Suchanfrage vom 08.05.08

Donnerstag, 08. Mai 2008 15:14

Bei Blicken in meine Blogstatistik sorgen die Suchanfragen, mit denen Leute auf meine Seite gefunden haben, immer für die meiste Erheiterung. Ab und an sind da aber auch interessante Fragen formuliert, zu denen ich mich einfach äußern muß. Wo, wenn nicht hier?

Die anonyme Suchanfrage des heutigen Tages lautet:

Wann hat man das erste Mal Namen gegeben?

Die Geschichte der Namensgebung ist vielleicht die Geschichte der Sprache überhaupt. Allen Dingen und Aspekten, die uns in der Welt umgeben und die wir wahrnehmen können, haben wir Namen gegeben, um uns mit anderen Geschöpfen unserer Art darüber auszutauschen. Ob wir einem Ding in der Welt (Baum, Liebe, Radfahren) oder uns gegenseitig (Katrin, Mausilein, Dr. Finkenkrug) einen Namen geben, unterscheidet sich im Vorgang eigentlich kaum. Beide Male ordnen wir einer Vorstellung oder einem Konzept in unserem Kopf ein willkürliches Lautbild (oder Schriftbild) zu und erzeugen damit im Kopf unseres Gegenüber eine ähnliche Vorstellung. Deshalb können wir uns über Baum und Katrin unterhalten, auch wenn weder Baum, noch Katrin anwesend sind.


Wikipedia: Im Englischen ist das Lautbild „tree“ der Vorstellung (Concept) ‚Baum‘ zugeordnet

Willkürlich sind diese Lautbilder deshalb, weil wir dem Konzept Baum oder Katrin auch einen völlig anderen Namen hätten geben können, z.B. tree oder arbre oder krchge. Aber innerhalb eines Sprachverbandes gibt es natürlich weitestgehend Einigkeit darüber, welche Namen wir den Konzepten geben, denn sonst könnten wir uns ja nicht verständigen. Die Linguisten sagen deshalb, sprachliche Symbole (also die Verbindung eines Lautbildes mit einem Konzept) sind arbiträr, aber zugleich konventionell.

Es ist also sehr wahrscheinlich, dass es Namen (für Dinge, Abstrakta, Personen, etc.) schon lange vor der Schrift, also bevor wir eine Sprache überhaupt historisch betrachten und untersuchen können, gegeben hat. Die ältesten Schriftzeugnisse stammen aus Sumer und sind ein bisschen älter als 5000 Jahre. Das Besondere an der sumerischen Sprache ist nicht nur, dass sie die älteste durch Schrift bezeugte Sprache ist, sondern auch, dass sie mit keiner anderen bekannten Sprache verwandt zu sein scheint. Für Dinge und Personen hatten die Sumerer Namen.

Mit dem Prozess der Namensgebung ist aber auch eine Entindividualisierung der Dinge in der Welt verbunden. Natürlich gleicht kein Baum im Wald dem anderen, trotzdem nennen wir sie alle Baum und können Gruppen und eine Mehrzahl bilden. Im linguistischen Gedankenkonstrukt einer Adamitischen Sprache (Sprache Gottes) wäre das nicht möglich, da jedes individuelle Ding seinen individuelllen Namen hätte. Die Überwindung der göttlichen Namensgebung steht mit der Legende der Babylonischen Sprachverwirrung in Zusammenhang – die Verwirrung hat kühl betrachtet jedoch den Vorteil der Abstraktion.

Letztlich bleibt zum Thema Namensgebung noch die Sapir-Whorf-Hypothese zu benennen, die davon ausgeht, dass Sprache (also eine gemeinschaftliche Konvention über Namensgebung) auch unsere Vorstellung von den benannten Dingen beeinflußt, wodurch Sprache und Denken in untrennbar enge Relation treten. Hast du schon mal probiert an etwas zu denken, ohne dafür Worte im Kopf zu formulieren oder Aussagen wie: „Ich würde meine Tochter nie Cindy nennen, ich kenne nur schreckliche Cindys!“, gehört?

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Alternative Energiequellen

Donnerstag, 01. Mai 2008 18:18

Eigentlich wollte ich ja heute einen längst fälligen Post über deutsche Metrik veröffentlichen, aber da ist mir ein Text vor die Augen gefallen, der eine sinnvolle Low-Tech-Lösung für unser Energieproblem vorstellt und das zu lösen, ist noch viel dringender als Poetik. Also schreibe ich nun darüber, dass Peak Oil erreicht ist und Kernspaltung und Fusion uns nicht retten werden, stelle aber ein Konzept vor, das die weltweite Komplettversorgnung mit Solarenergie nicht mehr illusorisch erscheinen läßt.

Alternative Energiequellen

Treffen sich zwei Planeten, sagt der eine zum andern: „Oh, du siehst aber mies aus. Was hast du dir denn eingefangen?“ Darauf der andere: „Mensch.“ „Ach, keine Sorge“, verkündet der erste, „das geht vorbei.“

Derzeit lebt der Mensch auf der Erde wie ein Parasit. Er verbraucht mehr Ressourcen als nachwachsen, er rodet Wälder, überfischt die Meere, und verschmutzt Land, Luft und Wasser mit seinem Dreck und Müll. Und er benötigt dabei so ungeheuer viel Energie, dass inzwischen der Punkt erreicht ist, an dem die Fördermenge des Erdöls nur noch abnimmt. In einem wissenschaftlichen Bericht der Energywatchgroup vom Oktober 2007 [PDF] heißt es, dass „Peak Oil“ bereits im Jahr 2006 erreicht wurde. Das Jammern, das Ermahnen der Umweltforscher und -aktivisten, die sinnlosen Kriege gegen die OPEC-Staaten, all das hilft nichts. Wenn das Öl alle ist, wird es kalt in Europa und so langsam aber sicher müssen wir uns darauf einstellen, dass das nicht unsere Kinder oder die Kinder unserer Kinder betrifft, sondern uns. Den Tag, an dem uns das Öl ausgeht, werden wir in näherer Zukunft erleben. Denn dass der Mensch seine Verantwortung erkennt und seinen Energieverbrauch reduziert, bevor die Energiequellen erschöpft sind, erscheint illusorisch.

Alternativen müssen her, doch welche? Verlängerte Laufzeiten von Atomkraftwerken, wie sie die CDU derzeit vorschlägt, werden uns nicht retten, da auch die Uranquellen langsam versiegen. Neuer Atommüll würde anfallen, der wiederum irgendwo verklappt werden müßte.

Eine stille Hoffnung von mir, war ja lange Zeit die kalte Fusion. Warum diese aber, selbst wenn sie in den nächsten Jahren gelingen sollte, keine Alternative ist, verraten diese Slides von der ASPO6 Conference im September 2007. Der derzeit verfolgte Ansatz für die Energiegewinnung aus der exothermen Kernfusion besteht darin, einen Deuterium- (2H) mit einem Tritium-Kern (3H) unter Abspaltung eines Neutrons zu einem Heliumkern (H2) zu verschmelzen. So funktionieren Wasserstoffbomben, doch natürlich wollen wir nicht, dass uns der Reaktor um die Ohren fliegt. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das noch beherrschbare Technologie ist. Das Problem: Woher bekommen wir Tritium?

Tritium hat eine Halbwertzeit von ca. 12 Jahren, dann zerfällt es. Es ist radioaktiv und entsteht auf natürlich Weise in den oberen Schichten der Erdatmosphäre durch den Beschuß von Stickstoff mit kosmischer Strahlung. Es fällt auch als Nebenprodukt bei der Kernspaltung an. Allerdings bräuchte ein Fusionsreaktor ca. 56 kg Tritium pro Jahr. Atomkraftwerke liefern derzeit nur wenige Kilos und künstlich mehr Tritium herzustellen, ist bisher aussichtslos. Das Uran für die Kernspaltung ist laut Dr. Michael Dittmar um 2009/2010 alle und Tritium für die Kernfusion kann nicht in ausreichendem Maß produziert werden. Abgesehen davon erzählen Experten seit 20 Jahen, dass die Fusion frühenstens in 30 Jahren funktioniert. Unsere Hoffnungen auf Kernenergie zu lenken, ist scheinbar vergebe Mühe.

Anders sieht das mit erneuerbaren Energiequellen aus. Wasser-, Wind-, Solar-, Geothermie-, Erdrotation-, Biomasse- und Gezeitenkraftwerke sind vorstellbar. Derzeit tragen erneuerbare Ressourcen ca. 6-7 PJ Anteil am Primärverbrauch, Tendenz steigend. Das Problem war bisher, diese Energien zu speichern, bzw. eine konstante Versorgung sicher zu stellen. Denn bei Flaute gibt es bisher keine Windenergie und bei Nacht keine Sonnenenergie. Das könnte sich aber zukünftig ändern, da es inzwischen sinnvolle Ansätze gibt, dieses Problem zu lösen.

Schon im September 2007 schrieb der Spiegel von der Idee zweier us-amerikanischer Brüder, die Windenergie in Druckluft speichern wollen, und zwar nahezu verlustfrei. Gewöhnliche Windräder fangen dazu den Wind auf. Anstelle eines Generators, der die Rotation in Energie umwandelt, befindet sich aber ein Druckluftkompressor in den Rädern. Die komprimierte Druckluft kann dann in alten Erdgasblasen, Salzstollen oder sonstigen Kavernen gespeichert werden. Das Manko ist nur, dass beim Komprimieren Wärme entsteht und beim Dekomprimieren Wärme benötigt wird. Um also den Energieverlust bei dem Verfahren geringt zu halten, müßte ein solcher Windbark mit einem gewöhnlichen Wärmekraftwerk kombiniert und die gespeicherte Druckluft in die schon angewärmte Turbine eingespeist werden.

Sinnvoller erscheint mir ein Ansatz zur Speicherung von Sonnenenergie. Desertec ist eine Vision, die riesige Parabolspiegelfelder an unbewohnten, endlos sonnenbescheinten Orten vorsieht – Wüsten. Ein Feld von der Größe Österreichs mitten in der Sahara könnte den derzeitigen Weltbedarf an Energie decken. Zugleich könnte es die nötige Energie für die in Wüstenregionen dringend nötigen Wasserentsalzungsanlagen liefern und so die Versorgung mit Trinkwasser sicherstellen. Die Parabolspiegel wären an langen Rinnen in Nord-Süd-Ausrichtung angebracht und könnten so dem Lauf der Sonne folgen, um deren Wärmestrahlung zu sammeln. Um auch in der Nacht die Energieversorgung sicher zu stellen, könnte die Sonnenwärme dazu genutzt werden, Salzkristalle zu schmelzen. Kristalisieren diese geschmolzenen Salze wieder aus, geben sie Wärme ab.

Unsere Rettung könnte also tatsächlich so funktionieren, wie diese kleinen Beutelchen, die man im Winter in der Apotheke kaufen kann, die ein kleines Metallplättchen und geschmolzenes Salz enthalten, das auskristalisiert, sobald man das Plättchen knickt. Wenn wir jetzt alle in Null-Energie-Häuser ziehen, vielleicht schaffen wir es ja dann, endlich über unser Parasitendasein hinauszukommen. Müßten wird nur noch unser Müll- und Lebensmittelproblem lösen.

Ich freue mich über informative Links und konstruktive Ideen zu diesem Thema.

Mein neues Chalumeau

Donnerstag, 24. April 2008 16:53

Letzte Woche hatte ich mir ja bei Hahl Blockflöten (ehem. Adler-Heinrich) ein Chalumeau der Limited Edition bestellt. Ich wollte eigentlich schon lange eins haben, seit eine Freundin damals eines anschleppte. Aber ich kam erst letzte Woche nach der Session im B-Flat wieder drauf, als dort jemand ein Bambus-Sax auspackte. Heute morgen klingelte also endlich der Postbote an der Tür und ich konnte mein neues Instrument schlaftrunken in Empfang nehmen.

Wer nicht gerade ein Liebhaber Alter Musik ist, kennt das Chalumeau wohl nur als Orgel- oder Klarinettenregister, wenn überhaupt. Aber dieses hier ist ein eigenständiges Instrument, eine Art Urklarinette, die noch bis ins 17. Jahrhundert hinein in Gebrauch war und dann von der Klarinette abgelöst wurde. Zu spielen ist das Ganze wie eine Blockflöte und sieht auch so ähnlich aus, allerdings bläst man in ein Klarinettenmundstück (also ein einfach Rohrblatt) und der Klang ist, wenn man denn in einiger Übung steht, dem des Chalumeau-Registers der Klarinette in etwa gleich. Ebenso wie die Klarinette überbläst auch das Chalumeau in die Duodezime.

meine Olivenholz Chalumeau in C

Mein Chalumeau ist, wie auf dem obigen Bild erkenntlich, aus schön gemastertem Olivenholz und in C gestimmt, d.h. der tiefste Ton ist das eingestrichene c‘. Aber es gibt auch Exemplare in anderen Stimmungen. Ich konnte mich ja erst nicht entscheiden, ob ich mich eher vom hellen Olivenholz oder vom dunklen Palisander angezogen fühle. Natürlich wirkt ein dunkles Instrument klassischer und ruhiger, aber ich will ja keine Klassik darauf spielen, sondern etwas Portables zum Mont-Albane-Festival mitnehmen. Mein Bauch entschied sich also für Olive.

Nach dem Frühstück habe ich nun genüßlich mein Päckchen ausgepackt und erstmal etwas mit dem Mundstück und der Montage des Blättchens mit den Schraubzwinen zu tun gehabt. Nach rückversicherndem Studium einiger Abbildungen von Klarinettenmundstücken, habe ich aber auch das hinbekommen und gleich kühn versucht, einen Ton aus dem Chalumeau zu bekommen. Ich bin ja blutiger Anfänger, was Blasinstrumente anbetrifft und natürlich kam erst einmal nur warme Luft. Ich habe zwar diverse Blockflöten zu hause, auf denen ich auch schon „Alle meine Entchen“ gespielt habe, aber hey, so’n Rohrblatt ist dann doch noch mal etwas anderes.

Alles Rumprobieren, Lutschen, Nuckeln, Beißen und Pusten wollte keine rechten Ergebnisse liefern. Wie gut, dass es das Internet gibt, wo man dann auf irgendeiner Seite nochmal nachlesen kann, wie man so eine Klarinette eigentlich anbläst und spielt. Auf die-klarinetten.de wurde ich fündig: Unterlippe über die Zähne, Mundstück weit in den Mund schieben und drauf ablegen, mit den Schneidezähnen oben draufbeißen, Lippen rum und los! Quiiieeeck! Ui, ein Ton, aber was für einer – so klingt das aber gar nicht gut. Auch die Atemtechnik ist wichtig, heißt es auf meiner Referenzseite, die alsogleich vorschlägt, das Ganze mal im Stehen und mit ausreichend Zwerchfellatmung zu probieren.

Das ist natürlich leichter gesagt, als getan. Ich habe bestimmt eine Stunde rumprobiert, bis ich meiner Chalumeau das erste tiefe C entlocken konnte. Eine ganz schön sabberige Angelegenheit ist das. Aber meine ersten Erfolge mußte ich natürlich trotz wunder Unterlippe gleich akustisch festhalten. Dem Anlaß unseres nächsten Chor-Konzertes entsprechend, habe ich mir einen kleinen Ausschnitt aus den Catulli Carmina von Carl Orff in d-dorisch ausgesucht. Das ist aufgrund natürlicher Halbtöne erst einmal einfacher zu greifen.

[audio:chalumeau.mp3]

Na gut, na gut, nicht gleich weglaufen, ich geb’s zu, es ist noch ein Genuß für Wenige. Die Quarte ist zu tief, der Weg zur Tonika holprig und man hört mehr verpuffte Luft strömen, als echte Töne. Aber es ist schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen. Jetzt heißt es Üben! Ich verbrate derzeit noch immens viel Luft, was zu dem Nebenrauschen und natürlich schnell zur Ermüdung führt. Wer mir da ein paar Tipps geben kann, wird gern angehört. Gibt es eigentlich irgendwelche erfahrenen Klarinetten- oder Saxophonspieler unter meinen Lesern?

Suchanfrage vom 14.04.08

Montag, 14. April 2008 17:38

Bei Blicken in meine Blogstatistik sorgen die Suchanfragen, mit denen Leute auf meine Seite gefunden haben, immer für die meiste Erheiterung. Ab und an sind da aber auch interessante Fragen formuliert, zu denen ich mich einfach äußern muß. Wo, wenn nicht hier?

Die anonyme Suchanfrage des heutigen Tages lautet:

Wie ist das Metrum vom Erlkönig?

Das Metrum der Goethe-Ballade ist nicht homogen, weshalb es etwas schwierig zu bestimmen ist und zumindest nicht durch einen einzigen Musterbegriff gefaßt werden kann. Dazu die ersten beiden Verse:

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.

(Betonte Silben sind unterstrichen.)

Hier wird deutlich, dass die Zahl der zwischen den Hebungen befindlichen Senkungen zwischen 1 und 2 variiert. Die Analyse der Folgeverse zeigt, dass diese Variation nicht regelmäßig ist, sondern spontan auftritt. Ich würde das Metrum daher als ein heterogenes, überwiegend iambisches mit daktylischen Einschüben bezeichnen. Diese analytisch-trockene Erkenntnis macht aber erst dort Sinn, wo sie in Bezug zu der Wirkung gesetzt wird, die ein solches Metrum erzielt. Geradezu bildhaft ahmt es nämlich den holprigen, aufgeregten Galopp des Pferdes nach, auf dem Vater und Sohn durch die Nacht preschen!

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re:publica’08 – et ego

Donnerstag, 03. April 2008 16:07

Die re:publica ist eine dreitägige Bloggerkonferenz, eine Versammlung der digitalen Bohème, die in diesem Jahr zum zweiten Mal und unter dem Motto „Die Kritische Masse“ stattfindet. Man trifft sich, man tauscht sich aus, man bloggt – auch ich bin diesmal mittenmang. Mein Blogeintrag ist also quasi obligatorisch. Updates erfolgen live…

Tag 01

Der erste Tag der re:publica08 ist rum und nachdem das Ganze heute morgen etwas kühl angelaufen ist, tauten die Leute ab nachmittag langsam auf, um sich miteinander zu unterhalten. Alle um mich herum reden von Twitter, schon seit Tagen, so auch hier. Ich kannte das überhaupt nicht und nachdem man mir erklärte, was es damit auf sich hat, wußte ich auch warum. User kippen SMS-lange Ergüsse über ihre momentanen Belanglosigkeiten ins Netz – großartige Web-2.0-Anwendung! Gut, ich mir also auch einen Twitter-Account zugelegt; was tut man nicht alles für die Akzeptanz in der Welt der Fashion-Victims und Early-Adopter.

Aber es gab auch schon spannendere Themen, z.B. Jörg Richter, der in seinem DeepaMehta-Vortrag über alternative Desktopmodelle nachdachte und Kritik am Semantik-Web äußerte. Dass es Alternativen zu Fenstern, Ordnern und Desktops gibt, wußte ich ja schon wegen Genera, dem Betriebssystem der Lisp-Machines, von dem andreas mir öfter vorgeschwärmt hat. Zu bearbeitende Inhalte werden dort einfach über eine Commandline aufgerufen, während es bei DeepaMehta sogenannte Topic-Maps gibt, die selbstdefinierte Relationen zwischen Daten abbilden. Ganz überzeugen konnte mich das Konzept noch nicht, weil ich fürchte, mich als Zwangsneurotiker im Strukturierungswahn zu verlieren. Letztlich funktioniert meine Welt nämlich wie ein Eschermuster oder ein Apfelmännchen, bei dem alles mit allem irgendwie analog ist und sich diese Analogien quasi endlos fortspinnen, wenn ich nur langgenug drüber nachdenke. Es hätte mich nicht schlimmer treffen können, wenn ich als Kind in den LSD-Topf gefallen wäre.


Chaosradio: Tim Pritlove und Peter Glaser

Sehr interessant war auch Tims Livepodcast CRE 83, in dem er mit Peter Glaser über die Kritische Masse sprach. Ist die Blogosphäre eine kritische Masse? Kann sie etwas bewegen oder ist sie eine hermetische Welt, in der man sich nur gegenseitig liest? Für den in Erinnerungen schwelgenden Glaser war es nicht eben einfach, am Thema zu bleiben. Aber zugehört habe ich ihm trotzdem gerne. Ein Zitat, ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben. Sprache sei das Idealmodell von Demokratie, sinnierte Glaser, sie gehöre jedem, sei public domain und jeder könne sie gebrauchen, verändern und Neues daraus schöpfen. Recht hat der Mann und dahingehend verstehe ich auch den derzeitigen Sprachkonservativismus nicht so recht. Etwas schade fand ich, dass trotz Livestreaming von einer Bloggerkonferenz das Publikum außen vor war – geht es doch gerade den Bloggern darum, eine Gegenöffentlichkeit zu sein und medial zu intervenieren.

Tag 02

Von Tag zwei habe ich eigentlich nicht so viel mitbekommen. In Verenas Vortrag über emergente Intelligenz wurde über den Zusammenhang zwischen kritischer Masse und Emergenz aufgeklärt. Emergenz, so habe ich das verstanden, ist das Phänomen, das eine bestimmte Summe an Einzelindividuen Eigenschaften ausbildet, die das Individuum nicht besitzt. Nehmen wir ein Atom, das hat erst einmal keine Farbe, aber wenn sich viele Atome zu Molekülen zusammenschließen und diese Moleküle sich zu einem Ding zusammenschließen, dann kann das Ding eine Farbe haben. Eine emergente Intelligenz kann sich z.B. in einem Schwarm ergeben, z.B. bei Bienen, Ameisen oder, das ist ja Verenas Domäne, bei Robotern.

Nun wurde natürlich im Anschluß gleich diskutiert, ob emergente Intelligenz nicht auch in der digitalen Gesellschaft auftritt, was ja an sich kein ganz dummer Gedanke ist. Aber als dann die Wikipedia als Beispiel herangezogen wurde, fand ich das dann doch irgendwie an der Sache vorbeischwadroniert und ließ meinen Blick derweil über die äußerst interessante Deckeninstallation des blauen Salons gleiten. Dort waren spiegelartige Folien angebracht und das verzerrte Abbild des Publikums, das dort an der Decke klebte, bildete herrliche Muster.


Kalkscheune: Blauen Salon

Tag 03

Tag drei war, wie von mir erwartet, für mich der interessanteste. In Raum 3 gab es durchgehend Beiträge der „Hard Blogging Scientists“. Ohne davon vorher je gehört zu haben, habe ich mich da beim ersten Blick ins Pogramm der Veranstaltung hingezogen gefühlt. Ich selbst blogge öfter, mehr oder weniger wissenschaftlich, über theoretische Aspekte. Da fühlt man sich auf Dauer auch oftmals unsicher und sucht Kontakt zu anderen Menschen, die Ähnliches tun, um sich mit denen auszutauschen. In dieser Hinsicht konnte ich einige interessante Anregungen einsammeln, Adressen, Ansprechpartner, die ich mir demnächst mal genauer anschauen möchte, um zu sehen, ob es nicht Anküpfungspunkte gibt, gemeinsame Interessen, Ideen, etc. Es wurde z.B. über Plagiarismus gesprochen, ein Thema, mit dem ich als Dichter bereits reichlich Erfahrung gesammelt habe, so viel, dass ich mein Ego inzwischen im Zaum halten kann, sobald ich eines Plagiats angesichtig werde.


Hard Blogging Scientists

Für mich hat damit die re:publica gehalten, was ich mir von ihr versprochen habe – Kontakte knüpfen – während sie mir ja anfangs eher vorkam wie: Alle wichtigen Blogger sind da, deshalb bin ich auch da, weil ich sonst nicht wichtig bin. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass die Veranstaltung mehr Substanz bekommt, dass diesem konstruktiven Zusammenfinden von Interessengemeinschaften mehr Raum gegeben wird. Denn die Macher von Myspace, StudiVZ und Twitter sind bestimmt ganz tolle Hechte, aber die interessieren mich schon online nicht, auf Palaberrunden mit denen, kann ich auch in-the-real-world verzichten.

Suchanfrage vom 30.03.08

Sonntag, 30. März 2008 17:37

Bei Blicken in meine Blogstatistik sorgen die Suchanfragen, mit denen Leute auf meine Seite gefunden haben, immer für die meiste Erheiterung. Ab und an sind da aber auch interessante Fragen formuliert, zu denen ich mich einfach äußern muß. Wo, wenn nicht hier?

Die anonyme Suchanfrage des heutigen Tages lautet:

Wie findet man Kinderpornographie?

Liebe Leute, ich muß auch einmal etwas zum Thema Kinderpornographie sagen, weil es ja derzeit in aller Munde ist. Man findet sie nicht, indem man bei Google nach ihr sucht und das ist im Zeitalter von IP-Tracking, Zensur und staatlicher Überwachung auch eine ganz dumme Idee, das zu tun, weil dann demnächst das SEK vor eurer Tür steht und ihr gesellschaftlich nie, nie wieder Fuß fassen werdet, selbst wenn man bei euch nicht fündig wird. Wenn ihr deutlich Erwachsenen euch sexuell zu Menschen hingezogen fühlt, die das 16 Lebensjahr noch nicht überschritten haben, dann empfehle ich ganz dringend den Gang zu einer Beratungsstelle für Pädophilie. Es gibt dieser wenige, aber es gibt sie. Ich halte es für fragwürdig, Aspekte menschlicher Sexualität als krankhaft zu betiteln (vor 30 Jahren waren auch Schwule krank), aber sie muß ihre Grenzen haben, wo sie die Selbstbestimmung der Beteiligten einschränkt. Kinder sind nicht in der Lage, sich in dieser Frage frei zu entscheiden und ihr solltet deshalb Wege finden, mit eurem Begehren umzugehen, ohne die Jugend zu gefährden. Die seelischen Schäden, die ihr sonst u.U. zufügt, sind nie, nie wieder zu heilen. Laßt euch da helfen!

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Die rhetorische Periode

Donnerstag, 27. März 2008 17:15

Die rhetorische Periode ist ein Ordnungsprinzip formaler Sprache, das meine Sicht auf den freien Vers verändert und geschärft hat. Die Ästhetik der Ausgewogenheit von Wiederholung und Variation, aber auch die Freiheit und Flexibilität individueller Musterbildung erzielen eine spezifische Wirkung und üben einen besonderen poetischen Reiz aus.

Die rhetorische Periode

Ich habe früher oft Texte kritisiert, die sich nur durch optische Zeilenumbrüche als Gedichte zu erkennen gaben, sonst aber formal der Prosa entsprachen. Die Kritisierten wandten ein, dass es sich doch um freie Verse handle, aber ich hatte daran stets meine Zweifel. Mit dem Begriff „Vers“ verband ich einen Grad an Formalisierung, der über Prosa hinausgeht; „frei“ bedeutete für mich nur, dass die sprachliche Formalisierung nicht nach dem einheitsstiftenden metrischen Prinzip funktioniert, sondern nach einem fein ausgewogenen Spiel von Wiederholung und Variation, von Dynamik und Pause, Spannung und Entspannung, Regelaufbau und Regelbruch, etc. pp.

In Manfred Fuhrmanns „Antiker Rhetorik“ (im übrigen eine insgesamt sehr empfehlenswerte Lektüre) stieß ich schon vor einigen Jahren auf das formale Prinzip der rhetorischen Periode, das ich für einen wichtigen Aspekt zum Verständnis des freien Verses halte. Das trifft natürlich auch auf den metrischen Vers zu, denn kein zeitliches Ereignis in ihm ist einheitlicher, als die wiederholte Abfolge von Hebung und Senkung. In der rhetorischen Periode haben wir es aber mit syntaktischen Einheiten zu tun, die sich als Kola oder Kommata in einer sehr sorgsam gegliederten Binnenstruktur präsentieren. Zu solchen Kola oder Kommata finden sich Worte, Phrasen und Sätze. Jeder Linguistikstudent wird die hierarchischen Stemma kennen, die sich aus einer Satzanalyse ergeben. Bei einer rhetorischen Periode liegt eine wie auch immer geartete Form von Symmetrie innerhalb dieses Stemmas vor.

Ein Beispiel des Fachbereichs Linguistik der Uni Potsdam:

  1. Wie lange noch, Catilina, willst du unsere Geduld missbrauchen? Willst du uns mit deiner Tollheit noch lange verhöhnen? Merkst du nicht, dass deine Dreistigkeit vermessen ist?
  2. Wie lange noch, Catilina, willst du unsere Geduld missbrauchen? Bis wann soll deine Tollheit uns noch verhöhnen? Wie weit wird zügellose Dreistigkeit sich noch vermessen?

Inhaltlich haben beide Texte gleichen Gehalt. Formal unterscheiden sie sich aber erheblich voneinander, wodurch sie eine völlig andere Wirkung entfalten. Sehr deutlich zeigt der zweite Text ein Ordnungsprinzip, das auf der Parallelisierung der syntaktischen Einheiten beruht, ergo der rhetorischen Periode entspricht. Jeder der drei Sätze im zweiten Text ist grammatisch gleich oder sehr ähnlich gebaut. Es handelt sich um drei Fragesätze, die zuerst eine adverbiale Angabe, dann das finite Verb, dann das Subjekt, dann das Akkusativobjekt und zu letzt ein infinites Verb anführen.

adverbiale Angabe finites Verb Subjekt Akkusativobjekt infinites Verb
Wie lange noch willst du unsere Geduld mißbrauchen?
Bis wann soll deine Tollheit uns verhöhnen?
Wie weit wird zügellose Dreistigkeit sich vermessen?

Das Prinzip der Wiederholung ist hier also die Parallelisierung der Phrasen. Variation findet sich im ersten Satz durch die eingeschobene Anrede „Catilina“, in nachfolgenden durch das eingeschobene Partikel „noch“, im letzten durch die Rückbezüglichkeit des Objektes „sich“ und in vielen weiteren, kleinen Details. Doch die Parallelisierung ist nur eine Möglichkeit der syntaktischen Ordnung, weitere könnten die Reihung (a1, a2, a3), der Chiasmus (a1 b1 a2 b2), der Krebs und Spiegelung (a1 b1 b2 a2), die Mehrung (a ab abc), die Identität (a, a, a) und dergleichen mehr sein. Die Einheiten können Phrasen, wie Wortgruppen sein, können einzelnde Wörter betreffen (z.B. in der Aufzählung), können Wortarten betreffen oder ganze Sätze.

Die rhetorische Periode präsentiert sich also formal geschlossen, in ihrer Ordnung aber in sich sehr variabel und flexibel. Pausen entstehen an Nahtstellen, aber die Länge der Pausen ist unterschiedlich, ebenso schwankt die Betonungsstärke der betonungstragenden Elemente. Sie ist reizvoll locker gebunden, wirkt aber weder willkürlich, noch wie ein stechschrittiger Marsch. Die Schwierigkeit besteht nicht so sehr in der grammatischen Sachkenntnis (die kann man sich zur Not anlesen, wenn man sie nicht intuitiv mitbringt), sondern in der Sensibilität für Maß und Gewichtung von Einheiten und daraus resultierenden Klangphänomenen, wie Pausen und Betonungen. Die Ästhetik zerbricht hier, wie überall, an einem zu hohen Maß an Wiederholung (daraus folgt Langeweile), ebenso wie an einem zu hohen Maß an Variation (daraus folgt Unordnung).

Von der rhetorischen Periode zum freien Vers

Man kann dieses freie Ordnungsprinzip der rhetorischen Periode über syntaktische Aspekte hinaus weiterspinnen und z.B. auch den Bereich der Phonetik, Semantik und Morphologie mit einbeziehen. Sogar Annäherungen an metrische Prinzipien durch Musterbildung in Silbenzahlen und -längen/Betonungen ist denkbar. Als Beispiel dient der erste Absatz von Friederike Mayröckers „Ode an einen Ort“:

Heimstätte meiner Träume: Hütte Thron Türme Gebälk
Glocken Taubenschwarm vielflügelig verbrieft
geschnäbelt ins graue Licht
ätzend den Trauerhimmel
mit Botschaft von Dir zu mir:

Obwohl dieses Gedicht nicht metrisch ist, zeigt schon die erste Zeile ein deutlich höheres Maß an formaler Gebundenheit als jede Prosa. „Heimstätte meiner Träume: Hütte Thron Türme Gebälk“ – Hier wird vorallem viel mit dem Reim gearbeitet, die syntaktische Figur schließt sich im Zweiten Teil der Zeile dieser Reimschematik an. Man beachte Zunächst die Häufung an /t/ /ä/ /äu/ und /ü/. Dann folgt die Sequenz „Träume – Hütte – Thron – Türme – Gebälk. Dies ist syntaktisch gesehen eine Reihung, Aufzählung, lautlich ist sie am /o/ von Thron gespiegelt: ä-ü-o-ü-ä. Semantisch wird der Traum zur Spiegelachse, denn die vier folgenden Begriffe sind Lokalitäten (Orte), ebenso wie die „Heimstätte“ am Anfang der Zeile. Es finden sich weitere Klangparallelen zwischen /ei/ und /äu/ und zwischen /äu/ und /ü/. Auch das /h/ wird exponiert. Das harte Gebälk am Schluß sprengt diese Klangkaskade schroff auf, nicht nur durch seinen stimmhaften, gutturalen Anfang /g/, sondern auch und vorallem sein gutturales und stimmloses Ende /k/ (harte Kadenz). Wir haben es hier mit einem Paradebeispiel dür den freien Vers zu tun, nicht metrisch, nicht prosaisch, sondern ein Ding in der Mitte.

Eine solche formale Strukturierung von Sprache macht den grafischen Zeilenumbruch als Kennzeichnung poetischer Sprache meines Erachtens überflüssig, da die Sprache selbst schon ausreichend poetisch ist, um nicht als Prosa verkannt zu werden (was nicht heißt, dass der Zeilenumbruch keine berechtigte Funktion hätte). Aber hier zeigt sich, warum auch die im Fließtext gedruckten „Petites poèmes en prose“ von Baudelaire auch ohne optische Gliederung durch Zeilenumbrüche immer noch als verses libres zu erkennen sind.

Ich habe mich selbst nie an den vers libre gewagt, weil ich ihn in der Tat für ein Wagnis, ein höchst anspruchsvolles Unterfangen halte. Aber ich habe sehr schöne freie Verse gelesen und mich in Prosatexten schrittweise in der freien formalen Musterbildung probiert. Der freie Vers ist und bleibt ein äußerst interessantes sprachliches Phänomen; die rhetorische Periode hat mir geholfen, mich dafür zu sensibilisieren.

________
Quellen:

  • Manfred Fuhrmann, „Die antike Rhetorik“, Artemis & Winkler, 19954, S. 139f
  • Mayröcker zitiert aus: Karl Otto Conrady, „Das grosse deutsche Gedichtbuch“, Athenäum Verlag, 1977

Suchanfrage vom 27.03.08

Donnerstag, 27. März 2008 15:54

Bei Blicken in meine Blogstatistik sorgen die Suchanfragen, mit denen Leute auf meine Seite gefunden haben, immer für die meiste Erheiterung. Ab und an sind da aber auch interessante Fragen formuliert, zu denen ich mich einfach äußern muß. Wo, wenn nicht hier?

Die anonyme Suchanfrage des heutigen Tages lautet:

Darf man ein Gedicht kopieren, wenn man den Autor drunter schreibt? | Darf ich ein Gedicht ins Internet stellen?

Man muß hier unterscheiden zwischen dem Kopiervorgang selbst und der Weiterveröffentlichung des Kopierten im Internet. Kopieren darf man (macht man ja schon, wenn man eine Seite im Browser aufruft), Weiterveröffentlichen grundsätzlich nicht, auch nicht, wenn man den Autor angibt. Und zwar weil das Urhebergesetz besagt, dass man den Autor (zum Schutz vor Mißbrauch seines Werkes) um Erlaubnis bitten muß, damit dieser ggf. Bedingungen mit einem aushandeln kann.

Im Netz gibt es inzwischen viele Autoren, die unter bestimmten Lizenzen veröffentlichen, z.B. CreativeCommons. Diese Lizenzen geben die Bedingungen an, unter denen man kreative Werke weiterveröffentlichen darf. Dann muß man den Autor nur fragen, wenn man unter abweichenden Bedingungen veröffentlichen möchte. Anständige Verfasser- und Quellenangaben sind aber meist unabdingbar.

Wenn man nicht weiß, wer der Autor eines Gedichtes ist, verbietet sich also quasi schon die Weiterveröffentlichung, weil man weder über die Lizenzen Bescheid weiß, noch nachfragen kann. Wenn man sich unsicher ist, wer der Verfasser eines Gedichtes ist, hilft es in gewissen Fällen auch, einfach einen beliebigen Vers aus dem Gedicht in Gänsefüßchen in eine Suchmaschine einzugeben und in den Ergebnissen nach der ältesten Veröffentlichung Ausschau zu halten.

Erläuterung des Gesetzestextes

Auszug aus dem Urhebergesetz der BRD:

§1 Die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes.
§12 (1) Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist.
§13 Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.
§14 Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.
§51 Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.
§63 (1) 1Wenn ein Werk oder ein Teil eines Werkes in den Fällen des § 45 Abs. 1, der §§ 45a bis 48, 50, 51, 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 sowie der §§ 58 und 59 vervielfältigt wird, ist stets die Quelle deutlich anzugeben.

§1 – Das bedeutet, dass jedes irgendwo veröffentlichte Gedicht welches Verfassers auch immer, automatisch urheberrechtlich geschützt ist und der Verfasser sein Recht am Werk geltend machen kann, wenn er es verletzt sieht.
§12(1) – Nicht du bestimmst, dass es okay ist, wenn du ein fremdes Gedicht auf deine Seite stellst, sondern der Autor. Auch wenn der Text schon auf anderen Seiten steht, du mußt den Autor um Erlaubnis bitten, es auch auf deine Seite setzen zu dürfen.
§13 – Unter ein fremdes Gedicht darfst du nicht einfach deinen eigenen, keinen oder einen anderen Namen schreiben (Plagiat), sondern nur genau das, was der Autor mit dir verhandelt hat.
§14 – Wenn du mit einem fremden Gedicht oder Auszügen daraus Schabernack treibst, es z.B. veränderst oder in einen unpassenden Kontext einbettest, dann hat der Autor alles Recht der Welt, dich dafür zur Verantwortung zu ziehen.
§63 Außer dem Fall §51 (Zitat) trifft in der Situation „Gedicht ins Internet“ keiner der im Gesetzestext angeführten Ausnahmefälle zu, d.h. wenn du Teiles eines Gedichtes zitierst, dann bitte mit Angabe des Titels, des Verfassers und der Quelle, wobei ein Zitat natürlich im Umfang angemessen kurz sein muß. Du darfst nicht den gesamten Text ungefragt einstellen, auch nicht mit den geforderten Angaben, weil das den Umfang des Zitats übersteigen würde.

So, bevor du also einen fremden Text einfach auf deiner Seite einstellst, solltest du dir wirklich ganz sicher sein, dass der Verfasser damit einverstanden ist, bzw. du dich gesetzeskonform verhältst, sonst kann es u.U. nämlich ganz schön teuer werden, wenn eine anwaltliche Abmahnung ins Haus schneit.

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Suchanfrage vom 24.03.08

Montag, 24. März 2008 18:35

Bei Blicken in meine Blogstatistik sorgen die Suchanfragen, mit denen Leute auf meine Seite gefunden haben, immer für die meiste Erheiterung. Ab und an sind da aber auch interessante Fragen formuliert, zu denen ich mich einfach äußern muß. Wo, wenn nicht hier?

Die anonyme Suchanfrage des heutigen Tages lautet:

Warum verändert sich Sprache?

Sprachwandel hat innere und äußere Faktoren. Zu den äußeren Faktoren zählt z.B. die Vermischung von Volksstämmen durch Ein- und Auswanderung, wofür das Türkendeutsch ein schönes Beispiel ist. Auch die Festlegung akademischer Standards kann Sprache beeinflussen, jüngst passiert durch die Rechtschreibreform der Rot-Grünen-Koalition. Ebenso beeinflussen Medienwechsel wie der Buchdruck oder der Siegeszug des Internets die Sprache, aber auch Epidemien und die damit einhergehende Ausrottung von Sprechergruppen können Sprache verändern. Zu den internen Faktoren zählen Lautwandelerscheinungen, so sagt man im Süden Deutschlands z.B. eher Apfel und nicht wie im Norden Appel. Aber auch lexikalische Veränderungen (also Änderungen in der Bedeutung von Wörtern) sind bekannt, so hatte das englische „gay“ früher eine ganz unverfängliche Bedeutung. Auch die Morphologie und Syntax sind Veränderungen unterworfen. Sebastian Sick vermißt z.B. zunehmend den Genitiv in der deutschen Sprache. Es gibt also eine ganze Reihe von Gründen für die Veränderung von Sprache. Dass sie sich verändert ist natürlich und zeugt von ihrer Lebendigkeit. (Mehr dazu unter Lebendige Sprache verändert sich)

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Warum heißt Ostern eigentlich Ostern?

Sonntag, 23. März 2008 21:42

Ich muß ja zugeben, weder besonders religiös, noch besonders feiertagsgeil zu sein, weshalb mir Ostern eigentlich wurscht ist. Aber als ich gerade so saß und grübelte, schoß mir diese Frage in den Kopf. Ostern ist doch ein ganz schön komisches Wort dafür, dass einer gekreuzigt wird. Gut, klar, eigentlich handelt es sich ursprünglich um ein heidnisches Fest zum Frühlingsäquinoktium, ebenso wie Weihnachten eigentlich die Wintersonnenwende gefeiert wurde. Aber die Weihnacht ist eben auch nach der geweihten Geburtsnacht Jesu Christi benannt.

Die Wikipedia verrät, dass sich außer mir schon ein paar andere Leute diese Frage gestellt haben und dass zwar sinnvolle Lösungen gefunden, aber nie bewiesen werden konnten. So gehen die einen Thesen eher auf die heidnischen Bräuche, die anderen eher auf die christlichen ein. Jakob Grimm nahm z.B. an, dass es eine germanische Götting namens Ostara (ae. Eostrae) gab, die ungefähr gleichbedeutend mit der griechischen Göttin, Eos, war. Denn Ostern war der Name für ein heidnisches Lichtfest und Eos war die Göttin der Morgenröte. Der mittelalterliche Theologe, Honorius von Autun (fl. 12. Jh.), leitete Ostern von Osten ab, der Himmelsrichtung, in der die Sonne aufgeht, was ein Symbol für die Auferstehung ist. Auch wurde die österliche Taufe traditionell im Morgengrauen durchgeführt. Die Nähe von „easter“ und „east“ würde zu dieser Erklärung gut passen. Eine andere Erklärung schlägt vor, dass eher die weißen Taufkleider ausschlaggebend für die benennung der Osterwoche als albae paschales waren und dass das ahd. Wort für alba „eostarum“ war. Ebenfalls auf die Taufe spielt die These des Namensforschers Jürgen Udolph an, der in diversen nordgermanischen Sprache den Wortstamm ausa („mit Wasser begießen“), bzw. austr („gießen“) ausgemacht haben will.

Na ja, so kann ich vermutlich also auch nicht klären, warum Ostern Ostern heißt. Aber als Mediaevist sympathisiere ich natürlich mit Honorius, zumal seine die älteste handfeste Erklärung ist. Habt ihr andere Thesen oder Ideen? Dann her damit!