Mein Urheberrechtsdilemma

Über das Urheberrecht wurde in letzter Zeit viel diskutiert. In einem Dossier hat c’t jetzt neue Gesetzesentwürfe und zahlreiche Artikel zur Urheberrechtsnovelle in Deutschland zusammengetragen. Auch mich beschäftigt dieses Thema – als Schöpfer sogenannten „geistigen Eigentums“ wie auch als Verbraucher. Da ich beiden Seiten angehöre, fällt es mir schwer, mich zu dem Gesetz zu positionieren, ich sehe Vor- und Nachteile.

Natürlich hatte ich als Dichter, der seine Texte frei und kostenlos im Netz veröffentlicht, schon oft Probleme mit versehentlichen oder völlig beabsichtigten Plagiaten. Gerade im Internet ist dann schwer an die Verantwortlichen ranzukommen. Das veranlaßt mich jedoch nicht, die Vorratsdatenspeicherung und die Möglichkeit der Abfrage dieser Daten durch Rechteinhaber gutzuheißen.

Auch fand ich die Argumentation: „Bau halt einen Kopierschutz ein oder veröffentliche nicht im Netz, wenn du nicht willst, dass deine Gedichte gelesen werden!“, schon immer absurd. Ich finde es völlig legitim, dass Leute Privatkopien machen und verwenden. Ich hätte nicht einmal etwas dagegen, dass sie meine Sachen weiterveröffentlichen, wenn sie nur den Anstand besäßen, dabei auch meinen Namen zu nennen. Freie, kostenlose Kunst für alle! Wäre das nicht eine schöne Vorstellung?

Bei vielen Verbrauchern besteht aber ein defizitäres Verständnis dafür, dass das Schaffen eines kreativen Werkes Arbeit ist, die jemand geleistet hat, ohne den das Betreffende nicht zur Existenz gelangt wäre. Dass das Recht auf Anerkennung solcher Urheberschaft überhaupt gesetzlich geregelt werden muß, ist traurig, aber offenbar nötig.

Ob ich irgendwann aufhören können werde, mich über „Diebstähle“ dieser Art aufzuregen, weiß ich nicht. Aber vielleicht ist es ja auch langsam Zeit, mich von der Vorstellung eines „geistigen Eigentums“ zu verabschieden. Ich habe ein Werk geschaffen, das sich sehen lassen kann und damit ist mein Teil der Arbeit beendet; ein Lorbeerkranz ist nicht nötig. Er macht weder das Werk schöner, noch befähigt er seinen Urheber. Es dient nur der inneren Zufriedenheit des Künstlers, wenn ihm für das, was er geleistet hat, auch die entsprechende Anerkennung zuteil wird.

Künstler, die mit ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen, sehen das vermutlich schon aus existentiellen Gründen anders, aber zu ihnen gehöre ich (noch?) nicht. Sie vertrauen ihre Arbeiten eher Verlagen, Lables und sonstigen „Rechteverwertern“ an und diese agieren dann z.T. durchaus agressiv und verbraucherunfreundlich (Stichwort: Kopierschutz). Bei einer solchen Fremdverwertung springt für den Urheber letztlich nicht unbedingt mehr heraus, im Gegenteil. Oftmals entstehen ihm zusätzliche Abhängigkeiten und er ist, was die Eigenverwertung anbetrifft, weniger felxibel.

In meinen Augen spielen die neuen Gesetzesentwürfe gerade in novellierten Bereichen diesen Fremdverwertern in die Hände und entfernen sich vom eigentlichen Urheber und dessen Rechten. Dem Verbraucher haftet so von vorn herein das Image eines Verbrechers an.

Die Konsequenz, um diesem Mißstand beizukommen, wäre, dass Verbraucher künftig nur noch lizenzfreie Werke nutzen und Urheber ihre Werke nur noch unter freier Lizenz zur Verfügung stellen. Aber das ist wohl eine Utopie, die noch ihre Zeit brauchen wird. Ob es in Anbetracht der Urheberrechtsnovelle nicht jetzt schon sinnvoll sein könnte, einen Anfang zu wagen, kann jeder ja für sich selbst mal überlegen. Die Möglichkeiten dazu gibt es jedenfalls. Alles, was man tun muß, ist, sich selbstständig zu informieren, um nicht am Ende der Dumme zu sein.

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