Oder ich schreib es untereinander…
Mittwoch, 15. Oktober 2008Xipulli hat mich gerade auf einen Dialog eines Buchmesse-Korrespondenten des Spiegels im SpOn hingewiesen. Mal abgesehen davon, dass es sich das „Kafkas-Porno-Skandal-Blatt“, der Spiegel, eigentlich nicht mehr leisten kann, über die intellektuelle Abgedroschenheit von Autoren, Verlagen und Buchmesse und Mittelmäßigkeit des marktwirtschaftlich bestimmten Schrifttums abzulästern, findet sich in diesem Dialog ein Absatz, den ich wegen seiner Herrlichkeit hier einfach mal anführen muß:
HH: Der Hammer ist immer schon eine schlechte Metapher gewesen, außer im Heavy Metal, Sven! Weißt du schon, was du in deinem Blog schreiben willst?
Sven: Irgendwas Erbauendes. Was die Leute aufrichtet in schwerer Zeit. Was man da so erlebt auf der Buchmesse und so. In kurzen, knappen Sätzen. Die trotzdem schön sind.
Oder ich schreib
Es untereinander
Dann
Ist es ein
Gedicht.
Es scheint inzwischen also auch anderen als mir irgendwie schon aufgegangen zu sein, dass das derzeitige Verständnis des Wortes „Gedicht“ irgendwie hirnrissig sinnentleert ist und eigentlich nur noch an formal graphischen Aspekte eines Textes festzumachen ist. Danach wäre das Gedicht die einzige Textform, die sich auf Grund ihres schriftlichen Layouts auf dem papier definiert und nicht etwa wie andere Texte anhand ihrer sonstigen Sprachformalen, semantisch-perspektivischen oder funktionalen Aspekte.
Ich habe darüber ja immer den Kopf geschüttelt, weil es nicht mit meiner Idealvorstellung zusammenpassen will, das ein guter Dichter heutzutage wohl eher Grafikdesigner als Sprachakrobat sein muß und mich mit mir selbst darauf geeinigt, dass ich das, was ich so geschrieben habe, in einem gedruckten Buch wohl eher nicht mehr Gedicht nennen würde, weil dieses Wort beim Leser einfach völlig falsche Assoziationen von dem auslöst, was ihn erwartet.
Aber ja, gut, ich muß das jetzt nicht weiter breittreten. Hatte ich ja vor zwei Jahren schon im Artikel Das Auge erkennt den Vers und besonders produktiv ist es ja nun auch wieder nicht, sich daran festzubeißen. Also akzeptiere ich für mich und meine Sprachakrobatik einfach, dass der graphische Aspekt, der ja durchaus Bestandteil unserer Sprachkultur ist, einfach eine weitere Dimension für meinen Kreativpool ist. Damit – nicht mit der Reduktion darauf – kann ich leben.