Archiv für die Kategorie 'fremde'

flegeton

Dienstag, 29. Mai 2007

Der Gargoyle

Du kommst zu mir, wenn du, um Trost zu suchen,
Die Stadt verlässt, dem Alltag zu entfliehn.
Erklimmst die größere der alten Buchen
Um auf dem Sims den Stammplatz zu beziehn.

Legst vorsichtig die Hand auf meinen Rücken,
Vernarbt durch Regen, Taubenkot und Zeit.
Du fragst nach Sachen, die dich oft bedrücken,
Nach Sinn, nach Hoffnung und nach Wirklichkeit.

Du weinst. Du sagst, die andren würden leben
Ohne die Welt im Ansatz verstehn.
Sie würden immer nehmen, niemals geben.
Und blind und achtlos immer weitergehn.

Ich bin dein Beichtstuhl, Schulter, um zu weinen,
Dein Freund, ein Mentor, der dein Wort nicht stört.
Du sprichst zu mir, zu toten alten Steinen,
Als ob sonst keiner dich bemerkt und hört.

Du haderst schon in viel zu jungen Jahren
Mit dir, der Welt, und dem, was dich umgibt.
Du kannst nicht jederman von Leid bewahren.
Und doch hast du ein Herz in dir, das liebt.

Du bist so jung, so schön und voller Leben.
So wein doch nicht. Brich nicht dein Herz entzwei.
Ich kann mich nicht wie du von hier erheben,
Tu du�s und leb! Du bist so herlich frei.

© flegeton | Apr. 2006

Flam

Dienstag, 29. Mai 2007

[audio:flam1.mp3]
Bionik

Die 76eitung reißt uns in den Elektronensturm.
In Bit und Byte verschlungen wechseln Wort und Bild.
Die Firewall vernichtet seamless einen Wurm.
Er hätte fast des Treffens Glück brutal gekillt.

Durch 105nterpolation wirst Du zu meinem Traum.
Mit immanenter Fantasie gebridgtes Gap.
Und antialiassed Dein Bild im Schädelraum.
Hormongeglättet isotrop zum nächsten Step.

Noch rein platonisch fließt er, unser Datenstrom.
V101rtrauen virtualisiert das Fremdgefühl.
Die Netiquett‘ verhindert das Verbalpogrom,
Doch niemals zwischenmenschlich trautes Herzgewühl.

98erühren durfte ich Dich bislang leider nie.
Der Touchscreen war zwar teuer, doch er hat verfehlt,
Dass ich vor Bildschirmliebe in Dein Streicheln flieh‘.
So bleibt als Filter Datennebel ausgewählt.

101ntrückt wird unser Dialog schnell archiviert.
Von Deinen Worten da verlier ich sicher keins,
Das mir bei jedem Lesen Liebesglut gebiert,
Und sind wir auch im weiten Web nur Null und Eins.

© Flam | Jul. 2004

Danse_Macabre

Dienstag, 29. Mai 2007

Schlafe wohl, mein Bruder

Es war ein Tag,
Der keine Zahlen nennt –
Mit Stund‘ gefüllt,
Die Uhr im Stillstand rennt.

Apathisch‘ Blick
Zum dreckig‘ Laken hin,
Wo schlauchgeziert,
Du liegst als Kraken drin.

Im Ruhepuls
Der Technikweltenkunst
Erringst Du stumm
Von Teilzeitengeln Gunst.

Liquider Tod
Bekränzt Dich schliergeschäumt,
Welch Elixier –
Wenn’s einen Mund besäumt!

Mein lächelnd‘ Schlund,
Kein Pech, nur Glück, vielleicht –
Doch Trugschluß, nein:
Ein Tod bleibt unerreicht.

© Danse_Macabre | Mai. 2004
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Sehr zu empfehlen ist auch die Lektüre von Macabres Gedicht „Straßenbild„.

Corinne Plesar

Dienstag, 29. Mai 2007

Eisnymphe

für levampyre

Ich bitte dich, verzeih mein ungehörig‘ Flehen,
Doch diesen einen letzten Wunsch gewähre mir:
Auch wenn ich jämmerlich in deinem Eis erfrier,
Laß mich noch einmal deines Baches Quelle sehen.

Sie liegt verborgen tief in dunklen Gletscherspalten
Und ist von Männergier noch völlig unberührt.
Nur einmal hast du selbst mich zu ihr hingeführt.
Jedoch scheint sie mir täglich mehr noch zu erkalten.

Nun fürchte ich, die Quelle ist schon zugefroren.
Doch taue ich sie gern mit meines Herdes Glut.
Denn meines Feuers Opfer wärmt dein stockend‘ Blut
Und aus der Asche werd als Phönix ich geboren.

© Corinne Plesar | Jul. 2004

Da mir der Text gewidmet wurde, mußte ich darauf natürlich auch entsprechend eingehen und daraus entstand dann noch ein kurzer poetischer Dialog, den ich dir nicht vorenthalten möchte.

Feuervogel

Mein Phönix, ich gewährte dir dein süßes Bitten:
Dein Feueropfer taute, was dereinst gefrorn.
Denn auf der Suche nach der wilden Sehnsucht Born
Bist du die weißen Arme mir entlang geglitten.

Du gurrtest taubengleich mir süße Liebesreigen
Und spreiztest pfauengleich dein rotes Federkleid.
Von Vogeltugend angetan war ich bereit,
Dich hinzuführen, meine Quelle dir zu zeigen.

Erstorben zwischen Gletscherspalten bleib nun liegen!
Denn deine Lava, die umspühlte rasch mein Eis
Und schmelzend flossen Wasserströme deinem Fleiß –
Mit nassen Federn kann kein Feuervogel fliegen.

© levampyre | Jul. 2004

Phönix

Nun liege ich ermattet zwischen deinen Fluten
Und mein Gefieder, das einst schillernd dich betört‘,
Hat deiner wilden Wellen Macht nun ganz zerstört.
Doch dauert meine Schwäche diesmal nur Minuten.

Es trocknen schnell des Feuervogels feuchte Federn,
Und Wasserdampf steigt aus den Gletscherspalten auf.
Erfrischend plätschert wieder deines Baches Lauf,
verlockt mich allzu rasch zu neuen kühlen Bädern.

Ach, möge deine Quelle niemals mehr versiegen,
Und nimmermehr der Frost dein zartes Reich bedroh’n.
Nun ernte ich der Mühe tausendfachen Lohn
Und lasse dich mit meinen gold’nen Schwingen fliegen.

© Corinne Plesar | Jul. 2004