Kaleidoskop

Kaleidoskop

Da das Gedicht u.a. graphisch realisiert ist, biete ich es hier bisher nur als PDF und MP3 zum Download an. Die Idee, dass der Text zwar strophische Gliederung, aber weder Anfang, noch Ende hat, realisiere ich unterschiedlich. In der Audioaufnahme wird ein- und ausgeblendet, während ich mich im Print für eine sternförmige Anordnung entschieden habe. Ich könnte mir für die Onlinepräsentation eine scrollende endlos Textanimation (flash, javascript, php) gut vorstellen, habe aber bisher zu wenig Scriptingerfahrung, um das ad hoc umzusetzen, bzw. in dieses System einzubinden. Falls sich jemand mit Programmiererfahrung berufen fühlt, mir dabei zu helfen, würde ich mich wirklich riesig freuen. Mail mir einfach: lev[AT]abgedichtet[DOT]org!

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Audio

[audio:lev24.mp3]

Zur Entstehung

Dies ist das Gedicht mit der längstens Entstehungszeit. Eine Überprüfung meiner datierten Aufzeichnungen dazu ergab knapp ein Jahr Arbeitszeit von April 2004, als ich erste Ideen hierzu niederschrieb, bis April 2005 als ich endlich den Abschluß der letzten Ausbesserungen vermelden konnte. Ein Jahr lang marterte dieses Projekt mein Hirn und dementsprechend weich machte es es.

Verzaubert von den Eindrücken, die der in Trance versetzende Blick in ein Kaleidoskop bietet, kam mir der irre Gedanke, ein Gedicht in Form des Bildes in einem Kaleidoskop zu verfassen. Aber welche Form hat ein Kaleidos? Zunächst fällt mir dazu eine bis ins Unendliche gespiegelte, musterbildende Symmetrie ein, in der schon eine Perle ein Netz aus zyklischen Wiederholungen spinnt. Dann denke ich an ein gleichseitiges Dreieck aus Spiegeln, ein Prisma, das das Sonnenlicht reflektiert und tausend, tanzende Farben daraus generiert. Ich dachte an eine mathematisch ausgewogene Form sprachlicher Geometrie. Ich hatte mir Flächen aus sternförmig angeordneten Hexaedern und den Weg der Spiegelungen zu komplexen Mustern aufgezeichnet und wußte, dass sich alles vom Kleinen ins Große selbst wiederholen mußte. Aber wie sprachlich umsetzen, mit welchen Inhalten füllen?

Mir standen die Möglichkeiten des metrischen Versbaus zur Verfügung. Ich wollte keine Endreime, die wären zu vordergründig, aber doch irgendeine Möglichkeit eine Symmetrie der Versenden und -anfänge wahrzunehmen, eben eine Strophengestaltung und schon dies war die Arbeit mehrerer Monate, die von mir gewählten Zahlen und Maße durch metrische Elemente wiederzugeben. Welche und wie geordnet, war die Frage. Als ich endlich eine ungefähre Vorstellung davon hatte, reichte es mir nicht. Ich wollte die kaleidoskopische Form auch auf semantischer Ebene widerspiegeln, was mich in Richtung der inhaltlichen Idee brachte, hier einen von harmonischen Mustern geprägten Kosmos zu beschreiben. Es fehlte mir schmerzlich die grammatische Ebene, die ich plötzlich am treffendsten durch das Apokoinou realisiert sah. Ich hatte mich in „Odeur“ erstmals daran probiert und seine fließende Wirkung schätzen gelernt. Ich baute mir also eine Grammatik, die keine klaren Konturen hatte, aber sich in einer endlos Schleife immer wieder aus sich selbst generiert und fließend ineinander übergeht.

Der graphischen Formalisierungsebene immer skeptisch gegenüberstehend, hatte ich daran zunächst gar nicht gedacht. Doch Uni-Kurse zur modernen Lyrik hatten in diesem Zusammenhang plötzlich auch diese Möglichkeit attraktiv gemacht. Wenn ich schon ein Gedicht schreibe, das keinen Anfang und kein Ende hat, sondern ein fortwährendes Muster aus sich in der Wiederholung selbst immer neu generierenden Elementen ist, dürfte es auch auf dem Blatt keinen linear zu lesenden Text geben und also gefiel mir die kreisrunde Anordnung. Erst als sich das Ausmaß der Gestaltung in einem Gesamtplan für mich abspiegelte, konnte ich mich wirklich an eine Textarbeit machen und die ging dann verhältnismäßig zügig von statten.

Sicher wird niemand je das bei dem Text empfinden, was er für mich nach wir vor bedeutet. Man wird sich mit der inhaltlichen Deutung schwertun, die Grammatik nicht nachvollziehen können, die Systematisierung der Sprache im großen und ganzen als unangenehm gekünstelt empfinden und vergeblich nach dem Muster suchen, das sich unfaßbar, aber omnipräsent im Hintergrund verbirgt. Und gerade darin liegt für mich die Wahrheit dieses Textes, der selbst ein Kaleidos dessen ist, was er wiederzugeben versucht.

2 Kommentare zu “Kaleidoskop”

  1. fatcat
    April 24th, 2009 18:53
    1

    Auch diese Ersteindrücke mag ich dir noch nachreichen, bevor ich mich ganz aus der Communité zurückziehe:

    Wahnsinn: Da kann man erstmal nur ergriffen und inbegriffen lauschen, deiner tollen akustischen Umsetzung sei gedankt. Ein prüfender Blick in die pdf, die ich mir gleich am am Monitor anschaue, wo ich mir von einer kleinen Draufsicht aus einen Ort zum Einsteigen suche, heranzoome, mal mich an dieser Zeile ganz berausche, mal auf einer benachbarten weiter gleite, um urplötzlich auf einen gegenüber sprießenden Strahl abzuspringen… was dann zu Verdrehungen, erst meines Kopfes, dann der pdf-Ansicht führt … :-I ich muss es unbedingt für mich ausdrucken …

    Toll! Mehr kann ich im Moment gar nicht dazu sagen. Vielleicht später mehr.

    LG

    fatcat

    Mach’s gut, Vamp

  2. LeV
    August 8th, 2009 19:04
    2

    Dieser Text ist wie ein Möbiusband. Ich könnte ihn hier nicht als Corpus online stellen, sondern bräuchte eine Art Flashanimation in der er quasi endlos durchscrollt, ohne Anfang und ohne Ende. In der Aufnahme habe ich probiert, diesen Effekt durch das Ein- und Ausfaden zu erzielen, aber auch das ist nur ein schwacher Ersatz für das Konzept des Textes. Es ist einfach schwierig, etwas rundes in der Linearität der Zeit, in der wir ja irgendwie gefangen sind, darzustellen.

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