Archiv für die Kategorie 'Berlin'

LehrerIn für Jazz-Klavier gesucht

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Kurzfassung: Suche LehrerIn Nähe P’Berg für 2-4 h Jazz-Klavier im Monat. Möchte Voicings lernen, um mich selbst am Klavier zu begleiten. Habe Ahnung von (klassischer) Musiktheorie, aber keine von Jazz-Klavierpraxis. Wenn du mich angemessen zum Üben trittst, werde ich dich angemessen dafür bezahlen. Bitte melde dich bei mir oder leite mein Gesuch an jemanden weiter, den du für geeignet/interessiert hälst! (mehr …)

things I’ve learned at the #cccamp11

Donnerstag, 11. August 2011

A big thanks to all the organizers and helping hands for this years CCCamp at Finowfurt airport. It’s been absolutely great, especially the lights during the night and all the gadgets people brought from all over Germany and the rest of the world. This time I did very few organizational work: My job was to allocate the villages at the camp ground, which was marvellous, since I met a lot of people and got best oriented. Here are some of the camp impressions most striking to me. (mehr …)

det/dit – dat/et

Mittwoch, 18. Mai 2011

Vor ungefähr vier Jahren hatte ich mich hier im Artikel det/dit – Oong uff! darüber gewundert, dass ich bei der Ausübung meines Berliner Dialektes konsequent zwischen det und dit unterscheide, wobei ich det für die Konjunktion „dass“ und dit für den Artikel „das“ verwende. Eine sprach-historische Erklärung für diesen Gebrauch hatte ich allerdings bisher nicht. (mehr …)

Kriminalistische Kodikologie

Mittwoch, 20. April 2011

In der Welt der Geschlechterklischees heißt es ja, Frauen läsen gerne Krimis. Das trifft auf mich nicht zu, aber dennoch verspüre ich eine eigenartige Lust an kriminalistischen Tätigkeiten, z.B. dem Untersuchen und Beschreiben mittelalterlicher Handschriften. Bevor es Druckerpressen gab, wurden Bücher mit der Hand geschrieben und sie wurden auch mit der Hand bemalt, geklebt, bestempelt und gebunden. Jedes mittelalterliche Buch ist ein Unikat und hat (ungeachtet des Inhalts) eine Geschichte als archäologisches Objekt. Bei der Untersuchung einer Handschrift geht es darum, diese Geschichte zu erzählen. (mehr …)

Polyamorie ist bescheuert!

Sonntag, 27. März 2011

Ich bin nicht polyamor – Polyamorie ist bescheuert!

Ich sage das, obwohl ich in meinem ganzen Leben noch nie in einer monogamen Beziehung gelebt habe. Ich war lange Single, weil ich überzeugt davon war (und bin), dass es moralisch falsch ist, einem geliebten Menschen vorzugeben, mit wem er welche Art von Beziehung aufbauen oder pflegen darf, mit wem er glücklich sein, an wen er denken, mit wem er schlafen oder wen er lieben darf. Ich habe nicht das Recht, dahingehend Zwang auf einen anderen Menschen auszuüben und seine Freiheit diesbezüglich einzuschränken – egal in welcher Beziehung ich selbst zu ihm stehe. Ich räume dieses Recht auch niemandem ein. (mehr …)

Werkeinführung: Deutsches Miserere ~ Paul Dessau

Mittwoch, 17. Februar 2010

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, mahnt Bertolt Brecht gegen das Vergessen deutscher Kriegsverbrechen. Beinahe in Vergessenheit geraten ist auch Paul Dessaus „Deutsches Miserere“, dem dieser Text entstammt. Das reich orchestrierte Oratorium, das 28 Epigramme der Brechtschen „Kriegsfibel“ in facettenreichen musikalischen Tableaux vertont, wurde bisher nur vier Mal aufgeführt. Am 5. März 2010 wird es um 20:00 Uhr im Konzerthaus Berlin am Gendarmenmarkt unter Organisation und Mitwirkung der Berliner Singakademie und unter Leitung Achim Zimmermanns ein fünftes Mal auf einer deutschen Konzertbühne erklingen. Die 28 Bilder der „Kriegsfibel“ werden dazu von Maxim Dessau auf eine Leinwand über der Bühne projiziert. Gegen das Vergessen: Karten an den Abendkassen und im Vorverkauf an den Theaterkassen, unter 030 – 20309-2101 oder online unter www.berliner-singakademie.de oder für Freunde mit 30% Ermäßigung auf die oberen drei Preiskategorien auch bei mir persönlich zur Bestellung.

Deutsches Miserere ~ Paul Dessau

Freitag, 05.03.2010, 20:00 Uhr
Konzerthaus Berlin, Großer Saal
(ehem. Schauspielhaus am Gendarmenmarkt)

Martina Rüping, Sopran
Annette Markert, Alt
Thomas Volle, Tenor
Egbert Junghanns,Bass

Maxim Dessau, Videoprojektion

Berliner Singakademie
Berliner Mozart-Kinderchor und Berliner Mozartini

Konzerthausorchester Berlin

Leitung: Achim Zimmermann

Um 19:00 Uhr am selben Tag findet im Musikklub ein Einführungsvortrag von Prof. Dr. Frank Schneider statt. Dr. Schneider ist Musikwissenschaftler und ehemaliger Intendant des Konzerthauses Berlin.

Gegen das Vergessen – Konzerteinführung

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, mahnt Bertolt Brecht gegen das Vergessen und Verdrängen deutscher Kriegsverbrechen – ein Verdrängen, das in der Rezeption des „Deutschen Miserere“ von Paul Dessau (1894 – 1979) noch heute seinen traurigen Ausdruck findet. Das oratorische Werk, welches Epigramme aus Brechts „Kriegsfibel“ vertont, die Projektion der dazugehörigen Fotografien vorsieht und groß und facettenreich orchestriert ist, wurde insgesamt nur viermal aufgeführt. Eine Tonträger-Aufnahme existiert bis heute nicht.

Bereits 1942 trat Dessau mit der Bitte um Textmaterial an den von ihm bewunderten Dichter Brecht heran. Beide Künstler befanden sich im amerikanischen Exil, eine Niederlage Nazideutschlands gegen die alliierten Streitkräfte war nach Stalingrad bereits absehbar, und in der gemeinsamen Hoffnung auf ein befreites, demokratisches und sozialistisches Deutschland entstand 1947 ein „Deutsches Miserere“, das erste große Gemeinschaftsprojekt Brechts und Dessaus.

Obwohl Brecht nahezu keine neue Zeile für das „Deutsche Miserere“ schrieb, griff er mit seiner Kunstauffassung stark in die Komposition und deren Dramaturgie ein. Die Musik sollte immer dem Text dienen und nie sich selbst genügen. Dessau, der von diesem Ideal einerseits fasziniert war, andererseits aber auch Bewunderung für Arnold Schönberg und die Zwölftonmusik, eine höchst artifizielle Kompositionstechnik, empfand, probierte den Spagat. Auf der einen Seite steht die fast eisige Diktion der Brechtschen Epigramme durch Frauen-, Männer- und Kinderstimmen, auf der anderen Seite werden Cluster und Klangteppiche eines üppigen Orchesters beigemischt. Je 24 Bratschen, Celli und Kontrabässe, reichlich Bläser, darunter ein Heckelphon (ein oboen-ähnliches Holzblasinstrument) sowie ein Trautonium (ein Vorläufer des heutigen Synthesizers) gehören zur Besetzung. Selten erklingt das Ensemble jedoch in Gemeinschaft, jedes der 28 Bilder ist unterschiedlich besetzt und auch in der Dessauschen Dodekaphonie herrscht keine strenge Systematik. Dennoch wird der Zuhörer und -schauer zu keinem Zeitpunkt in Heiterkeit entlassen, sondern durch die Texte, die Musik und die Projektion der Kriegsbilder stets appellierend herausgefordert.

In den USA wurde das „Deutsche Miserere“ nie aufgeführt. „Denn es geht uns an, unsere Entwicklung, unser Elend und unser Weiterkommen“, wird Dessau selbst dazu zitiert. Doch auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1948 wurde das Oratorium nur selten gespielt (UA 1966 in Leipzig). Denn einerseits waren die Aufführungen durch die vorgesehene Ausstattung teuer und aufwendig, andererseits sorgte Dessaus Ambivalenz zwischen Kunst und Ideologie auch in seiner neuen Wahlheimat, der DDR, für Probleme. Seine Bewunderung für Arnold Schönberg und die Benutzung der Zwölftonmusik in seinen Kompositionen wurde mit Argwohn betrachtet und brachte ihm viel Kritik von offiziellen Stellen ein. Dessau wurde zwar mit staatlichen Auszeichnungen überhäuft, aber oft auch durch Nichtaufführung seiner Werke übergangen. Deshalb verwehrte er sich gegen die Vereinnahmung seiner Person durch den Staat und bewahrte sich zeitlebens eine kritische Haltung.

Auch 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung hat das „Deutsche Miserere“ nicht an erschütternder Brisanz verloren. „Der Schoß ist fruchtbar noch“: Noch immer existiert nationalsozialistisches Gedankengut in deutschen Köpfen, noch immer werden Auschwitz und andere Bühnen deutscher Kriegsverbrechen geleugnet und noch immer ist der deutsche Gehorsam, der blind für Unterdrückung, Ausbeutung und Manipulation ist, charakteristisch. Ohne die zahlreichen Menschen, die Hitler und seiner faschistischen Ideologie gefolgt sind, wäre Nazideutschland undenkbar gewesen und auch jetzt noch muss gegen dieses Vergessen gekämpft werden.

Die Aufführung des „Deutschen Miserere“ am 5. März 2010 im Konzerthaus Berlin am Gendarmenmarkt wird insgesamt die fünfte sein. Unter der Leitung Achim Zimmermanns werden um 20:00 Uhr im Großen Saal die Berliner Singakademie, das Konzerthausorchester, der Berliner Mozart-Kinderchor, die Berliner Mozartini und namhafte Solisten Dessaus Oratorium auf der Bühne darbieten. Mit der Projektion der Bilder aus der „Kriegsfibel“ von Bertolt Brecht ist der Filmregisseur und Sohn Dessaus, Maxim Dessau, betraut.

Claudia Furtner
i. A. der Berliner Singakademie e.V.

Neues von der Judäischen Volksfront

Freitag, 23. Januar 2009

Okay, in Zeiten der Krise im mittleren Osten darf man solche Witze vielleicht gar nicht mehr machen. Aber kennt ihr das noch – die Verwirrung um die judäische Volksfront und die Volksfront von Judäa aus „Life of Brian“?

So komme ich mir immer wieder vor, wenn Zeitungen über Angelegenheiten der Sing-Akademie zu Berlin schreiben. Das Hamburger Abendblatt berichtet nämlich vom Montezuma-Urteil des BGH. Gut, das mag vielleicht nach 20 Jahren Mauerfall irgendwie total unklar sein, aber in Berlin gibt es aufgrund der einstigen Teilung zwei Singakademien und die Berliner Singakademie, also die Vereinigung, die 1963 im ehem. Ostteil gegründet wurde, ist nicht die Klägerin im Urheberrechtsstreit. Es ist in der Tat die Sing-Akademie zu Berlin, die die alleinigen Rechte am Notenarchiv der 1791 gegründeten Singakademie, der auch Größen wie Goethe, Schiller und Mendelssohn angehörten und durch die die Laienchorbewegung in die Existenz kam, für sich beansprucht. Dieses Archiv wurde 1999 aus Kiew zurück nach Berlin geführt und wird seitdem krakenartig von den Kollegen bewacht. Dies zeigte sich überdeutlich, als man 2005 beim Düsseldorfer Kulturfestival „Altstadtherbst“ die 2002 im Archiv wiederentdeckte Verdi-Oper „Montezuma“ aufführte, woraufhin die Sing-Akademie zu Berlin als Hüterin des Grals einen Schadensersatz verlangte.

Und schon damals liefen bei uns die Telefone mit wütenden Anrufen aufgebrachter Bürger heiß. Es war gar nicht so einfach, diesen und all den Berichterstattern da draußen beizubringen, dass die judäische Volksfront, ähem, die Berliner Singakademie und die Sing-Akademie zu Berlin zwei Paar Schuhe sind. Die Berliner Singakademie hat mit dem Archiv, mit Montezuma und dem Urheberrechtsstreit nichts zu tun und ist selbst der Meinung, dass Musik nur dann sinnvoll ist, wenn sie auch zu Gehör gebracht wird. Vielen Mitgliedern ist dabei unklar, wie sich die Kollegen als Urheber einer 100-Jahre alten Musik betrachten können. Nun hat auch der BGH dieser Paragraphenreiterei ein Ende bereitet und entschieden, dass die Sing-Akademie zu Berlin keine Verwertungsrechte an der Oper hat.

Ich selbst bin seit 10 Jahren Mitglied der Berliner Singakademie und kenne das ewige Hin und Her um die Namensschwestern nur zu gut. Für das Neben- und Miteinander der beiden Singakademie könnte 2009 jedoch neue Meilensteine bringen. In diesem Jahr jährt sich der Geburtstag Felix Mendelssohns zum 200. Mal. Beide Singakademie berufen sich auf diesen Traditionsträger und um sein Jubiläum gebührend zu feiern, haben Konzertveranstalter beide Singakademien zu gemeinsamen Konzerten eingeladen. Ich hoffe für uns, die Tradition der Laienchorbewegung und natürlich für das Musikleben Berlins, dass diese Zusammenarbeit den Blick für gegenseitige Sympathien eröffnen und die Kollegen zur Reflexion anhalten möge: Warum sollten sich nach 20 Jahren der Wiedervereinigung denn nicht beide Singakademien zu einer einzigen zusammentun?

Werkeinführung: Orff ~ „Catulli Carmina“ | Strawinksy „Les Noces“

Dienstag, 03. Juni 2008

Am 22.06.08 wird mein Chor, die Berliner Singakademie, sein 4. und letztes Abonnementkonzert in dieser Saison aufführen. Mit Carl Orffs „Catulli Carmina“ und Igor Strawinskys „Les Noces“ haben wir uns zwei Stücke mit extravaganter Besetzung herausgesucht: Solisten, Chor, Schlagwerk, vier Klaviere und Tänzer sehen die Komponisten vor. Ab 20:00 Uhr bringen wir dieses Programm im Großen Saal des Konzerthauses Berlin (am Gendarmenmarkt) auf die Bühne. Freunde erhalten ihre Karten wie immer bei mir zu reduzierten Preisen. Ansonsten besteht die Möglichkeit, Karten online zu bestellen. Nun aber weiter mit der Werkeinführung.

Werkeinführung

Carl Orff ~ „Catulli Carmina“

„Odi et amo. Quare id faciam?“ – „Ich hasse und liebe“, heißt es im berühmten Carmen 85, „warum muß ich das?“ Das Lied des Cäsar-Zeitgenossen Gaius Valerius Catullus nahm Carl Orff 1930 zum Anlaß, um einige A-Cappella-Gesänge um die Verse des römischen Dichters zu komponieren. Gleichsam leitete sein Entdecken für Orff eine Phase der Erkundung der klassischen Antike und der lateinischen Sprache ein, in deren Zusammenhang später auch die „Carmina Burana“ mit ihrem gewaltigen Eingangschor „O, Fortuna“ entstanden. Der Erfolg der „Carmina Burana“ veranlaßte Orff, sich 1940 noch einmal intensiver mit dem Catull-Stoff zu befassen.

Catull schreibt als einer der ersten Dichter aus der Ich-Perspektive über die Liebe und seine Verliebtheit in eine weibliche Ikone namens Lesbia. Hinter Lesbia, so vermuteten einige Literaturhistoriker, stehe die adlige Römerin Clodia Pulcher, zu der der Dichter ein heimliches Verhältnis gehabt haben soll. Über dessen Verlauf, vom Buhlen über das Zusammenkommen und schließlich bis zum Bruch, berichten angeblich die Lieder Catulls. Ganz so biographisch beurteilt man die Texte heute nicht mehr, und auch Carl Orff kommt es in seinen 1943 uraufgeführten „Catulli Carmina“ auf das Nebeneinander von Erfüllung und Verzweiflung in der Liebe an.

Die sechs frühen A-Cappella-Lieder erweitere er auf elf Stücke und rahmte diese mit einem von zahlreichem Schlagwerk und vier Klavieren begleiteten Ein- und Auszug, dessen Text der Lateinliebhaber Orff selbst verfaßte. Das Stück bekommt eine dramatische Dimension und wird zu einem Spiel im Spiel. Catull und Lesbia treten als Figuren einer Liebesgeschichte in drei Akten auf, die einige alte Herren erzählen, um den jungen Männern und Frauen in ihrer Runde ihren übermäßigen Liebeseifer auszutreiben. Wie im griechischen Theater greift der Chor immer wieder sinnierend ein und zählt in „Da mi basia mille“ unter anderem die Küsse des verliebten Paares. Trotz der Allgegenwärtigkeit des Scheiterns, die sich in der mehrmaligen Wiederholung des „Odi et Amo“ manifestiert, siegt am Ende der Eros, die umfassende Macht der Liebe.

In unserem Konzert am 22. Juni 2008 werden Tänzer und Tänzerinnen der Hochschule für Schauspielkunst, „Ernst Busch“, sowie der Staatlichen Ballettschule Berlin unter der Choreographie Louise Wagners das Bühnengeschehen um Catull und Lesbia darstellen. Wir freuen uns ganz besonders auf diese Zusammenarbeit, mit der wir dem selten aufgeführten Werk Carl Orffs ein Stück seiner ursprünglichen Konzeption zurückzugeben versuchen.

Igor Strawinsky ~ „Les Noces“

Anregungen für die „Catulli Carmina“ nahm Orff sicherlich auch von einem seiner Vorgänger, Igor Strawinky. Dieser dachte bereits 1913 das erste Mal daran, ein Stück für die Ballets Russes unter Sergei Djagilew zu komponieren, in dem auch gesungen werden sollte. Die Texte dafür schrieb der Komponist selbst und nahm dabei traditionelle russische Hochzeitslieder sowie Melodien der russischen Volksmusik zur Grundlage, ohne diese jedoch direkt zu zitieren.

Die Besetzung ist die gleiche wie bei Orff, Solisten, gemischter Chor und zahlreiches Schlagwerk, ungestimmt und gestimmt, darunter vier Klaviere. Anders als Orff wollte Strawinsky die Musiker jedoch auf die Bühne, zwischen die Tänzer platzieren, sichtbar und gegen jeden Versuch des kontemplativen Zuhörens ankämpfend. An eine solche Umsetzung war allerdings nicht zu jeder Phase der langen Entstehungsgeschichte von „Les Noces“ („Die Bauernhochzeit“, russ. „Swadjebka“) zu denken. Zehn Jahre überlegte und arbeitete Strawinsky an dem Werk, zum dem ihm zunächst eine ähnliche Orchestrierung wie in „Le Sacre du Printemps“ mit 150 Musikern vorschwebte. Auch an eine Aufführung mit zwei Harmonien, die automatisch auf einer Rolle gespeicherte Musik abspielen konnten, dachte er zeitweilig.

Doch diese Versionen verwarf er zugunsten einer neuartig reduzierten, mit klaren Klängen und rhythmischen Reizen gespickten Ballettkantate, die im Juni 1923 uraufgeführt wurde und einen frischen, deutlich von überladener Romantik abgewandten Zeitgeist verkörperte. In vier Bildern entfaltet sich das experimentelle Bühnenstück. Dabei wird die Zeremonie der Bauernhochzeit selbst gar nicht geschildert, im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen vielmehr die Vor- und Nachbereitungen, das Verhalten der Hochzeitsgesellschaft und des Brautpaares, welches am Ende zur ersten Nacht ans gemeinsame Bett geführt wird.

Den Sängern und Sängerinnen verlangt Strawinsky dabei Höchstleistungen ab, schnelle Abfolgen dutzender russischer Silben werden gesungen, deklamiert und an einigen Stellen sogar laut geschrien: „Schtschi!“ Die kleinteiligen Melodiefetzen ordnen sich zu einer breiten und schier endlosen Klangkollage, die ähnlich wie die „Catulli Carmina“ eher auf Repetition als auf Verarbeitung setzt und dem gesamten Stück einen fortwährend pulsierenden Rhythmus mit wandernden Akzenten und Taktschwerpunkten verleiht.

Beide Werke werden wir, die Berliner Singakademie, am 22. Juni 2008 um 20:00 Uhr im Großen Saal des Konzerthauses Berlin auf die Bühne bringen, unterstützt von großartigen Solisten, Percussionisten, Pianisten und natürlich den jungen Tänzern und Tänzerinnen. Wir freuen uns auf dieses Programm und auf Ihren Besuch.

Wer regelmäßig per Mail über die Konzerte, Programme und News der Berliner Singakdemie informiert werden möchte, kann sich auch den von mir erstellten Newsletter bestellen.

Philharmonie in Flammen

Dienstag, 20. Mai 2008

#edit: Also der offizielle Stand ist, dass unser Konzert am Sonntag stattfinden kann. Auch ist der Große Saal so wenig beschädigt, dass der Konzertbetrieb ab Mitte Juni wieder aufgenommen werden kann. Also doch alles nicht so schlimm, wie es erst den Eindruck machte. Puh!

Gerade lese ich in den Nachrichten, dass die Berliner Philharmonie brennt. Oh, Schreck! Am kommenden Sonntag sollen wir dort gemeinsam mit dem Hugo-Diestler-Chor und dem Ensemberlino ein Konzert im Kammermusiksaal singen. Obwohl es in der Eilmeldung heißt, der KMS sei nicht betroffen, fürchte ich Schlimmstes für unsere Aufführung. Jetzt heißt es Daumendrücken für das gesamte Haus, die dort befindlichen Menschen und Instrumente.

re:publica’08 – et ego

Donnerstag, 03. April 2008

Die re:publica ist eine dreitägige Bloggerkonferenz, eine Versammlung der digitalen Bohème, die in diesem Jahr zum zweiten Mal und unter dem Motto „Die Kritische Masse“ stattfindet. Man trifft sich, man tauscht sich aus, man bloggt – auch ich bin diesmal mittenmang. Mein Blogeintrag ist also quasi obligatorisch. Updates erfolgen live…

Tag 01

Der erste Tag der re:publica08 ist rum und nachdem das Ganze heute morgen etwas kühl angelaufen ist, tauten die Leute ab nachmittag langsam auf, um sich miteinander zu unterhalten. Alle um mich herum reden von Twitter, schon seit Tagen, so auch hier. Ich kannte das überhaupt nicht und nachdem man mir erklärte, was es damit auf sich hat, wußte ich auch warum. User kippen SMS-lange Ergüsse über ihre momentanen Belanglosigkeiten ins Netz – großartige Web-2.0-Anwendung! Gut, ich mir also auch einen Twitter-Account zugelegt; was tut man nicht alles für die Akzeptanz in der Welt der Fashion-Victims und Early-Adopter.

Aber es gab auch schon spannendere Themen, z.B. Jörg Richter, der in seinem DeepaMehta-Vortrag über alternative Desktopmodelle nachdachte und Kritik am Semantik-Web äußerte. Dass es Alternativen zu Fenstern, Ordnern und Desktops gibt, wußte ich ja schon wegen Genera, dem Betriebssystem der Lisp-Machines, von dem andreas mir öfter vorgeschwärmt hat. Zu bearbeitende Inhalte werden dort einfach über eine Commandline aufgerufen, während es bei DeepaMehta sogenannte Topic-Maps gibt, die selbstdefinierte Relationen zwischen Daten abbilden. Ganz überzeugen konnte mich das Konzept noch nicht, weil ich fürchte, mich als Zwangsneurotiker im Strukturierungswahn zu verlieren. Letztlich funktioniert meine Welt nämlich wie ein Eschermuster oder ein Apfelmännchen, bei dem alles mit allem irgendwie analog ist und sich diese Analogien quasi endlos fortspinnen, wenn ich nur langgenug drüber nachdenke. Es hätte mich nicht schlimmer treffen können, wenn ich als Kind in den LSD-Topf gefallen wäre.


Chaosradio: Tim Pritlove und Peter Glaser

Sehr interessant war auch Tims Livepodcast CRE 83, in dem er mit Peter Glaser über die Kritische Masse sprach. Ist die Blogosphäre eine kritische Masse? Kann sie etwas bewegen oder ist sie eine hermetische Welt, in der man sich nur gegenseitig liest? Für den in Erinnerungen schwelgenden Glaser war es nicht eben einfach, am Thema zu bleiben. Aber zugehört habe ich ihm trotzdem gerne. Ein Zitat, ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben. Sprache sei das Idealmodell von Demokratie, sinnierte Glaser, sie gehöre jedem, sei public domain und jeder könne sie gebrauchen, verändern und Neues daraus schöpfen. Recht hat der Mann und dahingehend verstehe ich auch den derzeitigen Sprachkonservativismus nicht so recht. Etwas schade fand ich, dass trotz Livestreaming von einer Bloggerkonferenz das Publikum außen vor war – geht es doch gerade den Bloggern darum, eine Gegenöffentlichkeit zu sein und medial zu intervenieren.

Tag 02

Von Tag zwei habe ich eigentlich nicht so viel mitbekommen. In Verenas Vortrag über emergente Intelligenz wurde über den Zusammenhang zwischen kritischer Masse und Emergenz aufgeklärt. Emergenz, so habe ich das verstanden, ist das Phänomen, das eine bestimmte Summe an Einzelindividuen Eigenschaften ausbildet, die das Individuum nicht besitzt. Nehmen wir ein Atom, das hat erst einmal keine Farbe, aber wenn sich viele Atome zu Molekülen zusammenschließen und diese Moleküle sich zu einem Ding zusammenschließen, dann kann das Ding eine Farbe haben. Eine emergente Intelligenz kann sich z.B. in einem Schwarm ergeben, z.B. bei Bienen, Ameisen oder, das ist ja Verenas Domäne, bei Robotern.

Nun wurde natürlich im Anschluß gleich diskutiert, ob emergente Intelligenz nicht auch in der digitalen Gesellschaft auftritt, was ja an sich kein ganz dummer Gedanke ist. Aber als dann die Wikipedia als Beispiel herangezogen wurde, fand ich das dann doch irgendwie an der Sache vorbeischwadroniert und ließ meinen Blick derweil über die äußerst interessante Deckeninstallation des blauen Salons gleiten. Dort waren spiegelartige Folien angebracht und das verzerrte Abbild des Publikums, das dort an der Decke klebte, bildete herrliche Muster.


Kalkscheune: Blauen Salon

Tag 03

Tag drei war, wie von mir erwartet, für mich der interessanteste. In Raum 3 gab es durchgehend Beiträge der „Hard Blogging Scientists“. Ohne davon vorher je gehört zu haben, habe ich mich da beim ersten Blick ins Pogramm der Veranstaltung hingezogen gefühlt. Ich selbst blogge öfter, mehr oder weniger wissenschaftlich, über theoretische Aspekte. Da fühlt man sich auf Dauer auch oftmals unsicher und sucht Kontakt zu anderen Menschen, die Ähnliches tun, um sich mit denen auszutauschen. In dieser Hinsicht konnte ich einige interessante Anregungen einsammeln, Adressen, Ansprechpartner, die ich mir demnächst mal genauer anschauen möchte, um zu sehen, ob es nicht Anküpfungspunkte gibt, gemeinsame Interessen, Ideen, etc. Es wurde z.B. über Plagiarismus gesprochen, ein Thema, mit dem ich als Dichter bereits reichlich Erfahrung gesammelt habe, so viel, dass ich mein Ego inzwischen im Zaum halten kann, sobald ich eines Plagiats angesichtig werde.


Hard Blogging Scientists

Für mich hat damit die re:publica gehalten, was ich mir von ihr versprochen habe – Kontakte knüpfen – während sie mir ja anfangs eher vorkam wie: Alle wichtigen Blogger sind da, deshalb bin ich auch da, weil ich sonst nicht wichtig bin. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass die Veranstaltung mehr Substanz bekommt, dass diesem konstruktiven Zusammenfinden von Interessengemeinschaften mehr Raum gegeben wird. Denn die Macher von Myspace, StudiVZ und Twitter sind bestimmt ganz tolle Hechte, aber die interessieren mich schon online nicht, auf Palaberrunden mit denen, kann ich auch in-the-real-world verzichten.