rave.

Quoth the server 404

Montag, 10. Dezember 2007

Normalerweise ist es ja die Aufgabe meines Mannes, pr0n-relevante Inhalte in seinem Blog zu posten. Aber wegen des in diesem Falle vorliegenden, hochgradig kreativen Umgangs mit Sprache, stehe ich diesmal dafür ein.


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Das Bild/Gedicht gehörte zu den „The web’s most interesting stories on Sat 8th Dec 2007“ auf purrl.net, also zu den interessantesten Geschichten, die das Web am gestrigen Samstag zu bieten hatte und da sage noch mal einer, die Dichtkunst wäre am Ende. Wer das Original übrigens nicht kennt, sollte unbedingt hier nachlesen.

Spaß mit Statistik

Montag, 12. November 2007

Wenn ich die abgedichtet.org Statistiken klicke, dann habe ich immer die meiste Freude mit den Searchstrings, die auf meine Seite geführt haben. Da kann man dann sehen, dass einige Internet-User ihre Suchanfragen tatsächlich als Fragen formulieren. Sie geben: „Welche Wirkung haben viele Substantive in einem Gedicht?“, in die Suchmaske ein und landen irgendwie in meinem Blog. Fragen hatte vor einiger Zeit auch der Suchbegriff „Fickgedichte“ für mich aufgeworfen, bis ich feststellte, dass abgedichtet aufgrund einiger Leserkommentar bei Google der vierte Treffer zu diesem Thema ist. Ich nehme das mal so hin und wundere mich nciht weiter. Freuen tue ich mich dann aber, wenn Leute nach so exotischen Dingen wie „Fumeux fume“ suchen und meine Seite finden. Im Sommer hatte ich über das spätmittelalterliche Rondeau eine Arbeit geschrieben und hier veröffentlicht – ein Thema, das nur eine handvoll Menschen auf diesem Planeten interessiert, oder vielleicht doch nicht?

Außerdem beobachte ich in letzter Zeit ein anderes, sehr erfreuliches Phänomen, den Umstand, dass der Konqueror den Internet Explorer als bevorzugten Browser meiner Leser ablöst. Schon vor langer Zeit hatte der Mozilla, den ich selbst auch benutze, den Sprung an die Spitze der Top-10 User Agents geschafft. Nun rückt der Konqueror vor den MSIE 6.0 auf Platz zwei. Der Konqueror ist der Standardbrowser in Linux-Systemen wie Ubuntu und damit, genau wie der Mozilla, freie Software. Microsoft ist offenbar nicht mehr, was Web-Surfer wollen, zumindest nicht jene, die auch meine Seite besuchen.

Wie man das Internet zitiert

Freitag, 02. November 2007

Wenn ich Artikel wie jüngst den über FAZ-Herausgeber Fank Schirrmacher in SpOn lese, verstehe ich ein wenig mehr, wie das damals mit der Medienrevolution in der Frühen Neuzeit war, als das Buch durch Papierproduktion und Druckerpresse in Europa zunehmend starke Verbreitung fand: Die gestandenen Autoritäten prophezeiehten Gefahren und beschwörten Bedrohungsszenarien herauf, während die Querdenker der nächsten Generation das neue Medium bereits eifrig nutzten, um ihre Thesen an die Kirchenpforte zu nageln.

Heute nutzen wir nicht Papier und Tinte, sondern Nullen und Einsen, um unsere Thesen zu verbreiten und immer mehr wissenschaftlich oder sonstig argumentatorisch dafür relevante Quellen finden sich im Netz. Aber egal ob nun in der Hausarbeit für die Uni, den Bericht für das Bundesverfassungsgericht oder einen mit „Qualitätsjournalismus“ nicht zu vergleichenden Blogartikel, wir wollen unsere Quellen anführen. Stellt sich nur die Frage: Wie zitiert man denn dieses neue Medium korrekt? Es hat sich dahingehend bereits ein wissenschaftlicher Konsens gebildet, eine Richtlinie gibt z.B. der „NLM Style Guide for Authors, Editors and Publishers„, der auch ein Kapitel „Citing Material on the Internet“ enthält, das mit anschaulichen Beispielen ausgestattet ist.

Wer also mit dem Internet nicht wie Herrn Schirrmacher, den Blob auf sich zukommen sieht, der kann sich das ja mal zu Gemüte führen.

edit: Sehr schön auch eine Polemik zur Polemik von heise.de

Create your own remixes

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Eigentlich steh ich ja nicht auf diese Web 2.0 (beta)-Klatschen mit obligatorisch fehlendem E in der Endung. Aber wenn der Zufall es will, dass auf solchen Seiten dann doch mal interessante Inhalte zu finden sind, dann möchte ich das ungern verschweigen. Die Rede ist von einem MediaDefendr-Tutorial, in dem es um das Remixen von Musiktiteln geht. Das Schöne daran ist, dass das Ganze anhand des Audioeditors „Audacity“ erklärt wird, den jeder frei im Netz herunterladen kann. So kann man sich auch als Laie, ohne größeren Aufwand einfach mal ausprobieren.

Während meines Radioprojektes an der Uni habe ich kurze Zeit mit Audacity gearbeitet, das an sich viele schöne Bearbeitungstools mitbringt. Aber damals war es mir zu anstrengend, mich da intensiver hineinzufriemeln und weil ich mit einer anderen Software schon mehr Erfahrungen hatte, stieg ich wieder darauf um. Das MediaDefendr-Tutorial bietet aber einen guten Überblick über die Funktionen von Audacity und erleichtert so den Einstieg in die Arbeit mit dem Programm. Natürlich wird man dadurch nicht gleich zum High-End-Remixer, aber wer sich einfach mal auf dem Gebiet der Audio-Arbeit ausprobieren möchte, der wird hiermit seine Freude haben. MediaDefendr bietet auf seiner Seite auch diverse Samples zum freien Download an.

Einsamkeit

Montag, 08. Oktober 2007


Screenshot (draufklicken!)

Ich hasse es, wenn man einen Begriff im Netz sucht und die eigene Seite der erste Treffer bei Google ist. Ich schreibe gerade eine Arbeit über den Gebrauch der Spiegelmetapher im Odeporicon, das ist eine Autobiographie von Johannes Butzbach aus dem Jahre 1506, und wollte mal gucken, was andere Leute so über dieses Buch schreiben. Offenbar bin ich die Einzige, die über dieses Buch schreibt, denn alle übrigen Treffer, die ich mir bisher besehen habe, sind nur Hinweise auf die Edition des Manesse Verlags. Immerhin gibt es diesmal überhaupt andere Treffer. Ich kenne Begriffe, die tatsächlich niemand außer mir zu benutzen scheint. Gebt mal das Wort „Endreimgenese“ bei Google ein! Da kann man nur hoffen, dass niemand das demnächst in einem Bekennerschreiben verwendet… Immerhin gibt es im Netz nicht wenig Dichtung, bei der man zum Terroristen werden möchte, wenn man sie liest.

Semantisches Web

Montag, 24. September 2007

Software, die nicht nur einzelne Worte und Sprachmuster erkennt, sondern auch deren Inhalt im Kontext versteht? Das gibt es bisher nicht. Die FAZ berichtet aber von einem britischen Forscherteam um David Crystal, das ein System entwickelt hat, das angeblich genau das tun soll. Dazu haben die Linguisten in den letzten 15 Jahren systematisch Texte und Wörterbücher gefilzt, um daraus 2000 Kategorien zur inhaltlichen Klassifizierung von Wörtern zu erstellen. Den Aufwand zahlt die Firma Ad Pepper, die sich davon erhofft, zukünftig automatisch maßgeschneiderte Werbung auf Webseiten anbringen zu können.

Den Traum vom semantischen Web scheint mir dieses System aber noch nicht zu erfüllen. Leider spricht der FAZ-Artikel nur wenig über die Zusammensetzung und Verknüpfung der Kategorien sowie die Funktionsweise der maschinellen Zuordnung von Texten. Wenn ich es richtig zusammenspinne, werden die semantischen Informationen nicht textintern mitgeliefert werden, sondern von mittels Kategorien außen an den Text herangetragen, so dass das System Texte vor dem Hintergrund dieser Kategorien auf relevante Worte (!) scannen kann. Das birgt natürlich nach wie vor die üblichen Probleme: Die Maschine analysiert explizite, also wörtliche Bedeutung (die Kategorien wurden ja mithilfe von Wörterbüchern erstellt). Um Sprache korrekt zu verstehen, ist aber oftmals eine Kompetenz über implizite Bedeutung, über Konnotation oder außersprachliche Kontexte nötig, bedenken wir nur die Schwierigkeit, die semantische Figuren, wie Ironie oder Metaphern darstellen. Auch semantische Relationen, wie Hyperonymie, Referenzidentität, etc., sind kontextbildende Instanzen. Sicher wird Crystals Team auch irgendeine Form von Interkontextualität zwischen den Kategorien entwickelt haben, wie flexibel dieses System aber vor dem Hintergrund sich wandelnder Sprache, Kontexte und Diskurse mit „nur“ 2000 Kategorien ist, ist fraglich. Aktuell könnte es nur, Kraft seiner semantischen Sprachkompetenz, durch den Menschen gehalten werden – ein Aufwand, der auf Dauer vermutlich nur wenig effizient ist. (Ich finde es schon ausgesprochen schwierig, meine Blogbeiträge aussagekräftigen Kategorien oder Tags zuzuordnen.) Trotzdem ist das Ganze ein spannendes computer-linguistisches Projekt, das nur leider unter der Fuchtel der falschen Firma steht.

Vom Handwerk des Erzählers

Montag, 10. September 2007

berichtet ein sehr spannendes Blog namens Dschungelwelt von Frederik Weitz, das ich gestern gefunden habe. Na ja, eigentlich hat es mich gefunden, schon im letzten Jahr, aber gestern las ich mich dann (trotz Erkältung) bis in die frühen Morgenstunden fest. Besonders die Kategorie „Schreibwerkstatt“ hat es mir angetan. Dort werden z.B. Elemente der Spannung beschrieben oder Symbole anhand von Harry Potter Bänden erklärt. Auch politisch ist das Blog echt sympathisch, wenn es z.B. über die unauffällige Nutzung von Bibliotheken berichtet. Deshalb: Reingucken!

Linkverbot zum Wohle der Kunst?

Donnerstag, 14. Juni 2007

Nach langer Zeit der absoluten Funkstille erhielt ich von einem Verfasser, dessen Gedicht ich auf meiner Seite verlinke, gestern abend eine Mail. Ich solle doch „bitte“ den Link zu seinem Gedicht entfernen, da er seinen Text vom Netz genommen hätte. Meine verwunderte Nachfrage nach der Sinnhaftigkeit dieses Entzugs ergab: Der Link sei nicht in seinem Sinne, ich solle ihn zum Wohle der Kunst entfernen, dann würde er auch seinen Text wieder einstellen und die Welt könne sich wieder an dem schönen Gedicht erfreuen.

Ja, wie blöd ist das denn?

Früher stand einmal der ganze Text auf meiner Seite. Der Autor hatte mir dessen Veröffentlichung erlaubt und sich geehrt gefühlt. Dann, nach einigen privaten Meinungsverschiedenheiten, verlangte er plötzlich von mir, den Text von meiner Seite zu entfernen. Ich tat es, auch wenn ich es total kindisch fand, aber als Urheber hatte er das Recht auf seiner Seite.

An dieser Stelle muß ich aber auf ein inzwischen 4 Jahre altes Urteil des Bundesgerichtshofs zum Thema deep linking hinweisen. Damals hatte die Handelsblatt Verlagsgruppe gegen den Nachrichten-Suchdienst paperboy geklagt, weil dieser auf die Artikel des Verlages in seinen Trefferanzeigen direkt verlinkt hatte (ihr wißt schon, Google macht das heute auch so). Der Bundesgerichtshof entschied für paperboy und für die Links. Nicht einmal der Urheber eines Textes kann also dessen Verlinkung verbieten.

Für mich bedeutet das: Der Link bleibt! Ich lasse mich nicht von einem Kindskopf mit einem lächerlichen Appell an meine Liebhaberei [!] unter Druck setzen. Ich lasse mir nicht meine Meinung verbieten und ich lasse mir nicht verbieten, darob selbstgewählte Inhalte zu verlinken. Dann muß der Autor eben damit leben, dass die Welt seinen Text zukünftig nicht mehr lesen können wird. Das ist schade für die Welt, schade für den Text, geschieht dem Autor aber ganz recht, denn wie redete er einst selbst daher: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“

Die Kunst, in 24 Stunden ein schlechter Dichter zu werden

Sonntag, 10. Juni 2007

Ich hatte mich schon immer gefragt, wie es kommen kann, dass so viele schlechte Dichter so viele schlechte Gedichte schreiben. Der Philosoph und Schriftsteller Fritz Mauthner hat eine Antwort: Sie müssen „Poetik. Eine Anleitung zur Dichtkunst“ gelesen haben. Mauthners Rezension zu dem anonym erschienenen Bändchen wirkt trotz ihres 120jährigen Alters in ihrer Sprachkomik sehr modern und hat mich Freudentränen lachen lassen. Mein Dank für diese (Wieder-)Entdeckung gilt Clarisse1 mit ihrem Blog Sinniges, Sinnliches, Sittliches. (mehr …)