Seminararbeit: Monteverdis „Marienvesper“ 1610

Diese Seminararbeit faßt im großen und ganzen die wesentlich umfangreicheren Ausführungen Jeffrey Kurtzmanns zu Claudio Monteverdis „Marienvesper“ zusammen (s. Literaturangaben). Sie betrachtet mögliche Entstehungsumstände der Vesper anhand des Drucks von 1610 sowie anhand der aus Briefen rekonstruierten Lebenssituation des Komponisten. Sie geht auf die allgemeine Vespernstruktur ein und fragt nach den konstitutionellen Bestandteilen der „Marienvesper“. Betrachtet wird auch die Musik in Hinblick auf Unterschiede zwischen Kompositionen mit und ohne Psalmton sowie der Aspekt der historischen Aufführungspraxis.

Gliederung

  1. Einleitung
  2. Entstehung der „Marienvesper“
    1. Amadinos Druck von 1610
    2. Monteverdi um 1610
  3. Aufbau und Konstitution der „Marienvesper“
    1. Die Vespernliturgie
    2. Die sacri concentus
  4. Die Musik der „Marienvesper“
    1. Die Stücke mit cantus firmus
    2. Die Stücke ohne cantus firmus
  5. Aufführungspraxis im 17. Jahrhundert
    1. Stimmen und Instrumente
    2. Tonhöhe, Transposition, Mensur und Tempo
  6. Schluß
  7. Literatur

1. Einleitung

Mit seinen Opern und Madrigalen ist Claudio Monteverdi (~1567 – 1643) der Nachwelt vor allem als Komponist weltlicher Musik bekannt. Zu zahlreichen Konroversen hat unter Fachleuten jedoch insbesondere seine „Marienvesper“, eine geistliche Komposition, geführt. Diese ist zusammen mit Monteverdis „Missa in illo tempore“ in einem venedischen Druck von 1610 überliefert. Darüber hinaus gibt es nicht viele Überlieferungen sakraler Werke Monteverdis. In Anbetracht der Tatsache, daß der Komponist sowohl in Mantua als auch in Venedig als Kapellmeister tätig war, verwundert das.

Zentraler Gegenstand der Auseinandersetzungen über die „Marienvesper“ sind fünf Kompositionen die sich im Druck zwischen den für Vespern üblichen Psalm-Vertonungen finden. Zur Bedeutung, die diese fünf Stücke für das Gesamtkonzept der Vesper haben, gibt es verschiedene mehr oder weniger schlüssige Thesen, von denen sich einige inzwischen allgemein durchgesetzt haben. Die Beschäftigung mit dieser Frage hat jedoch weitläufige Folgen für den Umgang mit Auführungen historischer Kompositionen gehabt, insbesondere mit frühbarocker Kirchenmusik.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit Aspekten der Entstehung, Struktur und Aufführungspraxis der „Marienvesper“. Aber auch mit der Frage, ob Monteverdi ein Komponist des Überganges ist und inwiefern dies in der „Marienvesper“ eventuell ablesbar ist. Im Verlaufe des 16. – 18. Jahrhunderts vollzieht sich ein fließender Wandel von einer Harmonik, die auf dem Gregorianischen Choral und den Kirchentönen basiert, hin zu einer funktionalen Harmonik, die Tonarten im Quintenzirkel in ein hierarchisches Beziehungsgeflecht setzt. Da die „Marienvesper“ sowohl Stücke enthält, die auf einem cantus firmus basieren und damit eher im modalen System verankert sind, als auch solche, die es nicht tun und damit in die funktionsharmonische Zukunft weisen, kann und soll sie beispielhaft zur Betrachtung dieser beiden unterschiedlichen Herangehensweisen an das Komponieren dienen.

Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel. Das erste, zur Entstehung und historischen Einbettung der „Marienvesper“ betrachtet die Umstände, unter denen der Originaldruck von 1610 entstanden ist und fragt nach der Lebenssituation des Komponisten in diesen Jahren. Im zweiten Kapitel geht es um den Aufbau der Vesper im Allgemeinen und Speziellen. Gefragt wird nach den konstituierenden Teilen der „Marienvesper“ und nach den nicht notierten Antiphonen. Ebenso werden die fünf nicht-liturgischen Motetten, die sacri concentus, im Kontext der liturgischen Gesamtkomposition betrachtet. Das dritte Kapitel ist der musikalischen Betrachtung der „Marienvesper“ gewidmet. Dabei werden die Kompositionen mit cantus firmus jenen ohne cantus firmus gegenübergestellt, um Unterschiede in der Kompositions- und Herangehensweise aufzuzeigen. Das vierte und letzte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit der Aufführungspraxis im 17. Jahrhundert. Hier werden knapp Kenntnisse zu Instrumenten, Stimmen, Stimmung und Tempo zusammengefaßt, die als Leitlinie für Ensemble dienen können, die sich bei ihrer Aufführung an der historischen Praxis orientieren möchten.

Die hiesigen Ausarbeitungen fassen größtenteils die weitaus umfangreicheren Recherchen Jeffrey Kurtzmanns zur „Marienvesper“ zusammen, die er in seinem Buch, „The Monteverdi Vespers of 1610: music, context, performance“, für den geneigten Leser aufbereitet hat. Das Buch von 1999 ist bis heute die umfangreichste Referenz zur „Marienvesper“. Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen eines Seminars zu Monteverdi und seiner Musik, welches im Wintersemester 2008/2009 am musikwissenschaftlichen Institut der Freien Universität Berlin unter der Leitung PD Dr. Franz Michael Maiers stattfand.

2. Entstehung der „Marienvesper“

Über die Entstehung der \gerquote{Marienvesper} von Claudio Monteverdi ist wenig Nachweisliches bekannt. Diesbezügliche Thesen ziehen insbesondere die Lebensumstände des Komponisten, die Widmung auf dem Deckblatt des Druckes, die Briefkorrespondenz Monteverdis und seiner Bekannten und die Anspielungen an andere Kompositionen desselben Komponisten in Betracht.

2.1 Amadinos Druck von 1610

Die „Marienvesper“ ist in zwei Quellen des 17. Jahrhunderts überliefert. Die bedeutendere der beiden ist der Originaldruck von 1610, der bei Riccardo Amadino in Venedig erschienen ist und die vollständige Musik der Vespern enthält. Neben der „Marienvesper“ findet sich in derselben Druckausgabe auch die „Missa in illo tempore“.

Beide Werke sind laut Deckblatt dem Pontifex Paul V. gewidmet und haben ihren speziellen Namen erst durch die Rezeptionsgeschichte erhalten. Der eigentliche Titel des Drucks lautet: „Sanctissimae Virgini Missa senis vocibus, ac Vespere pluribus decantandae cum nonnullis sacris concentibus ad Sacella sive Principum Cubicula accommodata„, und stellt eher eine grobe Beschreibung des Inhaltes als eine Namensgebung dar.

Der Titel hat nicht nur deshalb zu Verwunderung geführt, weil er grammatikalisch nicht ganz eindeutig dekodiert werden kann1, sondern auch, weil in den Stimmauszügen unterschiedliche Titel für die Stücke angeführt werden. So enthält die Titelseite des Generalbaß-Auszugs den Zusatz „ad ecclesiarum chorus“ zwischen „Missa senis vocibus“ und „Ac Vespere„, während sich auf einer Folgeseite zu Beginn des“Domine ad adjuvandum“ eine Rubrizierung,“Vespro della B. Vergine da concerto, composto sopra canti fermi„, befindet, welche dem Stück seinen heutigen Namen gibt.

Die größte Kontroverse rankt sich um die Frage, ob sich „cum nonnullis sacris concentibus“ nur auf die Vespere, auch auf die Missa oder auf keines der beiden Stücke bezieht und ob damit tatsächlich die fünf Motetten gemeint sind, die zwischen die Psalmvertonungen der Vespere eingefügt sind. Denn an diesem Punkt ergibt sich bereits Zweifel darüber, was die „Marienvesper“ eingentlich als solche konstituiert. Laut der Rubrizierung im Generalbaß-Auszug ist die Vesper über canti firmi2 komponiert. Die sacris concentibus enthalten jedoch, abgesehen von der „Sonata sopra Sancta Maria“ keinen cantus firmus, weshalb sie laut dieser Rubrizierung nicht Teil der „Marienvesper“ wären. Diese Problematik wird im 2. Kapitel der vorliegenden Arbeit näher ausgeführt.

Auch andere Aspekte des Titels bereiten der Fachwelt Kopfzerbrechen, bspw. der Zusatz „ad Sacella […]“, der Hinweise darauf gibt, wo und wie das Werk, bzw. die Werke aufgeführt werden könnten oder sollten. An dieser Stelle sei jedoch auf die beiden relativ unstrittigen Fakten hingewiesen, die dem Titel zu entnehmen sind: Die gedruckten Werke sind dem Papst in Rom gewidmet und der Druck selbst ist in Venedig entstanden. Diese beiden Aspekte sind die für das folgenden Unter-Kapitel wichtigen Punkte.

2.2 Monteverdi um 1610

Monteverdi war zur Zeit der Drucklegung am Hof des Herzogs Vincenco I. Gonzaga in Mantua angestellt. Er hatte bereits seine beiden Opern „L’Orfeo“ (1607) und „L’Arianna“ (1608) komponiert und sehr erfolgreich aufgeführt. Es ist wahrscheinlich, daß auch Teile der „Marienvesper“ bereits vor 1610 vorlagen. 1607 war jedoch Monteverdis Frau gestorben und in Cremona, seinem Geburtsort, beigesetzt worden. Ihr Tod hatte ihn tief getroffen und er zog bereits zu dieser Zeit in Erwägung, nicht mehr nach Mantua zurückzukehren.

Sein Vater schrieb 1608 einen Brief an den Herzog und die Herzogin und bat um die Entlassung seines Sohnes.3 Dieser wurde jedoch vom Herzog Ende des Jahres zurückbeordert. Zwischen 1604 und 1608 gibt es viele Quellen, die Monteverdis Unzufriedenheit in Mantua belegen. Im Zuge der Hochzeit von Francesco IV. Gonzaga und Margarete von Savoyen war er überlastet mit Kompositionen, Proben und der musikalischen Vorbereitung der Festlichkeiten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß er sich bereits zu dieser Zeit aktiv um eine andere Anstellung bemüht hat.

Die Widmungsträger, die Heilige Maria und Papst Paul V., scheinen eine enge Verbindung der „Marienvesper“ zu Mantua und seiner Regentschaft nahezulegen. Maria war die Schutzheilige der Stadt und Papst Paul V. war auf Vincenzos Anbitten hin 1607 nach Mantua gereist. Dennoch wird von Fachleuten vermutet, daß die Drucklegung der „Missa in illo tempore“ und der „Marienvesper“ 1610 mit einer möglichen Suche Monteverdis nach einer neuen Anstellung in Zusammenhang stehen könnte.

Dafür spricht einerseits Monteverdis Unzufriedenheit in Mantua. Andererseits gibt der Druck in herausragender Weise Zeugnis von Monteverdis vielseitigem, kompositorischem Können. Die beiden Werke vereinen eine vielzahl von Formen und Stilen, sowohl modernen, als auch konventionellen. Zwischen 1600 und 1608 war Monteverdi einem Gelehrtenstreit mit Giovanni Maria Artusi (ca. 1540 – 1613) ausgesetzt. Artusi verurteilte Monteverdis moderne Kompositionstechnik, seine seconda prattica, öffentlich. Obwohl Monteverdi die homophone Monodie verteidigte und damit in Mantua große Erfolge verbuchen konnte, beweist er mit dem Amadino-Druck, daß er durchaus in der Lage war, konventionelle, auf cantus firmi basierende Vokalpolyphonie zu komponieren. Er hätte einen solchen Beweis in Mantua nicht nötig gehabt.

Im Herbst 1610 reist Monteverdi nach Rom, einerseits um für seinen Sohn eine Stelle am römischen Seminar zu erbitten, andererseits um dem Papst einige sakrale Werke vorzustellen. Letzteres geht aus einem Brief Francescos IV. Gonzaga an seinen Bruder, den Kardinal Ferdinando in Rom, hervor, ersteres aus einem Brief Monteverdis selbst, der ebenfalls an Ferdinando adressiert ist.4 Es ist möglich, daß sich der Komponist im Rom mit dem venedischen Druck um eine Stelle beim Papst bemüht hat.

Bekommen hat Monteverdi eine solche Stelle nie. Erst 1612, nach Vincenzos Tod, wird er aus dem Dienst in Mantua entlassen. 1613 wird er maestro di cappella zu San Marco in Venedig. Aus demselben Jahr ist eine Aufführung der „Marienvesper“ in Venedig belegt. Ähnlich wie Mantua hatte auch Venedig eine spezielle Verbundenheit zu Maria. Allerdings hat Graham Dixon 1987 darauf hingewiesen, daß es sich bei der „Marienvesper“ dem Urpsrung nach nicht unbedingt um eine Vesper zu Ehren der Heiligen Maria gehandelt haben müsse. Es könne ebensogut die Heilige Barbara gemeint gewesen sein, für die jährlich große Feiern in der herzöglichen Basilika Santa Barbara in Mantua gefeiert wurden. Dafür spräche der Text von „Duo seraphim“, der wegen seines Trinitäts-Bezugs für Mariannische Feste ungeeignet scheint, wohl aber zur Heiligen Barbara passen würde, die als Märtyrerin für die Trinität gestorben ist.

Dagegen spricht aber der Text der „Sonata sopra Santa Maria“ und außerdem der Umstand, daß sich die Vespern-Liturgie sowohl in Santa Barbara in Mantua als auch in San Marco in Venedig vom römischen, auf dem Konzil von Trent festgelegten, konservativen Ritus unterschied. Die „Marienvesper“ entspricht im großen und ganzen dem römischen Ritus. Dennoch wäre es denkbar, daß Teile davon bereits zuvor in Santa Barbara Verwendung fanden. Die Vertonung des Chorals „Ave maris stella“ weckt Assoziationen an den Ritus von Santa Barbara und 1609 wurde nach dem Tod Giovanni Gastoldis hier ebenfalls eine Stelle als maestro di cappella frei.

Bekannt ist, daß das Responsorium „Domine ad adjuvandum“ auf der Eingangs-Toccata aus „L’Orfeo“ basiert, die ihrerseits wiederum eine Anspielung auf die Gonzaga-Fanfare ist. Es erscheint am wahrscheinlichsten, daß die „Marienvesper“ partiell schon vor 1610 vorlag und erst für die Drucklegung 1610 als Mariannische Vesper zu einem Ganzen zusammengefaßt und überarbeitet wurde. Gegen diese Annahme spricht auch ihr hoher Grad an struktureller Symmetrie nicht.

3. Aufbau und Konstitution der „Marienvesper“

Monteverdis „Marienvesper“ ist eine Vesper, d.h. liturgische Musik mit ritueller Funktion – so zumindest legt es die Titelseite des Druckes von 1610 nahe. Jedoch entspricht das, was sich im Druck an notierter Musik findet, nur bedingt dem, was von der Liturgie für den Vespern-Ritus vorgeschrieben wird. Einige konstituelle Stücke fehlen, andere gibt es doppelt und wieder andere sind liturgisch nicht vorgeschrieben und z.T. inhaltlich irreführend. Über diesen mehrdeutigen Befund kam es zu zahlreichen musikwissenschaftlichen Kontroversen. Ist die „Marienvesper“ eine Gesamtkomposition, was macht sie inhaltlich aus, in welcher Form wurde sie aufgeführt und erfüllte sie ihren liturgischen Zweck?

3.1 Die Vespernliturgie

Die Vesper ist einer der Angelpunkte des Stundengebets. Gemäß dem 119. Psalm, „Siebenmal am Tag singe ich dein Lob und nachts stehe ich auf, um dich zu preisen„, schreibt die römisch-katholische Kirche über den gesamten Tag verteilte Gottesdienste vor. Die Vesper ist das Gebet am Abend. Im Mittelpunkt aller Stundengebete, so auch der Vesper, steht der Vortrag von Psalmen.

Zur Zeit der Drucklegung der „Marienvesper“ ist die Vespernliturgie durch das Breviarum Romanum geregelt, welches 1568 im Zuge der Litguriereform des trentinischen Konzils (1545 – 1563) von Papst Pius V. in Rom herausgegeben wurde. Es schreibt vor, daß die Vesper mit der Invitation aus Psalm 69 beginnt; auf den Vers, Deus in adjutorium, folgt immer das Responsorium, Domine ad adjuvandum. Sodann folgt ein Zyklus aus fünf Psalmen, dessen Textauswahl sich nach dem Anlaß der Feier (z.B. für männliche oder weiblichen Heilige, Märtyrer, etc.) oder nach dem Anlaß im Kirchenjahr (z.B. Weihnachten, Mariä Himmelfahrt, etc.) richtet. Vor und nach jedem Psalm erfolgt der Vortrag eines dazugehörigen Antiphons, dessen Text ebenfalls je nach Anlaß der Feier und Kirchenjahr variiert.

Dem Psalmenzyklus folgt die Lesung, die ebenfalls Teil des Propriums ist, d.h. nach Anlaß und Kirchenjahr wechselnde Texte beinhaltet. Dann folgt der Hymnus, ebenfalls Proprium und anschließend Vers und Responsorium, Dirigatur Domine – Sicut incensum. Den Abschluß der Vesper bildet das Magnificat, welches wie die Psalmen von proprialen Antiphonen eingerahmt wird. Es gibt bestimmte Anlässe und Zeiten, in denen die Antiphone vor und nach dem Magnificat und den Psalmen durch ein Alleluja ersetzt werden.

Die Kombination der Ordinariums- mit den Propriums-Texten5 und der Propriums-Texte untereinander folgt hierbei keinen einheitlichen Regeln und kann auch für Monteverdis „Marienvesper“ nicht schlüssig rekonstruiert werden. Jeffrey Kurtzman empfiehlt den Blick ins Liber usualis, bzw. in ein Brevier, welches vor der Reform Pius X. 1911 erschienen ist, um eine geeignete Auswahl an Antiphonen zu finden.6

Die Liturgiereform des trentinischen Konzils im Zuge der Gegenreformation sollte eigentlich die Riten der römisch-katholischen Kirche vereinheitlichen. Bestimmte bedeutende Gotteshäuser, z.B. Santa Barbara in Mantua oder San Marco in Venedig, hatten jedoch auch danach noch ihre eigenen Liturgien. Solche Ausnahmeregelungen wurden mit der langen Tradition dieser Kirchen begründet und mußten vom Papst persönlich genehmigt werden. Obwohl sowohl Santa Barbara, als auch San Marco für Monteverdi von Bedeutung gewesen sein dürften, folgt seine „Marienvesper“ im weitesten Sinne dem im Breviarum Romanum geregelten römischen Ritus, was auch aufgrund der Widmung an Papst Paul V. einleuchtet.

3.2 Die sacri concentus

Der Druck der „Marienvesper“ enthält Vertonungen aller gewichtigen Teile einer liturgischen Vesper, das Responsorium, „Domine ad adjuvandum“, als Introitus, außerdem polyphone Vertonungen von fünf Psalmen über einen cantus firmus. Das sind in dieser Reihenfolge die Psalmen „Dixit Dominus“, „Laudate pueri“, „Laetatus sum“, „Nisi Dominus“ und Lauda Jerusalem. Den Psalmen folgen der Hymnus, „Ave maris stella“, und das Magnificat in zweifacher Ausführung, einmal für sieben und einmal für sechs Stimmen.

Vertonungen von Antiphonen oder Hinweise auf deren Auswahl finden sich nicht bei Monteverdi. Dafür ist hinter jedem Psalm ein nicht-liturgisches Stück eingefügt. In diesen Stücken, die (abgesehen vom Letzten) nicht über einen cantus firmus komponiert sind, vermutet man die auf der Titelseite des Drucks benannten „sacri concentus„. Es handelt sich in dieser Reihenfolge um „Nigra sum“, „Pulchra es“, „Duo Seraphim“, „Audi coelum“ und „Sonata sopra Santa Maria ora pro nobis“. Die Texte der sacri concentus entsprechen keinem, der im Breviarum Romanum oder anderen Breviaren für Marienfeste vorgeschriebenen Antiphone. Lediglich „Nigra sum“ und „Pulchra es“ haben Bezug zu mariannischen Antiphonen. Monteverdis Textversionen haben jedoch größeren Umfang und erscheinen in anderer Reihenfolge, als es durch das Brevier für den römischen Ritus vorgeschrieben gewesen wäre.

Im Zuge seiner Edition hat Leo Schrade 1954 vorgeschlagen, daß die sacri concentus Substitute für die im Druck fehlenden Antiphone sein könnten, die eigentlich jeden Psalm und das Magnificat einrahmen sollen. Obwohl die sacri concentus liturgisch nicht angemessen sind, wird dieser These heute weitgehend stattgegeben. 1967 bewies Stephen Bonta, daß es im 17. Jahrhundert gängige Praxis der Kirchenmusik war, Antiphone durch andere Stücke, z.B. Instrumentalwerke, Motetten, etc. zu ersetzen. Dies löst jedoch das Problem der fehlenden Antiphone noch nicht befriedigend, denn unklar bleibt weiterhin, ob vor jedem Psalm, bzw. vor und nach dem Magnificat ein passendes Antiphon vorgetragen wird.

Verkompliziert wird diese Frage dadurch, daß bisher keine passenden, mariannischen Antiphone in der Liturgie des 16./17. Jahrhunderts gefunden wurden, die diese Positionen befriedigend ausfüllen könnten. Passend wäre in diesem Falle nicht nur, liturgisch angemessen, sondern auch musikalisch. Das traditionelle Bestreben, den Psalm-, bzw. Magnificatton an den Modus des Antiphons anzupassen, existierte auch in der Praxis des 17. Jahrhunderts noch. Es finden sich aber in den bekannten Quellen entweder nur liturgisch zu den Psalmen passende Antiphone oder tonal passende. Antiphone, die beide Kriterien erfüllen, konnten bisher nicht ausfindig gemacht werden.

Dieser Befund weckt Zweifel darüber, ob es sich bei Monteverdis „Marienvesper“ überhaupt um liturgisch funktionale Musik handelt. „Ad Sacella sive Principum Cubicula accommodata“, heißt es auf dem Titelblatt, was man vielleicht mit, „passend für kleine Kapellen oder königliche Gemächer“, übersetzen könnte. Es wäre möglich, daß Monteverdi eher eine konzertante, als eine liturgische Musik anstrebte. Diese These wird z.B. 1984 von Helmut Hucke vertreten. Es könnte jedoch auch sehr gut sein, daß für den liturgischen Zweck der „Marienvesper“ liturgisch passende Antiphone den Psalmtönen entsprechend transponiert wurden oder daß auf eine tonale Anpassung der Stücke gänzlich verzichnet wurde.

4. Die Musik der „Marienvesper“

Monteverdi wird von der Fachwelt oft als Übergangskomponist betrachtet. Stilistisch steht er zwischen der modalen, auf Hexachorden beruhenden Melodik der Renaissance und der funktionalen Harmonik des Barockzeitalters. Stilelemente beider Epochen finden sich in Monteverdis Musik nebeneinander, so daß zur Beschreibung weder das Fachvokabular der einen Theorie, noch das der anderen ausreicht. Insbesondere in der „Marienvesper“ werden alte und neue Praktiken vereint. So basieren u.a. die Psalmvertonungen und Magnificate auf cantus firmi, die das kompositorische Gerüst bilden und damit die gesamte Vertonung an das modale System binden, wähend die sacri concentus von den harmonischen Vorgaben der Psalmtöne befreit sind und eher eine auf dem Quintenzirkel basierende Harmonik mitbringen. Der Einzug säkularer Kompositions-Elemente in die Kirchenmusik ist charakteristisch für Monteverdis Zeit und Umfeld. Die Monodie und die syllabische Textvertonung werden zur grundlegenden Textur. In der Mehrstimmigkeit erfährt die Homophonie zunehmendes Interesse. Chromatik, Dissonanzen, Variationsprinzipien und Generalbass-Linien in Quintverwandtschaft werden häufiger, stehen aber neben polyphonen Imitationstechniken und modalen Kadenzfiguren.

Problematisch erscheint dieses Nebeneinander von Modalität und Funktionsharmonik erst in der Retrospektive, durch unsere Kenntnisse in der klassischen Funktionsharmonik. Monteverdi konnte diese Entwicklung nicht voraussehen. Seine Kompositionen bauen auf einer älteren, modalen Musiktheorie auf, in die er (nicht als Einziger) neue Elemente einbringt. Diese werden aber noch nicht als Teil eines neuen theoretischen Gesamtkonzeptes oder als Ausgangspunkt einer kulturellen Wende verstanden. Jeffrey Kurtzman möchte Monteverdi deshalb auch keinen Übergangskomponisten nennen. Vielmehr ist der Übergang von modaler Harmonik zur Dur-Moll-Tonalität die Errungenschaft einer ganzen musikalischen Kulturbewegung und nicht die Leistung eines Einzelnen7, auch wenn sie durch die Überlieferung und Monteverdis Popularität an diesem Punkt in besonderer Weise in Erscheinung tritt.

4.1 Die Stücke mit cantus firmus

Zehn von vierzehn Kompositionen in der „Marienvesper“ basieren auf einem cantus firmus, d.h. einer im Vorfeld der Komposition bestehenden, traditionellen Melodie, die zum Basis-Bestandteil der mehrstimmigen Komposition wird. Das sind in diesem Falle, weil es sich um Psalmvertonungen handelt, die acht (+1) Psalmtöne8. Die Psalmtöne sind in Wirklichkeit keine Melodien, sondern Melodiemodelle, Anleitungen für die Intonation von Psalmversen (Psalmodie). Jeder Psalmvers besteht aus zwei Halbversen unterschiedlicher Silbenzahl. Diese Silben werden im Vortrag ad hoc auf die durch das Melodiemodell vorgegebenen Töne aufgeteilt. Dabei gibt es immer eine Anfangsformel für den Versanfang, eine Mittelkadenz für den Abschluß des ersten Halbverses und eine oder mehrere Schlußkadenzen für das Ende des zweiten Halbverses. Alle übrigen Silben werden auf dem sogenannten Rezitationston gesungen, d.h. auf derselben Tonhöhe wiederholt. Die Anfangs-, Mittel- und Schlußformeln sowie der Rezitationston sind für jeden Psalmton spezifisch, weshalb diese charakteristischen Melodiemodelle auch in mehrstimmigen Kompositionen wiedererkennbar sind.

Das tonale Modell, welches den Psalmtönen zugrunde liegt, sind die Modi oder Kirchentöne, diatonische Skalen vom Umfang einer Oktave mit unterschiedlichen Grundtönen. Den Psalmtönen entsprechend gibt es traditionell acht solche Modi mit Finaltönen auf d, e, f und g und Rezitationstönen auf a, f, c und d. Mitte des 16. Jahrhunderts erweiterten Heinrich Glareanus und Gioseffo Zarlino der langjährigen musikalischen Praxis folgend dieses System um vier weitere Modi mit Finaltönen auf a und c. Diese Skalen bilden die Grundlage des modalen Systems, das nicht auf Quintverwandtschaften beruht, sondern auf dem charakteristischen Zusammenspiel von Ambitus, Finalis und Rezitationston einer Melodie.

Monteverdi verwendet die Psalmtöne facettenreich, aber verhältnismäßig traditionell. Er paraphrasiert und kürzt sie nicht, sondern verwendet sie in voller Länge und nach den Vorgaben der Psalmodie. Ab und an transponiert er sie um eine Quarte oder Quinte. Wie sie jedoch im Zusammenspiel der verschiedenen Stimmen eingebettet sind, ist höchst unterschiedlich. Im Responsorium „Domine ad adjuvandum“ ist der cantus firmus beispielsweise durch einfache, statische falsobordone-Akkorde in D-Dur realisiert. Diese Akkorde sind jedoch eingebettet in die instrumentale Toccata aus „L’Orfeo“, die hier in abgewandelter Form wiederverwendet wird und ihrerseits eine Anspielung auf die Gonzaga-Fanfaren ist. Zwischen jedem Vers gibt es ein instrumentales Zwischenspiel in dreizeitigem Metrum. Im doppelchörigen Psalm „Nisi Dominus“ erklingt der cantus firmus durchgehend in den Tenorstimmen beider Chöre, während sich die übrigen Stimmen zunächst in dichter Imitation umspielen und später als Spezzati-Chöre gegenüberstehen. Ebenfalls im Tenor liegt der cantus firmus im Psalm Lauda Jerusalem. Jedoch bildet dieser hier eine Art Mittelachse zwischen zwei dreistimmigen Chören. Komplexer ist die Verwendung im Psalm „Dixit Dominus“, wo der cantus firmus in Teilabschnitten durch die Stimmen wandert und sich falsobordone-Passagen mit imitativen Passagen und optionalen Ritornellen abwechseln. Auch in „Laetatus sum“ wandert der cantus firmus durch verschiedene Stimmen und ist, wenn er auftaucht, sehr prominent zu hören. Dieses Stück ist aber vor allem für seinen markanten Basslauf bekannt, der sich in vier Figuren wie ein Ostinato durch den gesamten Psalm zieht.

cantus firmi tauchen im Responsorium, in den fünf Psalmen, im Hymnus, in den beiden Magnificats und in der „Sonata sopra Santa Maria“ auf. Egal wie sie verwendet werden, sie bilden fast immer das Grundgerüst, an dem sich das Stück harmonisch ausrichtet. Diese harmonische Abhängigkeit vom Psalmton ist am stärksten, wenn dieser im Bass liegt und am statischsten, wenn er auf dem Rezitationston verweilt. Da der Psalmton im Modalsystem verhaftet ist, gibt es auch in den mehrstimmigen Akkordfolgen kaum Passagen, die funktionsharmonisch gedeutet werden könnten. Dennoch sind die mehrstimmigen Kadenzen meist authentisch (V-I) oder seltener plagal (IV-I), was sich jedoch aus der Klauselführung der einzelnen Stimmen ergibt.

Die aus Monteverdis weltlichen Madrigalen bekannte Technik, den Text musikalisch zu interpretieren, nimmt in den Psalmvertonungen der „Marienvesper“ nicht solch einen großen Raum ein. Die strengen Vorgaben des Psalmtons lassen dafür auch kaum Möglichkeiten. Dennoch finden sich einige Passagen, wenn bspw. Melismen auf semantisch bedeutenden Worten liegen oder Stimmen sich mehren oder aufsteigen, wenn von Lobgesängen oder dem Auffahren in den Himmel die Rede ist. Am auffälligsten unter dem Aspekt der semantischen Vertonung ist wohl die Passage „Suscitans a terra inopem, et de stercore erigens pauperem“ in „Laudate pueri“, was in der Übersetzung ungefähr soetwas heißt wie: „Er erhebt die Schwachen aus dem Staub und richtet die Armen aus dem Schutthaufen auf“. Auf „suscitans“ und „erigens“ steigt der gesamte Chor in einem dreizeitigen Metrum über eine Oktave auf und malt somit die Bedeutung der Wörter musikalisch aus. Es finden sich also auch in den cantus firmus-Stücken Beispiele für semantische Vertonung.

4.2 Die Stücke ohne cantus firmus

Nur vier der 14 Kompositionen im Druck von 1610 haben keinen cantus firmus. Das sind die Motetten „Nigra sum“, „Pulchra es“, „Duo Seraphim“ und „Audi coelum“, die von der Fachwelt für Substitute der nach den Psalmen erklingenden Antiphone gehalten werden. In diesen Stücken sind die sich in Monteverdis weltlichen Kompositionen abzeichnenden Charakteristika seiner seconda prattica sehr viel vordergründiger. Die Stimmzahl der Motetten ist genrell geringer, die Stücke sind „monodischer“, die Melodien sind virtuos, ornamentiert und bewegen sich über den Rahmen der Kirchentöne hinaus. Es gibt harmonische Fortschreitungen im Quarten- und Quintenzirkel und der Text wird durch die Musik sehr facettenreich ausgedeutet. Kurtzman bemerkt jedoch, daß die Harmonie nicht wirklich Dienerin des Textes ist, wie es Monteverdis Bruder in einer Verteidigungsschrift erklärte, sondern daß Musik und Text eine gleichberechtigte Beziehung eingehen. Monteverdi wendet sich nie zugunsten des Textes gegen die Logik der Musik.9

Die Motetten erscheinen im Druck in der Reihenfolge aufsteigender Stimmzahl. Während „Nigra sum“ einstimmig ist, ist „Pulchra es“ zweistimmig, „Duo Seraphim“ dreistimmig und „Audi coelum“ zunächst einstimmig, am Ende aber sechsstimmig. „Audi coelum“ ist das einzige der vier Stücke, welches auf den Finalton D endet. Die drei anderen gelangen zur Finalis G, auch wenn die Wege dorthin durchaus verschieden sind. Es ist nicht ohne Probleme möglich die Modi der Motetten zu bestimmten, harmonisch scheinen sie zwischen verschiedenen Modi, oftmals zwischen plagalen und authentischen, zu changieren und Modusgrenzen aufzulösen. So analysiert Kurtzman bspw. den Anfang von „Pulchra es“ als einen Wechsel zwischen dem 7. (authentischen) und 8. (plagalen) Modus10. Was den Ambitus der Melodien betrifft, erscheint dies sinnvoll. Jedoch kadenziert die Melodie abwechselnd auf G und auf D (mit großer Terz fis), während die Finalis des 8. Modus aber ebenfalls G sein müßte. D ist der Rezitationston des 7. und die Ambitusgrenze des 8. Modus, insofern zwar prominent, aber kein Kadenzton. Der Rezitationston c des 8. Modus ist am Anfang von „Pulchra es“ hingegen gar nicht präsent. Erst ab Takt 30 wird C als Kadenzton interessanter, kurz bevor die Motette auf „averte oculos tuos a me (wende deine Augen ab von mir) nach E-Dur (mit großer Terz gis) geführt wird, was eine deutliche Distanz zum 7. und 8. Modus herstellt.

Die Kadenzen auf C, G, D, A und E und die Verwendung von fis, gis und cis mit b-quadratum lassen „Pulchra es“ als cantus durum-Stück erscheinen. Zu diesem Schluß kommt auch Kurtzman bei seiner Analyse11. Den Begriff Cantus durus verwendet er dabei nicht synonym zu Hexachorde dure, dem Hexachord auf Gamma-ut, sondern versteht ihn als eine Erweiterung der Hexachordlehre im Übergang vom modalen zum funktionsharmonischen System. Eine ganze Gruppe von Hexachorden, nämlich jene auf C, G, D, A und E, mit b-quadratum erzeugt dabei „durischen/harten“ Charakter.

In „Pulchra est“ vermitteln bereits die Kadenzwechsel zwischen D und G einen Eindruck von Quintverwandtschaft. Stärker kommt das noch ab Takt 46 zum tragen, wenn das Metrum dreizeitig wird und sich der Generalbass in Quintverhältnissen von G nach C, nach A, nach D, nach G nach E, nach A und nach D bewegt. Wirklich funktionsharmonisch wirkt diese Passage aber dennoch nicht. Markant für die Bewegung in Quintverhältnissen ist auch die dreizeitige Passage in „Audi coelum“, als nach der Aufforderung des Solisten der sechsstimmige Chor mit „omnes hanc ergo sequamur“ einsetzt. „Audi coelum“ ist aber vor allem auch wegen seiner Textumsetzung interessant. Hier wird ein Dialog gestaltet, indem das letzte Wort des gen Himmel fragenden Solisten ohne die ersten Buchstaben als Echo wiederholt wird. Aus dem Echo ergibt sich eine Antwort des Himmels auf die Frage des Solisten.

Insgesamt hat Monteverdi in den Stücken ohne cantus firmus mehr freie Gestaltungsmöglichkeiten und nutzt diese auch. Die aus textlichen Gründen kontroverse12 Motette „Duo Seraphim“ beginnt bspw. zweistimmig mit den zwei sich unterhaltenden Engeln. Als diese bei „tres sunt“ die Dreieinigkeit thematisieren, setzt gleichzeitig eine dritte Stimme ein. Die drei Stimmen gleichen Registers vereinen sich auf „[et hi tres] unum sunt“ zum Unisono auf G (bzw. auf A in der Wiederholung). In allen vier Motetten gibt es auch direkte musikalische Ausformungen von Worten, bspw. ist „decora(geschmückt) in „Pulchra es“ mit einem ornamentalen Melisma versehen. In „Nigra sum“ ist „surge(erhebe dich!) durch eine rasch aufsteigende Melodielinie ausgestaltet und in „Audi coelum“ wird der Gegensatz von Himmel und Erde jeweils mit aufsteigenden und absteigenden Melismen verdeutlicht. Solche Kompositionstechniken sind typisch für Monteverdi und seine seconda prattica.

5. Aufführungspraxis im 17. Jahrhundert

Die Frage, wie man die „Marienvesper“ akurat aufführen könnte, geht über die Suche nach passenden Antiphonen und Antiphon-Substituten hinaus. Sie betrifft bspw. auch Bereiche wie die Auswahl der Instrumente, die Zusammensetzung des Chores, die Tonhöhe oder Aspekte wie Mensur und Tempo. Diese Details werden, anders als in modernen Musikeditionen, durch den Druck von 1610 nicht oder nur unzureichend geklärt, was aber typisch für diese Zeit ist. Die Künstler des 17. Jahrhunderts sahen größeren ästhetischen Wert in der Varianz als in der Konsistenz, daher paßten sie die Aufführungsmethoden an die jeweiligen Begebenheiten und Bedürfnisse der Aufführung entsprechend an und gönnten sich hierbei größte Freiheiten13. Entsprechende Vorgaben des Komponisten gab es so gut wie nicht.

Monteverdis Druck ist schon verhältnismäßig detailliert. Er schreibt bspw. Ornamente und Verziehrungen aus, gibt im Generalbaß-Auszug sogar stellenweise die Orgelregister und Instrumenten-Spezifikationen an. Daran wird deutlich sichtbar, daß Monteverdi bereits (stärker als seine Zeitgenossen) Einfluß auf die konkrete Umsetzung seiner Musik nehmen wollte. Dennoch läßt sich Monteverdis Intention nicht soweit erschließen, als daß man daraus eine „authentische“ Aufführung rekonstruieren könnte. Selbst wenn, wäre es aus dem oben erläuterten ästhetischen Selbstverständnis heraus wenig authetisch, bei der Aufführung der Musik des 17. Jahrhunderts allein nach der Intention des Komponisten zu fragen, wo es doch dem Interpreten gegenüber größte Freiheiten gab. Vielmehr muß man sich die historischen Begebenheiten möglicher Aufführungsorte (z.B. in Mantua oder Venedig) anschauen. Welche Sänger und Instrumentalisten gab es dort, welche Fähigkeiten oder Eigenschaften brachten sie mit, welche Stimmen und Instrumente wurden traditionell bevorzugt und welche Bedeutung hatten die von Monteverdi in den Druck eingezeichneten Hinweise wie chiavette oder 3/2-Takt in der Praxis des 17. Jahrhunderts?

Jeffrey Kurtzman hat diese Aspekte der Aufführungspraxis minutiös im 3. Teil seines Buches zur „Marienvesper“ zusammengetragen. Einige dieser Erkenntnisse sollen im Zuge dieser Arbeit knapp betrachtet werden.

5.1 Stimmen und Instrumente

In der „Marienvesper“ sind die Motetten mit geringer Stimmzahl und die meisten ein- oder zweistimmigen Passagen in den cantus firmus-Stücken für virtuose Solisten komponiert. Die übrigen, polychorischen und ripieno-Passagen können von einem mehrstimmig besetzten Chor übernommen werden. Mit wievielen Stimmen jedes Chorregister besetzt sein sollte, ist unklar. Denn im 17. Jahrhundert schwankten die Chorgrößen stark nach ökonomischer Lage. Die geringste Chorgröße käme zustande, wenn jedes Register einstimmig besetzt wäre, was im 15. und 16. Jahrhundert noch eher praktiziert wurde, als im 17. Im Generalbaßauszug schlägt Monteverdi selbst vor, das „Laudate pueri“ mit acht Solostimmen und Orgel allein zu besetzen. Die reguläre Capella der St. Maria Maggiore in Rome umfaßte 4 Soprane, 2 Alti, 2 Tenöre und 2 Bässe, konnte aber bei besonderen Gelegenheiten vergrößert werden. Der permanente Chor an San Marco in Venedig umfaßte zwischen 1601 und 1610 20 Sänger. Eine Vespern-Aufführung zu Christi Himmelfahrt wurde mit 35 Sängern absolviert. An St. Barbara in Mantua sind während der Regierungzeit Vincencos I. jedoch nur 5 – 6 Sänger dokumentiert. Dieser Chor wurde vermutlich bei Bedarf mit Sängern des Hofes aufgestockt, wie überhaupt zu besonderen Anlässen die Ensemble vergrößert wurden. In der Tendenz läßt sich aber erkennen, daß Chöre mit mehr als 5 – 6 Stimmen pro Register die Größe eines Ensembles des 17. Jahrhunderts übersteigen14. Führt man aber die „Marienvesper“ mit modernen Instrumenten auf, bedarf dies zum klanglichen Ausgleich auch eines etwas größeren Chores. Niemals haben die Instrumente die Stimmen dominiert.

Die Kirchenchöre des 17. Jahrhunderts waren ausschließlich mit Männer\-stimmen besetzt, ebenso die Solopartien. Der Sopran wurde von Knaben, von Falsettos oder von Kastraten übernommen. Sogar Altpartien wurden z.T. von Kastraten gesungen. Letztere waren aber seltener und daher schwe\-rer zu bekommen – nur große Kirchen (z.B. San Marco) konnten sich das leisten. Gute Sopran- und Altstimmen waren generell Mangelware, weshalb es auch vorkam, daß eine Stimme durch das Register die Oktave darunter substituiert wurde. Die Sopranpartie wurde dann bspw. von einem Tenor in Tenorlage gesungen, selbst wenn es sich um ein Stück für Solosopran handelte. Neben dem Umstand, daß es keine gemischten Chöre gab, macht auch der Stimmumfang der einzelnen Register im 17. Jahrhundert einen Unterschied zum heutigen Chorklang. Der Ambitus des Soprans reichte ungefähr von a – a“, der des Altes von e – b‘, was ungefähr der heutigen Lage des Tenors entspricht. Damit bereitet vorallem die relative Tiefe der Stimmen modernen Ensembeln Probleme.

Mit dem Anlaß und der Festlichkeit wachsen nicht nur die Chöre, sondern auch die Instrumentalisten-Gruppen. Das typische Continuo-Instrument in der Kirche ist die Orgel, in sehr seltenen Fällen auch mal das Cembalo. Im Generalbaß-Auszug der „Marienvesper“ gibt Moneverdi in den Magnificats Orgelregister an und die Orgel scheint als Continuo-Instrument auch sehr geeignet. Aber auch die Bass Viola da Gamba und die Bass und Contrabass Viola da Braccio wurden als Continuo-Instrumente in Kirchen eingesetzt. Dokumentiert sind darüber hinaus Posaunen, Fagotte, Lauten, Theorben, Cithern und Harfen. Allerdings sind diese Instrumente nicht im alltäglichen Gebrauch, sondern erklingen nur zu besonderen Anlässen, wobei durchaus davon auszugehen ist, daß die Aufführung der „Marienvesper“ Teil eines solchen, besonderen Anlasses war. Der Einsatz der Continuo-Instrumente war gewissen Regeln unterworfen. Diese Instrumente konnten sich ersetzen oder ergänzen, z.B. verdoppelten die tiefen Streicher die Basslinie, wenn es eine äquivalente Dopplung in den Oberstimmen gab. Bei festlichen Anlässen wurden mehrere Instrumente als Continuo-Gruppe vereint, jedoch muß der Klangkörper insgesamt so ausgeglichten bleiben, daß die Basslinie nicht zu dominant wird. Während im 18. Jahrhundert fast jede Basslinie gedoppelt wurde, war das im 17. Jahrhundert nicht der Fall. Zu dieser Zeit diente die Basslinie lediglich der Unterstützung der Stimmen.

Im „Domine ad adjuvandum“, der „Sonata sopra Santa Maria“ und dem Magnificat a7 macht Monteverdi Angaben zu den Instrumenten, die mitspielen sollen. Das sind meist Violinen und Violas verschiedener Baugrößen, Zinken, Posaunen, Querflöten (evtl. auch Schalmeien) und Blockflöten. Zinken und Posaunen waren die typischen Blasinstrumente, die in der Kirche erklungen. Schalmeien hörte man dort, zumindest in Mantua und Venedig, eigentlich nicht. Aber Monteverdis Instrumentenbezeichnung, fifaro oder pifaro, ist nicht eindeutig. Vermutlich sind hier eher Querflöten gemeint. Die Tradition des 16. Jahrhunderts, daß nur Instrumente gleicher oder ähnlicher Arten zusammenspielen, gilt zu diesem Zeitpunkt nicht mehr15. Variationen zwischen den Besetzungen bei der Wiederholung von Ritornellen ist bspw. denkbar. Clifford Bartlett schreibt im Vorwort zu seiner Edition: „It is now generally assumed that the instrumental sections require only one instrument a part.“16 Kurtzman relativiert das in seinen Angaben. Die exakte Besetzungsstärke ist unklar. Entschließt man sich aber in der Aufführung zu einer einfachen Besetzung der Instrumentalstimmen, so darf auch der Generalbaß nicht verdoppelt werden, um ein ausgewogenes Klangergebnis zu erhalten.

5.2 Tonhöhe, Transposition, Mensur und Tempo

Vor dem späten 18. Jahrhundert hatte absolute Tonhöhe für Musiker wenig Relevanz. Es gab keinen Standard-Einstimmungston, sondern die Instrumente hatten verschiedene Stimmungen und mußten aneinander angepaßt werden. Holz- und Blechblasinstrumente hatten baubedingt eine feste Ton\-höhe, Streichinstrumente hatten eine optimale Tonhöhe. In den meisten Ensembeln gaben Zinken/Holzblasinstrumente den Einstimmungston vor, ggf. aber auch Blechbläser. Manufakturen für Holzblasinstrumente, insbesondere für Zinken, waren in Venedig angesiedelt. Die Blechblasinstrumente kamen überwiegend aus Nürnberg. Da sowohl Nürnberger Renaissance-Posaunen, als auch Venetianische Zinken gemeinsam in Ensembeln spielten, mußten diese Instrumente irgendwie aufeinander abgestimmt sein. Die konkrete Einstimmungshöhe unterschied sich aber von Ensemble zu Ensemble und von Aufführung zu Aufführung.

Wurde die relative Tonhöhe nach dem Einstimmen verändert, so war damit eine Transposition verbunden. Transposition bedeutete für die Renais\-sance-Instrumentalisten einen komplett veränderten Fingersatz, bzw. ver\-ändertes Anblasen. Ab dem späten 16. Jahrhundert wurde die Fähigkeit zu transponieren gerade für Organisten wichtig, da sie sich oft der Tonhöhe der Sänger anpassen mußten. Praetorius gibt das eingestrichene a italienischer Orgeln mit ca. 445 – 460 Hz an, jüngere Studien haben jedoch gezeigt, daß 460 – 470 Hz die passendere Tonhöhe ist, also knapp eine kleine Sekunde über dem heutigen Kammerton. Nach unten transponiert wurde z.B. immer, wenn anstelle eines chiavi naturali ein chiavi alte oder chiavette-Schlüssel in den Noten vorgezeichnet stand. Diese Signatur fand bspw. Verwendung, um in den Gesangsstimmen möglichst wenige Vorzeichen verwenden zu müssen oder aber, um einen besonders hohen Psalmton in eine für Sänger bequeme Lage zu transponieren. In der „Marienvesper“ sind nur Lauda Jerusalem und die beiden Magnificats in chiavette notiert; Jeffrey Kurtzman empfiehlt hier die Versetzung um eine Quarte abwärts.

Bei weitem komplexer ist die Frage nach den Tempi und der Mensur der Musik des 16./17. Jahrhunderts. Der musikalische Puls lag in Anlehnung an den menschlichen Puls ungefähr bei 60 – 100 MM. Die rhythmische Einheit, der Tactus, war geteilt in Arsis und Thesis, wobei der Schwerpunkt auf der Semibrevis lag, bzw. auch auf der Minima, je nach vorherrschenden Notenwerten im Stück. Aber die Theorien zu Tempo und Mensur widersprechen sich z.T., sind inkonsistent oder Komponisten verwenden die Notationen und Signaturen unterschiedlich oder inkonsistent, so daß eine exakte Rekonstruktion der Tempi, die sich Monteverdi für die „Marienvesper“ gedacht hat, nicht möglich ist. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Fusa als Notenwert prominenter und war zunehmend auch silbentragende Note, so daß es immer öfter zu Taktschwerpunkten auf kürzeren Notenwerten als der Semibrevis kam. Bei Valentini heißt es sogar, jede Note kann als Taktschwer\-punkt dienen.

Praetorius gibt in seinem „Syntagma musici“ Tempi-Tabellen an, indem er die Zahl der tempora (Brevis) für die Aufführungsdauer eines Stückes angibt. Daraus geht hervor, daß nicht alle Stücke dasselbe Grundtempo hatten. Außerdem verwendet er verschiedene Mensuren für zweizeitige und dreizeitige Unterteilung der Notenwerte. Mit diesen Mensurzeichen sind evtl. auch unterschiedliche Grundtempi assoziiert, bzw. proportionale Tempo-Beziehungen einzelner Abschnitte mit unterschiedlicher Mensur zueinander. Es bleibt aber fraglich, ob die Angaben 2:1 oder 3:1 tatsächlich doppelt oder dreifach so schnell bedeuten oder nur „schneller“. Praetorius schlägt die Verwendung von ¢ (alla breve) für Motetten und C für Madrigale als Mensurzeichen vor. Monteverdi selbst verwendet die ¢-Signatur für motettenartige Stücke und C für Stücke mit vielen, schnellen Notenwerten. Letztere haben dann, wegen der vielen kleinen Notenwerte, insgesamt einen langsameren Puls als die alla breve-Stücke. Dreizeitigkeit tritt in der Proportion 3:1 (tripla) und in der von der Zweitzeitigkeit abhängigen Proportion 3:2 (sequialtera) auf, wobei die Proportionen gleiche Notenwerte auf der einen und auf der anderen Seite des Mensurzeichens ins Verhältnis setzen sollen. In der „Marienvesper“ gibt es keine eigenständige Dreizeitigkeit, sondern lediglich dreizeitige Abschnitte innerhalb zweizeitiger Stücke. Im 17. Jahrhundert wußten aber viele Komponisten schon nicht mehr, wie Proportionen richtig angewendet wurden und Artusi kritisiert auch Monteverdi für seine Verwendung der Men\-surzeichen. Monteverdi verwendet dieselben Mensuren für Noten verschiedener Werte, was für moderne Interpreten verwirrend ist. Möglicherweise hatten die Mensur- und Proportionszeichen zu diesem Zeitpunkt schon ein unabhägiges Eigenleben entwickelt und gaben eher Auskunft über Tempi, die mit ihnen assoziiert waren, als tatsächliche Verhältnisse von Notenwerten. Monteverdis dreizeitige Passagen haben jedenfalls einen schnellen, tänze\-rischen Charakter, resümiert Kurtzman17.

6. Schluß

Die „Marienvesper“ ist ein facettenreiches und historisches interessantes Stück. Ihre wissenschaftliche Betrachtung hat viele Fragen zur Aufführung der Kir\-chenmusik des 17. Jahrhunderts aufgeworfen, aber auch den Weg für Ant\-worten geebnet. Auch wenn die tatsächlichen Umstände ihrer Entstehung nebulös sind, können die Spekulationen darüber unser Verständnis für das Komponieren im 17. Jahrhundert verbessern. Eine Entstehung in Etappen und unter der Maßgabe der Suche nach einer neuen Anstellung Monteverdis erscheint plausibel, insbesondere in Anbetracht des hohen künstlerischen Anspruchs, den die „Marienvesper“ als liturgische Komposition vermittelt. Verschiedenste Kompositionstechniken werden in ihr auf höchstem Niveau vereint. So gibt sie sich einerseits konservativ, aber auch kreativ in der Vertonung von Psalmen und der Verwendung der Psalmtöne und weckt Reminiszenzen an die Kompositionstechniken der Vokalpolyphonie des 15. und 16. Jahrhunderts. Aber in der zunehmenden Einflußnahme der seconda prattica auf die Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts zeigt sie sich auch modern und flexibel. Monodischer Gesang, virtuos und ornamental, von Instrumenten begleitet und die vertonten Worte semantisch ausformend – die in der Oper sich etablierenden Techniken werden im 17. Jahrhundert auch für die sakrale Musik zunehmend interessant und der Entwicklung von einer modalen zu einer funktionsharmonischen Theorie ist damit sowohl auf weltlicher, als auch auf kirchlicher Ebene Tür und Tor geöffnet. Das Neben- und Ineinander dieser zwei Welten ist in der „Marienvesper“ deutlich sichtbar.

Moderne Ensemble, die eine historisch informierte Aufführung der „Marienvesper“ planen, können sich heute zahlreiche Anleitungen und Informationen, z.B. über die Zusammensetzung der Chöre oder den Bau und Klang der Renaissance-Instrumente besorgen. Zwar sind die Kenntnisse über Musik\-aufführungen im 17. Jahrhundert noch immer verhältnismäßig mager, aber die Herausforderung, die es darstellt, das Bekannte adäquat umzusetzen, ist dennoch bereits jetzt ein Vorhaben, das wenigen, ausgewählten Ensembeln vorbehalten sein dürfte. Die meisten Aufführungen heute sind Mischungen aus dem, was historisch zu beachten ist und dem, was heute ökonomisch erscheint. Bspw. wäre eine Aufführung der „Marienvesper“ mit einem gemischten Chor historisch höchst fragwürdig und dürfte auch Monteverdis Klangideal nicht entsprochen haben. Auf der andere Seite entspricht aber die Idee, einfach einen gemischten Chor zu nehmen, wenn man einen hat, auch einem zutiefst renaissancischen Gedanken – die Freiheiten und Möglichkeiten der Interpreten stehen über der Autorität des Komponisten, die im 17. Jahrhundert tatsächlich noch nicht so ausgeprägt war, wie bspw. im 19. Jahrhundert.

Alles in allem lohnt die Betrachtung der „Marienvesper“ auch heute noch, da sie Möglichkeiten eröffnet, sich kontrovers und kritisch mit der Rezeption des 17. Jahrhunderts auseinanderzusetzen.

7. Literatur

  • Kurtzman, Jeffrey: The Monteverdi Vespers of 1610: music, context, performance, Oxford Univ. Press, Oxford, 1999
  • The Liber Usualis. With an introduction and Rubrics in English, Edited by the Benedictines of Solesmes, Desclee Company, Tournai, New York, 1961 [online publication: Link]
  • Bartlett, Clifford [ed.]: Monteverdi Vespers (1610), Revised edition, King’s Music Gmc, Redcroft, Wyton, u.a., 1990

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  1. Jeffrey Kurtzman führt die Problematik des latenischen Titels samt Übersetzungsversuchen im 1. Kapitel seines Buches „The Monteverdi Vespers of 1610“ näher aus (s. Literaturverzeichnis). Er gibt den Titel mit „ac Vesperae“ an, während auf auf Amadinos Titelseite des Generalbaß-Auszugs „ac Vespere“ steht.
  2. Die Mehrzahl von cantus firmus müßte eigentlich cantus firmi heißen.
  3. Kurtzman 1999, S. 49/50
  4. Kurtzman 1999, S. 41
  5. Die Begriffe Ordinarium und Proprium sind im Deutschen eigentlich nur für die festen und variierenden Bestandteile der Messe gebräuchlich. In der englischen Literatur findet sich jedoch der Begriff „proper“ immer wieder auch im Zusammenhang mit den variierenden Textbestandteilen gottesdienstlicher Rituale, insofern wird er hier in dieser Bedeutung verwendet. Dem gegenüber steht „ordinary“ auch hier für die fixen Texte.
  6. Kurtzman 1999, S. 57 – Auf S. 2 nennt Kurztmann das „Common of Feasts of the Virgin“ und das „Proper of the Time“ als Quellen für zur „Marienvesper“ passende Antiphone, womit er sich wohl generell auf Textsammlungen bezieht, die der Variabilität nach Anlaß oder Kirchenjahr Folge leisten. Entsprechende deutsche Titel für historische Sammlungen können im Rahmen dieser Seminararbeit nicht ermittelt werden.
  7. Kurtzman 1999, S. 187
  8. Die Psalmtöne haben bis heute Bestand und sind mit verschiedenen Schlußkadenzen im „Liber usualis} fixiert.
  9. Kurtzman 1999, S. 343
  10. Kurtzman 1999, S. 327
  11. Kurtzman 1999, S. 327
  12. Der Text der Motette „Duo Seraphim“ entstammt z.T. dem Hohelied Salomon, z.T. besteht er aus frei gedichteten, außerbiblischen, außerliturgischen Versen. [Anm. Diese Info ist nicht korrekt. Der Text stammt aus Isaiae 6.3 und Epist. I Ioannis 5.7-8; s. Kommentare!] Die darin thematisierte Dreieinigkeit wird nicht mit Maria assoziiert. Ebenso gibt es kein mariannisches Antiphon, welches in textlicher Nähe zu „Duo Seraphim“ stünde, weshalb die Zugehörigkeit dieser Motette zu einer „Marienvesper“ immer angezweifelt wurde. Die Dreieinigkeit ist hingegen ein Thema, das mit der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin Mantuas, assoziiert wird.
  13. Kurtzman 1999, S. 347
  14. Kurtzman 1999, S. 384
  15. Kurtzman 1999, S. 419
  16. Bartlett 1990, S. 3
  17. Kurtzman 1999, S. 452

3 Kommentare zu “Seminararbeit: Monteverdis „Marienvesper“ 1610”

  1. dr.k.mauter
    Februar 3rd, 2013 14:54
    1

    anmerkung 12 ist leider sehr inkorrekt, es handelt sich um text aus jesaja und 1.johannesbrief,ergaenzt um das dubioese comma johanneum.

  2. LeV
    Februar 3rd, 2013 15:31
    2

    Duo Seraphim clamabant alter ad alterum:
    Sanctus, sanctus, sanctus Dominus Deus Sabaoth:
    Plena est omnis terra gloria eius.
    Tres sunt qui testimonium dant in coelo:
    Pater, Verbum, et Spiritus Sanctus:
    Et hi tres unum sunt.

    Ich finde tatsächlich im „Canticum Canticorum“ [Link] keine identische oder ähnliche Textstelle; das ist ja auch thematisch was ganz anderes. Ich kann leider nicht mehr nachvollziehen, ob ich die Info aus Kurtzmann oder Bartlett habe. Gut möglich, dass ich einfach etwas verwechselt habe. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass es falsch in den Quellen steht, zumal ja die Zahl der bibelfesten Leser groß genug ist, als dass das früher schon mal aufgefallen wäre.

    Kannst du vielleicht genauere Textangaben zu Jesaia etc. machen, am besten mit Direktlinks zur Vulgata? Dann kann ich der Sache noch mal genauer nachgehen. Jedenfalls ist der Text nicht marianisch assoziiert, der Teil der Info dürfte korrekt sein.

  3. LeV
    Februar 3rd, 2013 15:44
    3

    Ah, hier, ich hab’s gefunden: Liber Isaiae 6.3 [Link] und Epistula I Ioannis 5.7-8 [Link].

    3 Et clamabat alter ad alterum et dicebat:
    “ Sanctus, Sanctus, Sanctus Dominus exercituum;
    plena est omnis terra gloria eius ”.
    […]
    7 Quia tres sunt, qui testificantur:
    8 Spiritus et aqua et sanguis; et hi tres in unum sunt.

    Das liegt in der Tat näher an dem „Duo Seraphim“ Text dran, als das Hohelied. Wie auch immer ich zu dieser Info gekommen bin. Danke für die Korrektur!

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