Dem flatterhaften Kaffee kochen?

Ich hatte ja vor kurzem vom positiven Verlauf meiner „Bewerbung um ein Praktikum beim Zwiebelfisch“ berichtet (/node/99). Einige vielversprechende E-Mail-Wechsel mit einer Redaktionsmitarbeiterin, bei der wir bereits eine Terminabsprache für ein Praktikum 2007 machten, ließen weitere Hoffnungen in mir keimen.

Im August bekam ich nun doch noch eine Absage von Herrn Sick und mußte erst einmal nachfragen, ob das jetzt das offizielle Schreiben zu meiner 2006 Bewerbung sei oder auch für 2007 gelte. Es gelte auch für 2007 antwortete mir die Redaktionsmitarbeiterin. Also doch kein Praktikum bei SpOn, dachte ich mir. Aber nett, dass Sick in seiner Ablehnung nicht vergaß, noch fleißig Werbung für seine nächste Lesung in Berlin zu machen. Zu schade, dass ich an dem Tag selbst ein Konzert habe, sonst wäre ich sicher hingegangen.

Wer weiß, was nun letztlich diesen späten Stimmungswechsel hervorgerufen hat. Vielleicht hat Herr Sick ja in meinem Blog gelesen, dass ich keinen Kaffee für ihn kochen möchte und sich dann in flatterhafter Gesinnung doch noch für irgendein weniger charkaterstarkes Blondchen entschieden und ich lebe weiterhin am Rande der Existenz, was vermutlich eh besser für mich ist.

So und an dieser Stelle höre ich nun auf zu jammern und mich selbst zu bemitleiden, denn mein Schatz bringt mir gerade einen frisch gebrühten Kaffee der frisch handgemahlenen Guatemala Antigua Bohne mit frisch aufgeschäumter, leicht gesüßter Biomilch, nicht zu verwechseln mit irgendeiner Plörre aus dem Büro-Kaffee-Automaten.

3 Kommentare zu “Dem flatterhaften Kaffee kochen?”

  1. Blabla
    September 27th, 2006 14:53
    1

    Mein Beileid – ich weiß, wie das ist als Student auf Praktikumssuche. Gerade wenn man noch ein Rückgrat hat und nicht ständig den Allerwertesten penetriert bekommen will, ist das eine arge Gratwanderung fürs Ego. Eine Anhäufung von Praktikums-Zeugnissen im Lebenslauf ist weniger Ausweis von Qualifikation als vielmehr Brandzeichen, dass man auch dazu gehört, zur „Generation Praktikum“, dass man bereits mehrmals fröhlich pfeifend Umzugskartons gepackt hat und sich auf den Weg gemacht hat in die große Stadt, seine Habe in der 500-Euro-Zelle untergebracht hat, um für 300 Euro mtl. („Mehr können wir Ihnen nicht zahlen“) im Glaspalast eines Medienunternehmens zu buckeln. Im Harem des jeweiligen Chefredakteurs ist man zwar ein Niemand, das bedeutet aber nicht, dass man nicht wie ein ganz Großer arbeiten darf. Und immer schön lächeln – in der Mittagspause auf der Dachterasse ist man mit eigener Meinung schnell der Paria zwischen gestylten Medienmädchen und -jungen, die sich an ihrer Automaten-Cola festhalten, Bewerbungstipps austauschen und sich über den neuesten Stand der Hackordnung informieren.

    Auf Dauer geht solche geistige Prostitution nur mit Doppeldenk, Dissonanzreduktion und Ironie: Doppeldenk, weil man das Wissen um diese Zustände ausblenden können muss, um im Job zu funktionieren, Dissonanzreduktion, um sich mit dem Spatz in der Hand abzufinden („Als Student konnte ich mir vielleicht Idealismus leisten, aber jetzt muss ich erst mal Geld verdienen“, „Der Job ist besser als nix“, „Pia lebt inzwischen von der Stütze“, „Is nur n Übergangszustand und wer weiß: vielleicht wird hier ne Stelle frei“) und die heilige Ironie für Mittagspause und Cocktailbar: Die Distanzierung, die Meta-Position, welche die augenzwinkernde (Selbst-)Ironie ermöglicht, gilt als wunderbar intelligent und der Situation angepasst: Wehe dem armen Irren, der sich durch Überzeugungen und Ideale angreifbar macht. Teflon-Menschen sind gefragt, Menschen, die sich ihres Tuns und Seins so sehr bewusst sind, dass sie mindestens eine Stufe darüber stehen – die Anführungszeichen der Ironie umschließen im Idealfall das ganze Leben. Deswegen ist es durchaus möglich, dass ein Praktikant einen Artikel über die „Generation Praktikum“ schreibt, dafür bei seinen Mitpraktikanten recherchiert, nicht mit erschreckenden Details über Lebensumstände und prekäre Situation geizt, eine geistreiche Pointe druntersetzt, sich über sein gelungenes Werk freut und am nächsten Tag wieder zur Arbeit erscheint.

    In der Medienbranche findet man die Profi-Ironiker, die nicht nur von dem Kakao, durch den sie gezogen werden, trinken, sondern auch einen eigenen Strohhalm haben und über die Qualität des Kakaos und den Milchlieferanten lästern. Und über die, für die kein Kakao mehr übrig ist.

  2. LeV
    September 27th, 2006 15:10
    2

    Jepp, bei einem Poetryslam im Bastard hat mal ein junger Autor einen sehr geladenen Text zur „Generation Praktikum“ verfaßt. Der war großartig, nicht nur inhaltlich. Leider war ich zu müde, um mir seinen Namen zu merken oder gleich an ihn heranzutreten. Ist eben immer so ein zweischneidiges Schwert, entweder sich treu bleiben oder endlich mal wieder was zum Mittag kaufen können. Noch ist mein Stolz größer als mein Hunger.

  3. Katyes
    Juli 5th, 2007 11:04
    3

    Die Praktikumssuche ist schon ein wehleidiges Spiel…ohne Beziehung geht da kaum was. Es sei denn, man kennt die richtigen Adressen! Ich hatte auch erst meine Vorurteile gegenüber Vermittlungsagenturen – man bezahlt Geld um ein Praktikum zu bekommen, ist es das überhaupt wert etc…
    Aber das Gute ist, dass man über diese Agenturen meist ein bezahltes Praktikum bekommt und das Geld was man anfangs ausgibt, meist wieder rein hat 🙂
    Also, für alle die auf der Suche sind hier ein paar nützliche Adressen.

    internships-in-france.com
    internships-in-germany.com
    internship-in-spain.com
    internships-in-uk.com

    Viel Erfolg! Katja

Kommentar abgeben: