Rückeroberung des öffentlichen Raumes

Als ich vor ein paar Monaten mit dem Auto Richtung Heimat fuhr, sah ich an der Danziger Ecke Lychener, kurz vor dem U-Bhf. Eberswalder Strasse, zwei blutüberstömte Einschußlöcher in den Köpfen der plüschigen Modepüppchen eines überdimensionierten Werbeplakats, zeigte verzückt mit dem Finger darauf und bemerkte aufgeregt zu meinem Freund: “Sieh mal Schatz! Da hat jemand die Reklame erschossen.”

Zunächst glaubte ich, dass es vielleicht doch ein Werbegag der Firma selbst sein könnte, denn ein paar Tage später waren die Einschlußlöcher mit dicken, gelben Blümchen wieder zugekleistert. Heute habe ich aber durch einen aufschlußreichen SpOn-Artikel die Hintergründe zu dieser genialen Straßenkunstaktion, die durchaus kein Einzelfall ist, erfahren. “Rückeroberung des öffentlichen Raumes” heißt die Devise dieser kreativen und gewaltlosen Form des Widerstandes gegen die aggressive Aufdringlichkeit und Belästigung durch die öffentliche Marken-Werbung. Models wurden und werden von Werbeträgern entführt, Werbetexte durch Retouche und Edition kreativ verändert. Auch (oder gerade) Wahlwerbeplakate der Parteien sind seit Jahren nicht mehr sicher. Das bloße Abhängen von NPD-Plakaten ist dabei noch die am wenigsten einfallsreiche Form von Gegenwehr, wenn auch effektiv. Bitte mehr solcher Aktionen! Das hält meine vollste Sympathie.

Update vom 23.04.08:
Jürgen Lüwer hat eine Petition beim Bundestag eingereicht, mit der er das Verbot von Wahlwerbeplakaten fordert. Ich finde diese Lösung eigentlich sehr erstrebenswert und habe deshalb unterschrieben. Wer möchte, kann hier noch bis 15.5.08 mitzeichnen und sich ebenfalls für ein solches Verbot aussprechen.

10 Kommentare zu “Rückeroberung des öffentlichen Raumes”

  1. Mattes
    September 4th, 2006 11:43
    1

    Ich finde es extrem bedenklich, dass in diesem Artikel das Abhängen und sonstige Beschädigen und Verunstalten von Wahlplakaten nicht nur verharmlost, sondern quasi noch dazu aufgefordert wird.

    Das sind Methoden, die auch von den geistigen Vorbildern der NPD angewendet wurden und die nicht zuletzt deswegen vollkommen zu recht hart bestraft werden.

    Gott schütze uns vor Studenten und deren unheiliger Einfalt!

    Mit erschrockenen Grüßen
    Mattes

  2. LeV
    September 4th, 2006 17:40
    2

    Ich halte für viel bedenklicher, dass die Werbeplakate (der Marken, um die es hier vornehmlich ging) nicht nur immer zahlreicher, sondern auch immer größer werden. Man kann bald nur noch mit Scheuklappen durch die Stadt laufen, so aufdringlich ist das. Ähnlichen Brechreiz bekomme ich, wenn ich die billigen Slogans der Parteien auf ihren Wahlwerbeplakaten lese. Ich finde es bedenklich, dass Parteien meinen, uns auf diese Art von ihrer politischen Kompetenz überzeugen zu können. Ich finde es ebenfalls bedenklich, dass nicht jeder, der ein NPD-Plakat mit zwei blonden, blauäugigen Kindern und einer Gruppe Asylanten sieht, auf dem geschrieben steht: „Die oder Wir!“, sofort den Wunsch verspürt, dieses abzuhängen. Ich finde es auch bedenklich, dass so viele Leute lieber auf Gott vertrauen, als die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, aber eigentlich bin ich natürlich kein solcher Bedenkenträger wie du…

  3. Mattes
    September 5th, 2006 12:40
    3

    Polemik, Lev, nicht mehr, denn

    – ich bezog mich nicht auf die Werbeplakate, wobei übrigens die Unternehmen dafür bezahlen und die Sabotage insofern natürlich auch eine Sauerei ist. Du schlägst auch hier den Sack und meinst den Esel.

    – Plakate zugelassener Parteien abzuhängen ist zutiefst undemokratisch. Natürlich ist das von dir beschriebene Plakat widerlich. Mit exakt dieser Begründung hängen die Nazis dann aber auch Plakate anderer Parteien ab. Was hast du noch gegen die Nazis zu sagen, wenn du deren Methoden anwendest?

    – wenn ich nur auf Gott vertraute, hätte ich hier nicht geschrieben.

    – das hat mit Bedenkentragen wohl weniger zu tun, wenn ich das Grundprinzip der Meinungs- und Redefreiheit verteidige: Ich teile deine Meinung nicht, aber ich würde notfalls mit meinem Leben dafür einstehen, dass du sie frei äußern darfst.

    – deine studentische Einfalt ist tatsächlich gefährlich: Wenn du dein hier ausgebreitetes Statement ernst meintest, wäre es für dich auch vollkommen in Ordnung, wenn ich, dem deine Meinung nicht gefällt, diese deine HP hackte und in den Orkus beförderte und das als Rückeroberung des virtuellen Raumes bezeichnete.

    – aus der sicheren Deckung wohlfeile Sprüche gegen Nazis kloppen kann jeder.

  4. LeV
    September 5th, 2006 14:28
    4

    Wie du im Faden „Mein lyrisches Ich“ ja schon mitgekriegt hast, setze ich mich überzeugt für die Redefreiheit ein. Wo aber ein Redner andere, freie Menschen zwingt, ihm zuzuhören und selbst das Recht auf freie Rede aberkennt, hat seine Freiheit eine Grenze, andernfalls beschränkt sie ein anderes hohes Gut unserer Demokratie, das Recht auf Selbstbestimmung.

    Die Zahl und Größe von Werbeplakaten nimmt inzwischen horrende Ausmaße an, ein Wegsehen ist nicht mehr möglich. Unternehmen und Parteien legitimieren diese Penetration unseres Wahrnehmungsfeldes durch den Kauf von Flächen, auf denen sie ihre Werbebotschaft in den öffentlichen Raum bringen. Sie zwingen uns, ihnen zuzuhören und wehren können wir uns dagegen nicht, denn das Recht, im Gegenzug unsere Botschaften in den öffentlichen Raum zu bringen, ist uns nicht gegeben, denn der öffentliche Raum gehört ja jetzt den Unternehmen und Parteien, die ihn gekauft haben, und fremdes Eigentum zu beschädigen, ist gesetzlich verboten. Das Geld, unserem Recht auf Redefreiheit nachzukommen, haben wir nicht, Werbeflächen kann sich der einfache (freie?) Bürger schlicht und ergreifend nicht leisten.

    Ich frage mich, was hat das noch mit Redefreiheit zu tun. Hat sich da nicht vielmehr eine finanzielle Elite die Legitimation erkauft, unsere Freiheit und Selbstbestimmung einzuschränken!? Wenn nun also die geistige Elite auf diesen Mißstand aufmerksam zu machen versucht, dann finde ich das legitim.

    Was die Wahlwerbeplakate betrifft, so ist es mir eigentlich gleichgültig, wer wes Botschaft in die Versenkung schickt. Denn wenn jeder einfach das abhängt, was er nicht mehr erträgt, kommen wir dem Ziel eines werbefreien öffentlichen Raumes schließlich auch näher.

  5. Mattes
    September 5th, 2006 15:25
    5

    Cool, wir schreiben wie üblich aneinander vorbei.

    Ja, die geistige Elite (klingt putzig) und die anderen auch sollten dringend darauf aufmerksam machen, dass der öffentliche Raum, der da meistbietend versteigert, von der öffentlichen Hand nur verwaltet wird und, wenn wir das mehrheitlich nicht wollen, nicht jedem Werber gegen Entgelt zu überlassen ist.

    Also bin ich für jede Demonstration, jedes Bürgerbegehren, jede (tatsächlich) gewaltfreie Aktion zur Rückeroberung des öffentlichen Raumes.

    Ich bin aber gegen die von dir gelobten Methoden, den gutgläubigen (juristisch, okay?) Mietern dieser Räume Gewalt anzutun, nur weil ich das unschön finde, was da be- und das da geworben wird.

    Was du da gutheißt, ist die Tyrannei einer selbsternannten Elite, die heute NPD-Plakate abhängt und morgen die deines nächsten Konzertes.
    Wie dem auch sei, wir kommen wohl nicht auf einen gemeinsamen Nenner, solange du den Zweck die Mittel heiligen lässt und dir offenbar nicht bewusst ist, wie viele schlechte, historische Vorbilder das hat.

    Von wegen geistige Elite, Lev, das ist wirklich die reinste Hoffart. Nur weil du alle Reimformen kennst, bist du doch nicht auserkoren, auch in meinem Namen irgendwelche Räume zu erobern. Tritt gefälligst in eine Partei ein, oder gründe eine und such dir Mehrheiten. Dann und nur dann, hättest du gegebenenfalls ein Mandat, diesem Volk wieder Raum (zurück) zu erobern.

    Gruß
    Mattes

  6. LeV
    September 5th, 2006 17:51
    6

    Ich verstehe und akzeptiere, dass du dich eher für klassische Demonstrationen aussprichst, denn ich weiß, dass meine Meinung in diesem Punkt durchaus kontrovers ist. Die Frage, wie weit Demonstration gehen darf, ist vollkommen legitim. Das hätte man sachlich diskutieren können.

    Damit, dass du mir aber unterstellst, ich würde den Zweck die Mittel heiligen lassen, generalisierst du einen Punkt, der nicht zu verallgemeinern ist. Durch deine rabulistischen Verdrehungen unterstellst du mir, ich hätte mich an den von SpOn beschriebenen Aktionen persönlich beteiligt, während ich lediglich meine Sympathie bekundete, womit ich Gebrauch von meiner freien Meinungsäußerung machte und wohl für niemand anderen als mich selbst sprach. Du verpaßt es außerdem in keinem deiner Kommentare, mich direkt oder indirekt zu beleidigen.

    Ich denke, es ist offensichtlich, dass du gar nicht daran interessiert bist, nicht an mir vorbei zu reden, geschweige denn irgendeinen Nenner zu finden. Deine Heuchelei in diesem Punkt ist lachhaft. Wenn du meinst, mich in den Dreck ziehen und Nazi nennen zu müssen, um dich besser zu fühlen, dann geh und mach das in deinem eigenen Blog! Hier werde ich es nicht länger tollerieren.

  7. Mattes
    September 6th, 2006 12:21
    7

    Lev, ich bitte dich, sei nicht albern! Nicht deine Meinung ist kontrovers (geht das überhaupt?), sondern höchstens unser beider Meinungen. Nun war aber doch der erste Schritt zu einem gemeinsamen Nenner da, nun schnappst du beleidigt ein, weil ich dich so hart rannehme, wie du es mit der geistigen Nicht-Elite tust? Bist du so ein Mimöschen geworden? Schließlich hast du hier doch angefangen, dich ein wenig über mich lustig zu machen (Gottvertrauen, Bedenkenträger).

    Haarspalterische Verdrehungen? Ich unterstellte dir die Teilnahme, wenn ich schrieb, dass du die Idee lobtest? Also bitte, wer verdreht jetzt wem das Wort? Ich nenne dich Nazi? Lev, ich meine, dass du den Kardinalfehler begehst, üble, kriminelle Methoden als lässliche Sünden zu bezeichnen, wenn das Ziel mit deinem Ziel (Wunsch) übereinstimmt. Mit welchem Recht, mit welcher Begründung wolltest du dann aber, der du kein Nazi bist, die Nazi-Methoden geißeln, wenn die beispielsweise deine Konzertplakate abhängten?

    Bitte, was ist daran Rabulistik? Wo schmähe ich deine Person, wenn ich festhalte, dass du als Mitglied der geistigen Elite doch nicht das Recht hast, etwa ohne Mandat für die Allgemeinheit zu handeln. Natürlich formuliere ich pointiert und mache es hier an deinem Beispiel fest, weil ich es eben immer sehr viel einleuchtender finde, man redet über sich selbst und nicht allzu akademisch..

    Wie auch immer. Das ist unter deinem Niveau, Lev, derart das letzte Wort haben und dann abschließen zu wollen. Es gab mal Zeiten, da geißeltest du solches Verhalten. Freu dich doch lieber, wenn Leben in deinem Blog ist, oder willst du nur Vorlesungen halten und hast gar kein Interesse am Disput?

  8. LeV
    September 6th, 2006 14:35
    8

    Unser beider Meinungen sind kontrovers und ich würde sie gerne sachlich diskutieren, Mattes. Dass du größtenteils unsachliche Nazi-Totschlagargumente lieferst, macht mir das nahezu unmöglich.

    1. Wenn Nazis irgendwann mein Konzertplakat abreißen, dann ist das ein separater Vorfall, der mich möglicherweise zu einer erneuten Reflexion meiner Meinung anregen, diese aber vermutlich nicht ändern wird. Denn ich sprach hier von zahlreicher, überdimensionierter Marken- und Wahlwerbung und unsere Konzertplakate sind weder überdimensioniert, noch zahlreich, noch bewerben sie eine Partei.

    2. Wenn du meine HP hackst und in den Orkus beförderst, weil dir meine Meinung nicht gefällt, fände ich das freilich mies. Als Argument dient das in dieser Diskussion aus folgenden Gründen nicht: 1. Der virtuelle Raum ist nicht der öffentliche Raum. 2. Du darfst frei entscheiden, ob du meine HP besuchst oder nicht, denn 3. es springt dir nicht auf jeder Seite, die du besuchst ein Banner mit meiner Werbung ins Gesicht. 4. Du darfst dir im virtuellen Raum jederzeit eine eigene HP zulegen, auf der du deine Botschaften verbreitest, abgesehen von den Verbindungsgebühren sogar völlig kostenneutral.

    3. Ich weiß nicht, wie du auf die Idee kommst, in einer Demokratie könnte sich nur politisch betätigen, wer Mitglied einer Partei und/oder demokratisch gewählt ist. Die Möglichkeiten potilischer Aktivität sind unterschiedlich und in jedem Falle spricht ein Aktivist zunächst für sich selbst oder für seine Vereinigung und nicht für irgendein Volk, das hinter ihm und seinen Aktivitäten steht. Sich als einfacher Bürger politisch zu engagieren, ist zunächst vollkommen legal und meines Erachtens sogar wünschenswert.

    4. Es gibt einen Unterschied zwischen Legalität und Legitimität. Die Frage, was legitim und was illegitim ist, ist eine ethische und klärt sich für jeden unabhängig davon, was legal und was illegal ist. Einige Aktivisten übertreten die Grenzen der Legalität, z.B. Greenpeace-Aktivisten, die sich auf fremde Gleise fesseln, um Atommülltransporte an ihrer Durchfahrt zu hindern. Inwieweit mir soetwas legitim erscheint, hängt vom Fall selbst ab. Eine Sache ist aber in keinen Fall als illegitim zu pauschalisieren, nur weil sie illegal ist.

    5. Die Kunstaktionen, die von verschiedenen Seiten durchgeführt wurden (schon ob es sich ausschließlich um Studenten handelt, bleibt fraglich), halte ich für eine kreative Demonstration von Unmut mit deutlich gesellschaftlich-kultureller Motivation, bei der niemandem körperliche Gewalt angetan wurde. Natürlich ist es Sachbeschädigung, aber keine, der blinde Zerstörungswut nachgesagt werden kann, deshalb halte ich sie in diesem einen, speziellen Fall für legitim.

    6. Es ist mir unangenehm, in einer Diskussion in meinem Blog Punkt 6 überhaupt anführen zu müssen, aber deine Wortwahl mir gegenüber (Mimöschen, deine studentische Einfalt, Tyrannei einer selbsternannten Elite, reinste Hoffahrt – das waren erst einmal nur die aus deinen Kommentaren zu diesem Artikel), ist schlimmeres Niveau, als deine Nazi-Totschlagargumente. Dass du glaubst, damit bei mir und meinen Lesern punkten zu können, ist dabei die eigentliche Beleidigung. Versuch wenigstens mal, sachlich zu bleiben und hör auf, mich ständig zu provozieren! Du siehst doch, dass dir das nicht mehr einbringt, als einen Unmut.

  9. Mattes
    September 6th, 2006 18:43
    9

    Gut, ich wusste doch, dass wir einen Weg finden würden, auf diese Ebene zu kommen. Damit ich nicht ausufere, werde ich auf deine Punkte möglichst kurz eingehen:

    1. Die sogenannten Nazi-Argumente waren initiiert durch deinen Hinweis auf das (etwaig?) legitime Abhängen von NPD-Wahlwerbung. Das war der Ursprung. Mir ging es eigentlich nie um die Werbung, nur um die Wahlwerbung. Totschlagargumente wollte ich keine bringen, meine Beispiele waren wohl unglücklich. Deine Bewertung hinsichtlich deiner Konzertplakate, welche ich nicht kenne, ist natürlich subjektiv.
    2. Dieses Beispiel von mir war tatsächlich nicht nur unglücklich, sondern blöd, d’accord.
    3. Ist nicht meine Idee, das kam dann unglücklich rüber. Ich wollte nur auf den Unterschied zwischen echtem und selbsternanntem Mandat hinweisen. Ich weiß, dass die Parteien von Übel sind und sich häufig einen Dreck um das Mandat scheren. Das legitimiert jedoch kein Abhängen von Wahlplakaten, meiner Meinung nach.
    4. Genau. Ich finde den Unterschied jetzt nicht so wichtig, jedenfalls nicht in der moralischen Bewertung. Ich empfinde das Abhängen/Sabotieren von Wahlwerbung nicht nur nicht als legitim, sondern als blitzgefährlich und dumm. Illegal ist es natürlich sowieso, was aber im Zusammenhang eigentlich egal ist.
    5. Vielleicht können wir die Aktionen mit Werbepuppen u.ä. außen vor lassen. Ich erwähnte das nur beiläufig, dass das auch eine gewisse Selbstherrlichkeit darstellt. Nicht jede Schaufensterpuppe gehört einem miesen, fetten, überproportional reichem Kapitalisten, insofern kann eine solche Kunstaktion auch mal einen kleinen Koofmich treffen, der verzweifelt Marktzugang erstrebt.
    6. Ich versuche nicht, zu punkten. Ich bin immer sachlich geblieben. Ich habe lediglich deinem allgemeinen und immer gegenwärtigem Snobismus mit einer gewissen Herablassung begegnen wollen.

    Ganz zu Anfang hattest du geschrieben: „Auch (oder gerade) Wahlwerbeplakate der Parteien sind seit Jahren nicht mehr sicher. Das bloße Abhängen von NPD-Plakaten ist dabei noch die am wenigsten einfallsreiche Form von Gegenwehr, wenn auch effektiv. Bitte mehr solcher Aktionen! Das hält meine vollste Sympathie.“ Und das finde ich nach wie vor erschreckend, wenn das deine vollste Sympathie hat, wenn Wahlwerbeplakate (egal welcher Partei) sabotiert werden. Nicht eine gewisse Sympathie oder nur Verständnis, nein, vollste Sympathie. Das ist mir zu unreflektiert, zumal für die geistige Elite des Landes.

    Okay, deine Sympathie galt sicher den anderen Werbesabotageaktionen gemäß Spiegel Online. Die Einbeziehung der Wahlplakate war jedenfalls dein alleiniges Ding, die kommen in dem Artikel nicht vor.

  10. LeV
    September 7th, 2006 12:56
    10

    Nein, die Wahlwerbung kommt im SpOn Artikel nicht vor. Das war mein alleiniges Ding, motiviert durch die zahlreichen Plakate, die derzeit wieder in der Hauptstadt anzutreffen sind. Von diesen Plakaten hängt vielleicht ein Bruchtteil länger als einen Tag, ohne irgendwie angetastet zu werden. Hier werden Bärte angemalt, dort Slogans dazugeschrieben. Die Retouchen sind z.T. so aufwendig, dass man sie auf den ersten Blick gar nicht als Retouchen erkennt. „Gerade Wahlwerbeplakate“ scheinen von solchen Aktionen betroffen, viel eher als die Werbeplakate im SpOn Artikel. Das war mal was Neues. Meine Sympathie galt dabei aber, das war vielleicht ungünstig platziert, der Kreativität solcher Aktionen. Ich finde das einfach witzig.

    Dass soetwas diejenigen trifft, die gerade den Markteinstieg probieren, halte ich für unwahrscheinlich. Die Werbeplakate decken z.T. ganze Hauswände oder Brücken ab und kosten zehntausende von Euros. Die wenigsten haben das Budget für solche Plakate. Das weiß ich zufällig sehr genau, denn ich bin in meinem Chor im Marketingbereich engagiert und halte es nicht für subjektiv, wenn ich sage, dass wir, gemessen an den besagten Markenplakaten, aber sowas von unscheinbar sind.

    Es ist also der kreative Umgang mit der Werbung, der mir gefällt und da habe ich schon gesagt, dass das Abhängen von NPD Plakaten nicht einfallsreich, also wenig kreativ ist. Als wenig Einfallsreiche ist sie vermutlich auch nicht die schlauste Art der Gegenwehr, auch das gebe ich gerne zu, aber sicherlich eine effektive. Denn die NPD-Plakate hängen danach schlicht und ergreifend nicht mehr.

    Zu deiner Mandatsargumentation: Ein Mandat ist ein Auftrag, eine Ermächtigung, die einem von jemandem gegeben wird. Diejenigen, die durch die Stadt rennen und Werbung sabotieren, wurden von niemandem beauftrag, dies zu tun. Aber sie tun ja auch gar nicht so, als wären sie beauftragt worden, sondern handeln in vollkommener Eigenverantwortung. Deshalb verstehe ich deinen Vorwurf des „selbsternannten Mandates“ nicht.

    Du bringst auch das Argument, Werbung zu sabotieren, sei dumm. Begründen tust du das damit, dass ja dann auch die Nazis kommen können und das gleiche tun. Ja, kommen und Werbung sabotieren oder abhängen kann jeder und es ist mir sogar weitestgehend gleichgültig, auf welche Art und Weise das passiert. Denn ich kann mir sehr gut eine Stadt ohne Plakatwerbung vorstellen. Dagegen sollte die Verfügbarkeit von Informationen an zentraler Stelle geregelt sein, so dass sich jeder Bürger nach freien Stücken über das informieren kann, was ihn interessiert, nicht aber gezwungen wird, etwas wahrzunehmen, das ihn nicht interessiert. Denn das halte ich für eine Beschneidung meiner Selbstbestimmung.

    Was dich vermutlich stört, und das ist verständlich, ist, dass sich das Abhängen nur auf NPD Plakate bezog und dass damit gezielt eine bestimmte Meinung unterdrückt wird, was einer Zensur gleichkommt, die in jedem Falle unschön ist und an die Methoden der Nazis selbst erinnert. Das ist wahr. Ich denke aber nicht, dass es der Realität entspricht, dass nur NPD Plakate abgehängt werden, dies war nur ein Beispiel, das ich anführte, weil ich zufällig genau weiß, dass es bei NPD Plakaten passiert, denn die sieht man im PrenzlBerg regelmäßig verschwinden. Sabotiert werden hingegen Plakate aller Parteien gleichermaßen, zumindest im PrenzlBerg.

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