Archiv für die Kategorie 'Poly-Tick'

And gladly so…

Montag, 15. Oktober 2007

Es gibt Zitate, die können uralt und trotzdem hochaktuell sein. William Shakespeare in Julius Cesar:

Beware of the leader who bangs the drums of war in order to whip the citizenry into patriotic fervor, for patriotism is indeed a double-edged sword. It both emboldens the blood, just as it narrows the mind. And when the drums of war have reached a fever pitch and the blood boils with hate and the mind has closed, the leader will have no need in seizing the rights of the citizenry, [who] infused with fear and blinded by patriotism, will offer up all of their rights unto the leader and gladly so. How will I know? For this I have done. And I am Julius Caesar.

Zum selben Thema hatte übrigens auch Hermann Goering etwas zu sagen, am 18. April 1946 während der Nürnberger Prozesse in der Gefängniszelle zu seinem Gerichtspsychologen:

[…] Das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.

Macht hat offenbar nie anders funktioniert als heute und das Volk folgt folgsam.

Bundestrojaner Adé!

Donnerstag, 11. Oktober 2007


Andreas beim BVerfG in Karlsruhe (und im Anzug! *grins*)

Gestern gab es, wie viele deutsche Zeitungen und Blogs berichten, eine Anhörung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zum Thema „Online-Durchsuchung“. Dabei wurde ein Gesetz der nordrheinwestfälischen Landesregierung diskutiert, das die Durchsuchung privater Festplatten (und aller anderen informationstechnischen Systeme, wie Handies, Navigationssysteme und intelligente Kühlschränke) erlaubt. Dieses Gesetz gilt als Muster für das von Herrn Innenminister Schäuble angestrebte gesamtdeutsche BKA-Ermächtigungsgesetz, das dem Bundeskriminalamt geheimdienstliche Befugnisse geben würde, die nicht einmal unser landeseigener Geheimdienst, der Verfassungsschutz genießt.

Die Richter vom BVerfG sind skeptisch, zum Glück. Denn der Zugriff auf die Festplatte stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte der deutschen Bürger dar. Um zu verstehen, wie ein solcher Eingriff technisch funktionieren könnte und welche Bereiche er beträfe, haben sich die Richter zur Anhörung eine Reihe technisch versierter Gutachter eingeladen, u.a. den Andreas Bogk vom Chaos Computer Club Berlin, der erklärte, dass es technisch gar nicht möglich sei, ausschließlich geheimdienstlich relevante Inhalte auszugespähen, weil es dafür schlichtweg keine Filtermöglichkeiten gäbe.

Im Vorfeld hatte Andreas unter gemeinschaftlicher Beratschlagung einiger anderer CCC-Mitglieder ein schriftliches Gutachten verfaßt (s. Link unten), in dem er auf Fragen des Bundesverfassungsgerichtes einging. Die Anhörung selbst, so berichtet er, soll eine herzerfrischende Veranstaltung auf hohem intellektuellen Niveau gewesen sein. Viele Vertreter der Bundesregierung von Rang und Namen waren da, denn es ging nicht nur um das NRW-Gesetz, sondern vor allem auch darum, ein paar prinzipielle, grundlegende Dinge zu klären: nämlich, wie staatliche Ausspähung technisch funktionieren könnte und ob die staatliche Sicherheit es wert ist, ihr die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger zu opfern.

In einem Blogartikel faßt Fefe, der auch CCC-Mitglied ist, mal einige Quellen (auch Aussagen Anwesender) zum gestrigen Tag zusammen, berichtet vom begrüßenswerten Umfaller der FAZ und verlinkt u.a. auf das lesenswerte Gutachten Pfitzmanns. Der Artikel wird vermutlich auch jetzt noch upgedated, sobald neues Material zur Verfügung steht, deshalb lohnt es sich unbedingt, dort reinzuschauen. Ich möchte an dieser Stelle noch einige Links anfügen, die noch nicht bei Fefe zu finden sind.

Berichte der Gutachter

Fernsehberichte

  • Tagesthemen: Die ARD berichtet von der Anhörung und interviewt auch den Andreas (Youtube)
  • Phoenix: berichtet von der Anhörung (Youtube)

Zeitungsberichte

Und wieder sage ich den Leuten, die sich mit dem Argument „Das bringt doch alles nichts“ davor drücken öffentlichkeitswirksam politisch Stellung zu beziehen, ihr habt Unrecht. Es war und ist immer so, dass es wenige, motivierte Leute sind, die Dinge bewegen und dadurch die Welt, wenn auch nur in kleinen Schritten, verändern. Ich bin stolz auf den Andreas und auf unsere politische Arbeit und froh, dass im Bundesverfassungsgericht kompetente Leute sitzen, die nicht so gänzlich realitätsfern sind, wie unsere Regierung. Der war nämlich, wie sich in Gesprächen nach der Anhörung herausstellte, noch gar nicht bewußt, dass sich durch das neue Gesetzt eventuell nicht nur Terroristen, sondern auch brave Bürger mit ihren kleinen, aber menschlichen Geheimnissen vor der totalen Überwachung fürchten.

Wissenschaft unter Generalverdacht

Freitag, 05. Oktober 2007

Heute habe ich bei Fefe einen Stream gefunden, in dem die Verteidigerin Andrej H.s über den bisherigen Stand des Ermittlungsverfahrens spricht. Wir erinnern uns, vor ungefähr zwei Monaten wurden der Soziologie-Professor Dr. Andrej H. und drei weitere wissenschaftliche Mitarbeiter von der Polizei festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, nach § 129a StGb Mitglied einer Terroristischen Vereinigung zu sein, genauer, der Mitlitanten Gruppe, die in Berlin diverse Brandsätze gezündet hat. Seinen Weg in die Medien hat dieser Fall vor allem wegen seiner dünnen Beweislage gefunden. Die Indizien, auf denen der Vorwurf beruht, sind geradezu lächerlich: Da soll eine Identität zwischen dem Verfasser eines Bekennerschreibens der MG und dem Professor H. bestehen, weil beide das Wort Gentrification in ihren Texten benutzen (ein sozialwissenschaftlicher Fachbegriff). Diese Identität kann von Seiten der sprachwissenschaftlichen Untersuchungen beider Texte bisher nicht bestätigt werden. Auch soll es den wissenschaftlichen Mitarbeitern möglich sein, eine Bibliothek zu benutzen, um die für das Bekennerschreiben nötigen Recherchen zu tätigen. (Wow, die können eine Bibilothek benutzen! Das müssen Terroristen sein!) Außerdem gab es Treffen zwischen dem Professor und einem weiteren festgenommenen mutmaßlichen Mitglieds der MG, die nicht per Telefon, sondern über verschlüsselte E-Mails verabredet wurden. Natürlich wurden der Professor, die wissenschaftlichen Mitarbeiter und sämtliche in deren Umfeld befindlichen Personen, also Frauen, Kinder, Mütter und sicherlich diverse Soziologie-Studenten vor den Festnahmen umfassend überwacht und zwar auf allen Kanälen, das ganze Programm: Briefe, Handygespräche, Handyortung, Beschattung, E-Mail-Verkehr und pipapo. Die Festgenommenen sitzen täglich 23 Stunden in Isolationshaft und 3 Tage nach seiner vermutlich temporären Freilassung wurde H. gleich wieder untersucht, wobei die Ordner mit den Ermittlungsakten, die ihm seine Verteidigerin gegeben hatte, damit er sich auf ein Treffen mit ihr vorbereiten könne, verbotenerweise genaustens durchgeguckt wurden.

Über diese und andere erschreckende Einzelheiten des Falls berichtet die Verteidigerin H.s. Es lohnt sich, das mal anzuhören, aber man kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Wir sehen anhand dieses Beispiels genau, was es bedeutet, den Terrorparagraphen zu erweitern, ein Volk unter Generalsverdacht zu stellen und total zu überwachen. Niemand kann mehr sicher sein, es könnte jeden von uns treffen.

Wahlcomputer Adé!

Donnerstag, 27. September 2007

Manchmal, wenn ich Freunde animieren möchte, sich an politischen Aktionen zu beteiligen, bekomme ich zu hören, das bringe doch eh nichts oder auch als Frage formuliert: „Was soll das denn bitte bringen?“ Die Antwort lautet: „Nicht immer gar nichts.“ Im Falle der NEDAP-Wahlcomputer hatten wir Aktionisten jetzt endlich einmal durchschlagenden Erfolg. Lange hat es gedauert, aber steter Tropfen höhlte letztlich den Stein. In den Niederlanden haben die gängigen Wahlcomputer keine Zulassung mehr bekommen, was bedeutet, dass Holland ab jetzt wieder auf Papier wählt. Das ist ein Erfolg für uns, der sich zu feiern lohnt.

Wir vom CCC hatten den Wahlcomputern nämlich eh nie vertraut, aber als wir im Herbst 2006 zusammen mit den niederländischen Jungs von wij vertrouwen stemcomputers niet (wir vertrauen Wahlcomputern nicht) mal so einen NEDAP-Wahlcomputer auseinandergenommen und überprüft haben, sind uns fast die Augen herausgekullert. Die Geräte waren nicht nur mit ein paar wenigen Handgriffen manipuliert, so dass sie am Ende sogar Schach gegen uns spielten, sie gaben bei der Eingabe der gewählten Partei auch eine elektromagnetische Strahlung ab, genannt Tempest, anhand derer sich die Wahlentscheidung des Wählers noch in über 20m Entfernung „mithören“ ließ. In einem niederländischen Fernsehbericht teilten wir unsere Endeckung mit und zahlreiche Zeitungen berichteten, so dass auch bei der Bevölkerung und bei den wichtigen Entscheidungsträgern eine Sensibilität für die Sache entwickelt werden konnte. Auch in Deutschland hofften wir auf ein Presseecho, schrieben sogar einen Bericht für das Bundesverfassungsgericht [pdf], da mit nahezu identischen Maschinen auch hierzulande bereits einigenorts gewählt wird. Wir hoffen, dass der Erfolg in Holland ein bisschen zu uns herüberweht.

Freiheit statt Angst – Kommt zur Demo!

Dienstag, 18. September 2007

Berlin, 22. September 2007, 14:30 Uhr, Pariser Platz (vor dem Brandenburger Tor)

Online-Durchsuchung, Bundestrojaner, Konvertitendatei, Biometrie, Überwachung, §129a-c, §202c, Vorratsdatenspeicherung, terroristische Vereinigung, Geheimpolizei, Islamisten, Schnüffel-Proben, Atomschlag, Bundeswehreinsatz im Innern, BKA-Ermächtigungsgesetz, Kinderpornos, Terrorgefahr, Ausbildungscamps, Bombe, Passagierflugzeuge abschießen, Pädophilie, Freiheitsbeschränkung, Zensur, RFID-Chips, entartete Kunst, Internet, Militante Gruppe, Präventionshaft, Flugpassagierdaten – Und wo bleiben wir? Unsere Regierung opfert unsere Freiheit für ihren Sicherheitswahn. Das muß aufhören!


Zum Schutz von Verfassung, Freiheit und Demokratie, geht auf die Straße, Leute! Am Samstag, den 22. September, versammeln sich besorgte Bürger und Bürgerinnen ab 14:30 Uhr auf dem Pariser Platz (vor dem Brandenburger Tor), um gemeinsam gegen den Überwachungswahn zu protestieren. Viele Bürgerinitiativen unstützen diese Demo. Klickt auf das Banner links, informiert euch und schließt euch an!

(Falls Freunde von Außerhalb anreisen, um an dieser Veranstaltung teilzunehmen, und noch keinen Schlafplatz haben, meldet euch bei mir oder Andreas, wir haben noch Platz für 2 Personen.)

Und noch einige Artikel zur Einstimmung auf die Veranstaltung:

Fazit im Nachhinein: Wir waren 15.000 und nicht 8000, wie die Mainstream-Medien berichten. Wir haben friedlich demonstriert, bis zum Schluß. Denn bevor es zu schlimmeren Ausschreitungen kommen konnte, hatte der Schwarze Block, der von der Polizei mit Tränengas attakiert wurde, sich zum Wohle des gemeinsamen Demoziels selbstständig aufgelöst. Ich fuhr auf Schäubles Blümchenwiese und lauschte am Schluß den Hedonisten, weil man uns mit unserem Wagen nicht mehr bis zur Abschlußkundegebung durchlassen wollte. Aber es war trotzdem klasse, klasse, dass so viele da waren. Die Rede der Hedinistischen Internationalen, die vielen am besten gefallen hat, gibt’s im Podcast und weitere Berichte gibt es bei:
fefe
hukl
spreeblick und
wetter

Generation Praktikum

Donnerstag, 05. Juli 2007

Bei einem Poetry Slam im Bastard*1 hatte ich mal einen richtig guten Text zu diesem Thema gehört – billige Arbeitskräfte zum gepflegten Ausbeuten. (Wer den zufällig kennt oder weiß, wie man dran kommt, der kann ihn mir ja mal schicken.) Gestern hat mich xipulli aber auf eine Seite hingewiesen, die ich allen Leidensgenossen nicht vorenthalten möchte.

Die Fairwork e.V. vergibt inzwischen Qualitätssiegel für Arbeitgeber, die bezahlte und faire Praktika anbieten. Außerdem klären sie über Rechte von Praktikanten auf, liefern Erfahrungsberichte und sonstige interessante Details zum Thema, z.B. dass eine neue HIS-Studie herausgefunden hat, dass Praktika den Einstieg in den Arbeitsalltag überhaupt nicht erleichtern, wie uns das immer so schon vorargumentiert wird, damit wir uns auch ja ordentlich ausbeuten lassen.

Wenn ich mir die Graphen unseres Wirtschaftswachstums bei gleichzeitig sinkenden Löhnen*2 so anschaue, kann mir wirklich keiner mehr weis machen, unsere Wirtschaft wäre so arm dran, dass sie uns nicht mehr dafür bezahlen kann, dass wir uns für sie abrackern. Wer arbeitet, soll auch bezahlt werden!
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1. jeden Donnerstag ab 22:00 Uhr im Basdard Club (Prater) Berlin, Kastanienallee 7-9, 10435 Berlin
2. Pressebroschüre zum Bruttoinlandsprodukt 2006 (PDF) des Statistischen Bundesamts, besonders bemerkenswert Seite 6 (Wirtschaftswachstum 2006 um 2,5% zum Vorjahr gestiegen) und Seite 13 (Lohnkosten 2006 um -1,1% zum Vorjahr gesunken, 2005 ebenfalls um -1,1% zum Vorjahr gesunken, etc.) und außerdem Artikel bei SpOn

Gummiparagraphen

Mittwoch, 27. Juni 2007

A propos Gummiband. Nicht nur die Wirkung des Enjambements läßt sich als solches paraphrasieren, nein, auch unsere neueren Gesetze und Gesetzesentwürfe weisen zunehmend gatschigen Charakter auf, weshalb sie auch in den Mainstreammedien als Gummiparagraphen bezeichnet werden. Gummiparagraphen zeichnen sich durch den Gebrauch vieldeutiger Worte wie „Verantwortung“ oder „Absichten“ aus, und zwar den Gebrauch in einem Maße, das den gesamten Paragraphen schwammig macht. Das gefährliche daran ist, dass Richter erst interpretieren müssen und dass Recht und Unrecht somit stark von ihrer Interpretation abhängen. Der Bürger, für den diese Gesetze ja eigentlich gemacht sind, weiß daher vorher nie genau, ob sich eines Vergehens gerade schuldig macht oder nicht. Unter Umständen kommt es dann zu einer mit logischem Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbaren Rechtsprechung, wie in diesem von SpOn berichteten Fall.

Ein Forenbetreiber haftet, weil sich ein anonymer User seines Boards in einer Weise über einen Dritten ausgelassen hat, die nach dem Empfinden des Dritten dessen Persönlichkeitsrecht angriff und weil dieser Dritte sich darob zu klagen veranlaßt sah. Natürlich greift man sich an den Kopf, nicht nur weil es eigentlich der freien Meinungsäußerung unterliegen sollte, sich über irgendwen auszulassen, nein, auch weil der Forenbetreiber, der nun für diese anonyme Meinungsäußerung wenig kann, dafür haften muß. Die Unsicherheit, die das hervorruft, ist groß. Sollten wir in Deutschland deswegen lieber darauf verzichten, sogenanntem „user created content“ auf unseren Seiten Raum zu bieten? Es könnte ja sein, dass wir sonst für etwas belangt werden, das wir weder meinen, noch sagten.

Erst vor kurzen waren wir zu Besuch im Bundestag, um der „demokratischen“ Abstimmung über den sogenannten Hackerparagraphen (§ 202c StGB) bezuwohnen, der ebenso schwammig ist und von vielen kompetenten Leuten darob stark kritisiert wurde. Ein Argument unserer Bundesregierung war, dass man das Gesetz ja wieder ändern könne, wenn es zu Problemen komme. Ich würde die Rechtsprechung im oben verlinkten Fall deutlich als Problem einstufen, doch über eine Änderung des schwammigen Telemediengesetzes wird nicht nachgedacht. Schließlich hat ein Richter hier Recht gesprochen und was Recht ist, kann ja nicht Unrecht sein. Oder doch?

Der Hackerparagraph ist bisher noch ein Entwurf, der erst noch vom Bundesrat verabschiedet und vom Bundespräsidenten unterschrieben werden muß, bevor er Gesetz wird. Bisher stellt er die Herstellung, den Vertrieb und den Gebrauch von Software zur Systemprüfung und -sicherung unter Strafe. Denn diese Software kann von Crashern benutzt werden, um in fremde Systeme einzudringen, diese auszuspionieren oder sonstig zu manipulieren. So weit so gut.

Was der Entwurf offenbar nicht bedenkt, ist, dass dieselben Tools auch von Administratoren benutzt werden, um ihre Systeme vor solcherlei Angriffen zu schützen. Packetizer, Firewalls und Anti-Viren-Programme fallen z.B. darunter. Wer sie benutzt, könnte sie eventuell demnächst eines Verbrechens schuldig machen. Die Bundesregierung glaubt, sie könne dieses Problem durch die Absichtsklausel lösen, d.h. dass die Handhabung solcher Software unter der Absicht, in fremde Systeme einzudringen, stehen muß, um strafbar zu sein. Nur ist natürlich schwer zu sagen, wer wann welche Absicht hat. Des weiteren kann auch ein Administrator die Absicht haben in ein System einzudringen, nämlich um dessen Sicherheit zu testen.

Die zwei Beispiele zeigen, dass es äußerst gefährlich ist, einem Gesetz durch schwammige Formulierungen zu viel Raum für die Interpretation zu lassen. Nicht nur, dass plötzlich niemand mehr vor dem Gesetz sicher ist, es wird auch dazu führen, dass wir uns aus Angst vor staatlichen Repressionen selbst beschränken. Da dies unsere persönliche Freiheit einschränkt, die durch mehrere Artikel des GG gesichert sind, gefährden schwammig Gesetze unsere Verfassung.
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Wenn dir weitere Beispiele schwammiger Gesetzgebung oder bereits aufgetretener Probleme durch schwammige Gesetzgebung einfallen, scheue dich nicht, sie hier vorzustellen! Gummiparagraphen sind nicht nur ein politisches, sondern auch ein linguistisches Problem.

Der Preis des Schweigens

Freitag, 11. Mai 2007

Als sie kamen, um die Juden zu holen, schwieg ich, weil ich kein Jude war. Als sie kamen, um die Kommunisten zu holen, schwieg ich, weil ich kein Kommunist war. Als sie kamen, um die Gewerkschafter zu holen, schwieg ich, weil ich kein Gewerkschafter war. Dann, als sie kamen, um mich zu holen, gab es keinen mehr, der für mich seine Stimme hätte erheben können.“ (Pastor Martin Niemöller)

Paragraph 129 (der Anti-Terror-Paragraph) wurde ausgeweitet, so dass nun auch als „terroristische Vereinigung gilt“, wer gemeinschaftlich Computersabotage, Zerstörung eines Bauwerks oder Brandstiftung betreibt. Promt gab es mit dieser Begründung vorgestern ein paar präventive Hausdurchsuchungen bei einer Reihe deutscher Globalisierungsgegner, die in Zusammenhang mit den Protesten zum G-8-Gipfel stehen, wie dem Berliner Solzialforum, der Antirassistischen Initiative und anderen linkspolitischen Aktivisten, wie heise berichtet. Und dem nicht genug, die Welt teilte mit, dass eine Ausweitung eben dieses Paragraphen in Planung ist. Demnach sollen nun auch Einzeltäter eine „terroritische Vereinigung“ sein dürfen und bestraft werden können, schon bevor sie terroristische Taten vollbracht haben.

Präventivstrafen, Verfassungsänderungen, Einschränkung der Freiheit und freien Meinungsäußerung (auch Kunst- und Internetzensur), Entmündigung, Überwachung, Vorratsdatenspeicherung (auch sexueller Vorlieben), Bundestrojaner, Kriminalisierung der Bürger, Schäuble, Schönbohm, Zypries, Wiefelspütz, Oettinger und Co. sprechen deutliche Worte. Dieses Blog befaßt sich mit Poetik, aber ich bin ein politisch engagierter Mensch und ich kann über diese Entwicklung nicht schweigen, während bei Freunden nebenan V-Männer eingeschleust und Rechner rausgetragen werden. Wann kommen sie und holen mich?

Großer Bruder oder Psalm 23

Freitag, 11. Mai 2007

[audio:lev30.mp3]
Großer Bruder oder Psalm 23

Der Herr ist uns Hirte und uns wird nichts mangeln,
nicht Freiheit, nicht Würde, wenn er uns behütet.
Er führt uns auf sicheren Pfaden und Angern,
und wacht über alle und alles mit Güte.

Wo immer wir wandeln, da schaut uns sein Auge,
beim Shoppen, beim Bummeln und beim Demonstrieren,
beobachtet, speichert. Er weiß, was wir taugen.
Er sieht, wenn wir heimlich auf Klo masturbieren.

Er waltet und prüft, ob wir wider ihn sprechen,
Gebote befolgen, Gesetztes zerbrechen.
Wir sind seine Sklaven, denn wir fürchten die Strafe.
Wir preisen dich Hirte, du hütest uns Schafe.

XXX | Mai 2006

Zur Entstehung

Die Idee zu diesem Text basiert auf drei Inspirationsquellen, zum einen auf dem Lied „Parannóia“ des Brasilianischen Counters Edson Cordeiro, in dem er davon singt, wie bedrückend die Erkenntnis ist, dass Gott wirklich alles sieht. Zum zweiten inspirierte mich der Gedichtwettbewerb „Lyrical I“, den der CCC im letzten Jahr veranstaltete und auf dem 22C3 auswertete. Es ging darum, ein aktuelles Thema der Hacker-Szene umzusetzen. Die Kritik an den Methoden eines Überwachsunsstaates, die im Zuge 9/11 mit dem Einverständnis aller Bürger zunehmend durchgesetzt werden, lag da nahe.


Londoner U-Bahn-Plakat, gefunden auf Signs of the Times 1/2007

Der Plan war also eigentlich komplett, aber irgendwie wollte der Text trotzdem nicht auf’s Papier hüpfen, weshalb natürlich nichts zum Abgabetermin des Wettbewerbs fertig wurde. Erst später kam mir die dritte Idee, das ganze mit der als unheilvoll geltenden Zahl 23 zu verbinden, die in der Hacker-Szene eine ganz eigene Kultur genießt. An diesem Punkt fiel mir der König David Psalm ein, der nicht besser in die Thematik hätte passen können. Ich passte also diese Quelle an meine Bedürfnisse an und entwickelte daraus, was ihr hier lesen könnt. Damit war einerseits eine alternative Interpretation des Allüberwachendes Gottes, andererseits eine politische Metapher geboren.

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Ja, ich habe den Datenschutzhinweis gelesen… zum Glück!

Samstag, 06. Januar 2007

Gerade klicke ich mich auf der Suche nach einem geeigneten Nebenjob so durch’s Web, da finde ich auf www.studies-online.de zwei Anzeigen: „Betreuung und Gestaltung einer Website“ und „Bürojob in einer Musikschule“. Klingt, als könnte ich soetwas länger als zwei Wochen aushalten. Also: Klick auf „mehr Infos und bewerben“.

„Du bist nicht eingeloggt. Jetzt kostenlos registrieren“, springt es mir entgegen. Hm, na gut, registrier ich mich eben. „Damit Sie den Jobbereich in vollem Umfang als Bewerber nutzen können, müssen Sie sich registrieren. Bitte füllen Sie dazu die erforderlichen Felder ordnungs- und wahrheitsgemäß aus, da diese Daten für Ihre Bewerbungen relevant sind. […] Bitte beachten Sie: Alle mit Sternchen (*) gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder!“, heißt es im Kopf des Formulars. Und dann die Felder: Vorname*, Name*, Straße/Hausnummer*, Postleitzahl*, Ort*, Land/Staat*, Geburtsdatum*, E-Mail-Adresse* – mehr nicht. Eine Checkbox, „Ja, ich habe den Datenschutzhinweis gelesen und akzeptiert“, soll ich vorm Absenden des Formulars anklicken.

Hm, bevor ich mich da also datentechnisch nackig mache, lese ich doch lieber erst mal diesen Datenschutzhinweis (freilich erst nachdem ich das pop-up für diese Seite freigeschaltet habe). Neben dem üblichen blabla über Datenschutzbestimmungen und Cookies findet sich auch folgender Absatz: „Registrierte User sind damit einverstanden, dass die Betreiberin die personenbezogene Daten […] künftig dazu verwenden kann, sie über spezielle Aktionen, Neuerungen etc. von eigenen Diensten oder Werbepartnern […] zu informieren. Im Einzelfall kann es aus logistischen Gründen […] zudem erforderlich sein, Dritten personenbezogene Daten […] zur Verfügung zu stellen.“

Nee, ne! Da glauben die, ich fülle denen aus der Jobnot heraus einen Freibrief für personenbezogenes Spamming aus und erlaube denen, meine Daten zu diesem Zweck an Dritte weiterzugeben? Also, sorry, aber unter Datenschutz versteh ich irgendwie etwas komplett anderes. Dann doch lieber im eigenen Blog Strippen1.
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1 Wer zufällig einen Nebenjob für Leute, die selbstständig mitdenken, für mich parat hat, der kann sich ja mal bei mir melden. Danke!